Bei begründetem Verdacht auf eine mögliche HIV-Infektion kann die Anwendung antiviraler Arzneimittel als Frühtherapie zum Einsatz kommen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Mitte April mitgeteilt. Hintergrund für die Klarstellung seien "bestehende Unsicherheiten in der Versorgung".
Der G-BA betont, dass eine Therapie mit antiretroviralen Arzneimitteln in jedem Stadium einer Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) zulassungskonform ist. Relevant ist dies vor allem bei Patienten, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer HIV-Infektion ausgegangen werden muss, bei denen das Ergebnis des Labortests aber noch nicht vorliegt. In diesem speziellen Fall könne sinngemäß von einer Frühtherapie gesprochen werden. "Maßgeblich für die Frage, ob es sich potenziell um eine Frühtherapie handelt, ist die Einschätzung des Risikos, ob es bei der Exposition zu einer Übertragung von HI-Viren gekommen ist", heißt es. Diese Einschätzung müsse im Einzelfall durch den behandelnden Arzt erfolgen und lasse sich nicht generalisieren. Wichtig dabei: Ein zulassungsüberschreitender Einsatz ("Off-Label-Use") liege dann nicht vor.
Bislang wurden in solchen Fällen antiretrovirale Arzneimittel mit der Unsicherheit einer Zulassungsüberschreitung verordnet, da sie nicht explizit zur Postexpositionsprophylaxe zugelassen sind. Das hat laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) in der Vergangenheit vereinzelt zu Regressanträgen von Krankenkassen geführt "mit der Folge, dass viele Ärzte die Arzneimittel nicht mehr zur postexpositionellen Prophylaxe einer HIV-Infektion verordnen".
Für konkrete Handlungsanleitungen zur Erhebung des Infektionsrisikos vor einer labordiagnostischen Bestätigung verweist der G-BA auf die gemeinsame Leitlinie der Deutschen und Österreichischen AIDS-Gesellschaft. Hausärzte finden sie online: hausarzt.link/mSAJ6