Wie der vorliegende Fallbericht 942 (s. Kasten) zeigt, spielen Patientenverwechslungen in der ambulanten Versorgung eine genauso große Rolle wie stationär. Patienten können nicht nur bei der Rezeptausstellung verwechselt werden, sondern beispielsweise auch bei der Blutentnahme oder Laboraufträgen. Solche Ereignisse können schwere Folgen für die Patienten haben: falsche Befundzuordnung, falsche Probenabgabe, falsche Therapie. Um im Praxisalltag eine Patientenverwechslung zu vermeiden, hat die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe mit einer Arbeitsgemeinschaft die Handlungsempfehlung “Sichere Patientenidentifikation in der ambulanten Versorgung” für niedergelassene Ärzte entwickelt (s. Link-Tipp). Diese basiert auf der Handlungsempfehlung des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) für die stationäre Versorgung.
Die Handlungsempfehlung beschreibt Schlüsselmomente des Prozesses der Patientenidentifikation in der Praxis und worauf dabei zu achten ist. Das Thema der sicheren Patientenidentifikation können Praxisinhaber als Anlass nehmen, mit ihren Mitarbeitern der Praxis zu prüfen, ob und wo Schwächen in den Abläufen vorhanden sind und wie sie diese beseitigen können.
Das können Sie für eine sichere Patientenidentifikationtun
Fragen Sie insbesondere vor jeder Untersuchung oder Behandlung aktiv die korrekte Patientenidentität ab. Fragen Sie den Patienten gezielt nach Namen und Geburtsdatum: “Wie heißen Sie und wann sind Sie geboren?” statt “Sind Sie Frau/Herr …?”.
Informieren und beziehen Sie Ihre Patienten in diesen Prozess ein, damit diese selbst aufmerksam sind. Achten Sie dabei allerdings darauf, dass Sie den Datenschutz gewährleisten und nennen Sie keine Namen von anderen Patienten. Erklären Sie beispielsweise: “Wir haben noch eine Patientin, die einen ähnlichen Namen hat wie Sie. Wir achten sehr darauf, dass es nicht zu einer Verwechslung kommt. Prüfen Sie aber auch bitte nochmal alle Dokumente, die Sie von uns bekommen. Denn zwei weitere Augen zur Kontrolle schaden nie”.
Ordnen Sie jedem Patienten eine eindeutige Nummer zu, die zwischen Praxissoftware und Papierakte übereinstimmt. Diese Nummer dient ebenfalls der eindeutigen Identifikation. Zudem kann es helfen, die Stammdaten bei jedem Patienten in der gleichen Reihenfolge zu erfassen.
Machen Sie sich und Ihrem Team klar, dass manche Patientengruppen ein höheres Risiko für Verwechslungen haben als andere. Dazu zählen insbesondere:
- Patienten mit ähnlichen / gleichen / häufigen Namen
- Patienten aus einer Familie wie Ehepartner oder Geschwister
- Patienten, die Namen mit außergewöhnlicher Schreibweise haben (etwa ausländische Namen)
- Patienten mit einer anderen Muttersprache
- Patienten mit kognitiven Einschränkungen
Bei Laboruntersuchungen können Sie zuerst jedes Probengefäß mit den Daten des Patienten oder dem Strichcode versehen, dann die Übereinstimmung des Patienten aktiv abgleichen und erst dann die benötigten Proben bei ihm entnehmen.
Wie die Kennzeichnung von Probengefäßen sollten grundsätzlich alle Informationen für jeden leicht zu lesen sein. Gerade handschriftliche Notizen bergen die Gefahr von Missverständnissen: So werden Befunde womöglich in die falsche Patientenakte einsortiert, bei unleserlicher Überweisung Patienten falsch weiterbehandelt oder diagnostiziert sowie Medikamente anders eingenommen als vorgesehen.
Um dem vorzubeugen, können Sie Ihr Praxis-team dafür sensibilisieren, dass zum Beispiel unvollständige oder schlecht leserliche Befunde zunächst mit dem Absender zu klären sind, bevor sie in der Akte des Patienten abgeheftet werden dürfen. Ebenso sollten Sie bei missverständlichen Überweisungen Rücksprache mit den veranlassenden Kollegen halten.
Nicht zuletzt tragen klare Zuständigkeiten innerhalb des Praxisteams dazu bei, Verwechslungen zu minimieren. Wenn Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern die Praxisabläufe besprechen, legen Sie dabei also auch fest, wer jeweils zuständig ist.
LINK
Handlungsempfehlung “Sichere Patientenidentifikation in der ambulanten ärztlichen Versorgung” der KVWL: