Hausbesuche bei chronisch kranken Patienten gehören für Laura Haase zum Alltag: Die Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH®) fährt zu Patienten nach Hause, die selbst nicht mehr mobil genug sind, um in die Praxis zu kommen, hilft bei der täglichen Wundversorgung, beim Blutdruckmessen oder beim Medikationsmanagement. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Yvonne Behrens ist Laura Haase in der Praxis Niesen in Ochtrup damit so etwas wie der verlängerte Arm des Hausarztes vor Ort.
"Sie können durch ihre Zusatzqualifikation als VERAH® Aufgaben übernehmen, die bislang der Hausarzt selbst gemacht hat, die aber nicht-ärztlicher Art sind", erklärt Michael Niesen, der die Praxis am Markt gemeinsam mit seinem Bruder Dr. Jürgen Niesen führt und sich zugleich als zweiter Vorsitzender im Hausärzteverband Westfalen-Lippe engagiert. Alle Tätigkeiten werden protokolliert; es findet ein ständiger Austausch mit dem behandelnden Hausarzt statt – dieser kommt in regelmäßigen Abständen oder bei Bedarf nach wie vor selbst zum Hausbesuch vorbei.
Dass aus Laura Haase eine VERAH® geworden ist, ist dabei ein besonderes Beispiel für den Erfolg der durch den Deutschen Hausärzteverband entwickelten Zusatzqualifikation: Denn die 23-jährige Medizinische Fachangestellte (MFA) aus dem münsterländischen Ochtrup hat ihre Prüfung Ende 2017 mit Bravour bestanden – als Deutschlands 10.000ste VERAH® (Hausarzt 1/2018). Und die Zahlen steigen stetig weiter.
Beim Einsatz der VERAH® vor Ort geht es dabei nicht nur um die medizinische Versorgung der Patienten. "Wir erleben den Patienten in seinem häuslichen Umfeld und können schauen: Nutzt er seinen Rollator? Gibt es Stolperkanten in der Wohnung, die man beseitigen müsste? Benötigt er Hilfe? Ist ein Pflegedienst eingebunden?", erklärt Laura Haase. Auch der Kontakt zur Familie sei wichtig. "Wir sind erster Ansprechpartner. Das schafft ein großes Vertrauen. Die Leute sind dankbar über den persönlichen und direkten Draht zu ihrer Hausarztpraxis." Für die 23-Jährige ist das eine zugleich spannende und erfüllende Aufgabe. Sie ist seit fünf Jahren in der Praxis Niesen, hat hier ihre Ausbildung zur MFA gemacht und liebt ihren Job: "Er ist sehr abwechslungsreich und es kommt ganz viel von den Leuten zurück."
Neben der persönlichen Zufriedenheit hat das VERAH®-Konzept aber auch eine politische Ebene: Es ist ein wichtiger Baustein bei der Sicherung der flächendeckenden hausärztlichen Versorgung, gerade in ländlichen Gebieten. Der Bedarf an Hausärzten wird insbesondere auf dem Land immer größer, weil es Nachwuchsmediziner oftmals eher in größere Städte zieht. Gleichzeitig kommt es aufgrund der demografischen Entwicklung zu einer Zunahme der häuslichen Betreuung von älteren Patienten. Die VERAH® kann hier einerseits den Hausarzt im Praxisalltag entlasten, zum anderen macht sie die Hausarztpraxis mobiler und kann den persönlichen Kontakt zum Patienten sogar noch intensivieren.
"Daneben ist es für uns aber auch grundsätzlich wichtig, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen zu haben. Davon profitieren wir – und die Mitarbeiterinnen sind durch die neue berufliche Herausforderung und ihre Verantwortung noch zufriedener", betont Niesen. Kein Wunder also, dass die nächste MFA der Praxis bereits in den Startlöchern steht: Im Herbst will Aileen Wesseling ihre Fortbildung zur VERAH® beginnen.
Der Weg zur VERAH® auf einen Blick
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Die Zusatzqualifikation VERAH® (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) ist eine Initiative des Deutschen Hausärzteverbandes zur Qualifizierung erfahrener Medizinischer Fachangestellter (MFA).
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In einer intensiven Fortbildung werden die MFA für Tätigkeiten weiterqualifiziert, die speziell in einer Hausarztpraxis anfallen, aber nicht-ärztlich sind. Die Fortbildung setzt sich aus acht Modulen zu Themen wie Wund- und Praxismanagement, einem Hospitations-Praktikum, einer schriftlichen Hausarbeit und einer mündlichen Prüfung zusammen.
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Weitere Informationen unter www.hausaerzteverband-wl.de oder www.verah.de
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