Steigende HCC-PrävalenzLeberkrebs: Screening ist Aufgabe des Hausarztes

Leberzellkarzinome kommen in Deutschland immer häufiger vor. Die Risikogruppen sind gut definiert. Daher gilt es, bei diesen Patienten ein konsequentes Screening durchzuführen.

Leberkrebs ist eine bösartige Tumorerkrankung, die primär durch direkte Entartung von Hepatozyten entsteht. Die häufigste primäre Leberkrebsart ist das hepatozelluläre Karzinom (HCC). Es ist die fünfthäufigste Tumorentität weltweit und weist im Vergleich zu anderen Neoplasien die zweithöchste tumorassoziierte Sterblichkeit auf.

Weltweit ist die Inzidenz für Neuerkrankungen dieses Tumors aufgrund mangelnder Kontrolle bekannter Risikofaktoren weiter steigend [1]. In Deutschland treten 9.100 neue Fälle pro Jahr auf, bei fast 8.000 Todesfällen [2]. Das HCC gehört damit zu den malignen Erkrankungen mit deutlich steigender Inzidenz in den letzten Jahrzehnten. Die Ursache der steigenden Inzidenz ist nicht eindeutig geklärt, aber sie ist wohl auch Folge der Hepatitis-C-Epidemiologie sowie der in den letzten Jahren deutlich zunehmenden Inzidenz der nichtalkoholischen Fettlebererkrankungen.

Screening

Anders als bei der Mehrzahl aller anderen malignen Erkrankungen, tritt das HCC in der überwiegenden Zahl der Fälle nur in bestimmten gut definierten Risikogruppen auf, nämlich bei Personen mit chronischen Lebererkrankungen und dann meist auf dem Boden einer Zirrhose. Voraussetzung für ein erfolgreiches HCC-Screening ist also zunächst die Erkennung der Risikokonstellation durch Screening auf chronische Lebererkrankungen und die Zirrhose.

Ziel des HCC-Screening ist es dann, das HCC in einem frühen Stadium zu diagnostizieren, in dem unterschiedliche kurative Therapieoptionen mit einer sehr guten Langzeitprognose zur Verfügung stehen. Wird dagegen das HCC erst in einem symptomatischen Stadium diagnostiziert, ist die Tumorerkrankung meist so weit fortgeschritten, dass die therapeutischen Optionen limitiert sind und die Kurzzeitprognose ungünstig ist.

Dem Hausarzt kommt bei der Früherkennung und bei der Prävention der Leberkrebserkrankung eine wichtige Rolle zu (Tab. 1).

Prävention

Auch wenn die Leberzirrhose mit dem höchsten Risiko für die Entstehung eines HCC assoziiert ist, so kann ein HCC auch ohne Zirrhose im Rahmen chronischer Lebererkrankungen entstehen. Die Prävention der Zirrhoseentwicklung durch eine effektive Therapie der chronischen Lebererkrankung ist daher die zentrale Strategie zur HCC-Prävention.

Die Mehrzahl aller chronisch progredienten Lebererkrankungen kann inzwischen effektiv behandelt werden. Beispiele hierfür sind die erfolgreichen Therapiestrategien bei Hepatitis B und C, aber auch bei autoimmunen Lebererkrankungen. Durch eine Zunahme der Therapierate bei Hepatitis B und C kann die Zahl der virusinduzierten HCCs deutlich gesenkt werden. Ist jedoch bereits eine Zirrhose eingetreten, soll auch bei Remission der auslösenden Erkrankung (z. B. Heilung der HCV-Infektion) eine lebenslange HCC-Surveillance erfolgen.

Die Prävention der äthyltoxisch induzierten Leberzirrhose bleibt ein vornehmlich gesellschaftliches Problem, das eine intensive Zusammenarbeit von Psychologen, Sozialarbeitern und spezialisierten Ärzten (Suchttherapeuten, Psychiatern, Hepatologen) verlangt [3, 4].

Vor allem in den westlichen Ländern, rückt darüber hinaus die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) zunehmend als Risikofaktor für die Entstehung eines HCC in den Fokus der Aufmerksamkeit. Ernährungsberatung und Veränderung des Lebensstils, dazu sportliche Betätigung nehmen in der Prävention eine entscheidende Rolle ein. Eine medikamentöse Therapie des meist metabolischen Syndroms mit Metformin und/oder Statinen scheint sich zusätzlich protektiv gegenüber der HCC-Entstehung auszuwirken [5].

Ein weiterer Fibrose fördernder Faktor ist chronischer Nikotinabusus. Demgegenüber scheint jedoch regelmäßiger Kaffeekonsum einen schützenden Effekt hinsichtlich der Fibrose- und HCC-Entwicklung zu haben [6].

Risikogruppen

Nur in seltenen Fällen erkranken Patienten außerhalb der oben erwähnten Risikogruppen an einem HCC, das aufgrund fehlender Klinik und unspezifischer Beschwerden dann meist erst in sehr fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert wird.

Die in Tabelle 2 aufgeführten Patientengruppen sollen einem regelmäßigen HCC-Screening unterzogen werden [9].

In Zukunft wird sich die Intensität des HCC-Screenings nach bestimmten Risikofaktoren stratifizieren lassen (Abb. 1). Es ist inzwischen gut belegt, dass neben der Zirrhose vor allem das männliche Geschlecht, höheres Alter, Rauchen und vor allem zusätzliche metabolische Risikofaktoren (Diabetes mellitus) das individuelle HCC-Risiko deutlich erhöhen.

Klinische Diagnostik

Für die oben genannten Risikogruppen empfiehlt die S3-Leitlinie der DGVS ein regelmäßiges Screening auf HCC in einem 6-monatigen Intervall. An erster Stelle der Vorsorgeuntersuchung steht eine halbjährlich durchzuführende Abdomensonografie, die sich zur primären Detektion von suspekten Leberrundherden als gut geeignetes Screeningverfahren erwiesen hat. Bei Patienten mit Zirrhose ist jede nichtzystische fokale Leberläsion primär HCC-verdächtig und soll weiter abgeklärt werden.

Zusätzlich hat sich die Bestimmung des Alpha-Fetoproteins (AFP) als HCC-spezifischer Tumormarker etabliert. Dieser Marker hat zwar eine eingeschränkte Sensitivität, denn viele HCC bleiben AFP-negativ, aber ein Anstieg im Verlauf ist hochverdächtig auf eine HCC-Entwicklung, selbst wenn er gering ist, und sollte bei unauffälliger Sonografie mittels Schnittbildgebung (am besten MRT mit leberspezifischem Kontrastmittel) weiter abgeklärt werden.

Misst eine neue aufgetretene Leberraumforderung unter 1 cm, wird eine Wiederholung der Lebersonografie innerhalb von 4 Monaten im ersten Jahr nach der Diagnose angestrebt, um eine mögliche Größendynamik zu beurteilen und das weitere Procedere zu reevaluieren. Sollte über ein Jahr lang keine relevante Größenzunahme erkennbar sein, sind ebenfalls halbjährliche Ultraschallkontrollen durchzuführen.

Lässt sich ein echoarmer Herd ab 1 cm Durchmesser darstellen und zeigen sich zusätzlich bildmorphologische Zeichen einer Leberzirrhose, empfiehlt sich additiv die Bestimmung des AFP sowie bei guter Schallbarkeit eine kontrastmittelunterstütze Sonografie durchzuführen. Laut Leitlinie ist die Empfehlung zur Bestimmung von AFP als reiner Screeningparameter nicht obligat, kann jedoch bei unklaren bildgebenden Befunden zur genaueren Interpretation beitragen. Ein Anstieg des AFP-Werts bzw. ein einmaliger Wert über 100 ng/ml (bei nur gering erhöhten Transaminasen) gepaart mit einem HCC-Risikoprofil und der sonografisch auffälligen Raumforderung sind hochgradig verdächtig für das Vorliegen eines HCC. Es sollte sich dann weiter eine dynamische radiologische Schnittbildgebung (Kontrastmittel-MRT) anschließen.

Die Diagnose kann sich sichern lassen, wenn sich eine arterielle Hypervaskularisation mit raschem Auswaschen des Kontrastmittels und relativer Kontrastumkehr zum umgebenden Leberparenchym bildgebend erkennen lässt. Außerdem sind radiologische Schnittbildgebungsverfahren bei unzureichender sonographischer Beurteilbarkeit heranzuziehen. Auf diese Art und Weise kann insbesondere bei Zirrhosepatienten die HCC-Diagnose anhand des typischen Kontrastmittelverhaltens rein bildgebend ohne Notwendigkeit einer histologischen Sicherung gestellt werden.

Bei Patienten aus einer Risikogruppe ohne bestehende Leberzirrhose und einem schallbaren echoarmen Herd von größer oder gleich 1 cm Durchmesser ist die histologische Sicherung über eine Leberbiopsie als nächster diagnostischer Schritt jedoch zwingend durchzuführen [6].

Nach der Diagnosestellung sollten sich Staging-Untersuchungen mittels CT-Thorax und ggf. Skelettszintigrafie anschließen, um das genaue Ausmaß des Tumors hinsichtlich Metastasierung oder Infiltrationen beurteilen zu können [3, 7].

Neben dem AFP stehen weitere HCC-Biomarker wie das lektinreaktive Alpha-Fetoprotein (AFP-L3) und das Des-Gamma-Carboxy Prothrombin (DCP) zur Verfügung. Eine kombinierte Bestimmung dieser Tumormarker erhöht die Vorhersagewahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines HCC, ist jedoch in der Routine noch nicht breit etabliert [8].

Nachsorge und Sekundärprävention

Nach kurativer Therapie des HCC sollen innerhalb des ersten Jahres Nachsorgeuntersuchungen in 3-monatigen Abständen stattfinden, die bei unauffälligen Befunden in Folge auf halbjährliche Untersuchungsintervalle verlängert werden.

Die Mehrzahl der Patienten mit einem HCC auf dem Boden einer Zirrhose bzw. chronischen Lebererkrankung entwickelt jedoch ein Rezidiv. Die Rezidivrate beträgt ca. 60 bis 70 Prozent nach 5 Jahren. Eine Therapie der Lebergrunderkrankung (z.B. der chronischen Hepatitis B oder C) reduziert jedoch das HCC-Rezidivrisiko und sollte daher immer angestrebt werden.

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.

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