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Wirtschaft + PraxisQM: „Rudi Rückmeldung“ findet Schwachstellen

Meckernde Patienten wünscht sich kein Praxisteam. Besser als in blinden Aktionismus zu verfallen ist es aber, den Umgang mit Beschwerden im Team zu besprechen. Langfristig werden so nicht nur Schwachstellen ausgemerzt, auch die Zufriedenheit der Patienten wächst.

Jede Hausarztpraxis profitiert von zufriedenen Patienten. Sie stören den Praxisablauf nicht, sind meist geduldiger und empfehlen im Idealfall die Praxis weiter. Allerdings kommt es selbst in der besten Praxis vor, dass sich Patienten beschweren, weil ihre subjektiven Erwartungen und Wünsche nicht erfüllt werden. Anstatt sich über meckernde Patienten zu ärgern, sollten Beschwerden immer dankend angenommen werden. Richtig genutzt können ernstzunehmende Rückmeldungen hohes Verbesserungspotential für die Praxis enthalten. Der Umgang mit Beschwerden ist die halbe Miete für die Lösung von Fehlern und Pro-blemen. Wie kann das Team vorgehen?

Dafür ist zunächst eine gute Praxisatmosphäre wichtig. Beschwerden sollten grundsätzlich nicht als Angriff verstanden werden, sondern als Rückmeldung aus Sicht der Patienten. Durch ein festgelegtes Beschwerdemanagement in der Praxis kann die Kritik erfasst und konstruktiv genutzt werden. Das Beschwerdemanagement regelt Zuständigkeiten und sollte folgende wesentliche Punkte beinhalten.

Zur Rückmeldung ermutigen

Ein effektives Beschwerdemanagement beginnt mit einem offenen Umgang mit negativer Kritik. Machen Sie es Ihren Patienten so leicht wie möglich, eine Beschwerde anzubringen, wenn sie unzufrieden sind. Jede Beschwerde ist eine Chance, Schwachstellen in der Praxis aufzudecken. Weisen Sie Ihre Patienten darauf hin, dass Ihnen ihre Rückmeldungen am Herzen liegen. So können Sie auf Ihrer Praxiswebsite oder in der Praxisbroschüre Patienten auffordern, sich Ihnen mitzuteilen. Auch ein Aushang in der Praxis kann Patienten ermutigen, Ihre Mitarbeiter anzusprechen.

Dabei geht es um Rückmeldungen jeglicher Art, positive wie negative. Zudem können die Mitarbeiter die Patienten aktiv danach fragen, ob alles zu ihrer Zufriedenheit war. Denn Beschwerden sind im Team wesentlich besser aufgehoben als im Wartezimmer beim Sitznachbarn. Eine weitere Möglichkeit ist ein Lob-und Tadelbriefkasten. Richtig genutzt kann er ein effektives Instrument sein. Erfahrungsgemäß werden sehr wenige Rückmeldungen in einen solchen „Meckerkasten“ abgegeben, oft bleibt er monatelang leer. Doch wenn Sie Ihre Patienten aktiv dazu auffordern, ihn zu nutzen, werden Sie auch deutlich mehr Rückmeldungen bekommen. Unabhängig von der Häufigkeit der Nutzung vermittelt der Patientenbriefkasten dem Patienten, dass die Praxis Wert auf seine Meinung legt.

„Danke für Ihr Feedback!“

An dieser Stelle ist eine positive Grundhaltung besonders wichtig. Nur wenn eine Beschwerde als Verbesserungsvorschlag angesehen wird, kann diese sachlich angenommen werden. Das ist nicht immer leicht, vor allem, wenn der Patient sich vielleicht im Ton vergreift. Nehmen Sie die Beschwerden nicht persönlich. Es ist empfehlenswert, den Umgang mit meckernden Patienten im Team zu üben. Ein aufgebrachter Patient sollte zunächst in einem separaten Raum gehört werden. Das hat zudem den Vorteil, dass das volle Wartezimmer nicht gleich mit in die Beschwerde einsteigt.

Wichtig ist, dass Sie oder Ihre Mitarbeiter dem Patienten auf Augenhöhe begegnen und ihm mit ehrlicher Empathie aktiv zuhören. Gestalten Sie das Gespräch und signalisieren Sie dem Patienten, dass er Ihre volle Aufmerksamkeit hat. Fragen wie „Wie kann ich Ihnen helfen?“ eignen sich, um ins Gespräch einzusteigen. Zeigen Sie Verständnis für seine Situation, lassen Sie ihn ausreden und bedanken Sie sich am Ende für seine Beschwerde. In den meisten Fällen hilft dies, den Patienten zu beruhigen und ihn (wieder) positiv zu stimmen.

Durch Zuhören und Erfragen werden die Rückmeldungen der Patienten erfasst und sollten dann auch dokumentiert werden. Legen Sie gemeinsam im Team fest, wie und wo sie Rückmeldungen notieren. In vielen Hausarztpraxen hat es sich bewährt, einen virtuellen Patienten wie „Rudi Rückmeldung“ anzulegen. Hier kann im Arbeitsalltag die Beschwerde und das Lob sofort von allen dokumentiert werden. Aber auch ein vorgedrucktes Beschwerdeformular für Patienten bietet sich an, die alle an einer Stelle gesammelt werden sollten. Besonders nützlich ist die Dokumentation, um sich Rückmeldungen über einen längeren Zeitraum anzusehen. Welche Beschwerden treten immer wieder auf? Treten die Beschwerden auch nach der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen noch auf?

Analyse im Team

Allein das Erfassen von Beschwerden reicht natürlich nicht aus. Wesentlich ist die Analyse der Rückmeldungen und die Diskussion darüber im Team. Dabei ist die Grundhaltung wichtig, zu fragen „Was ist passiert?“. Beschwerden sollten einzeln analysiert und diskutiert werden, so dass für jede Beschwerde eine geeignete Lösung gefunden werden kann. Langfristig können Sie so die Zufriedenheit der Patienten steigern. Doch dies soll kein Apell sein, allen Beschwerden ungefragt Taten folgen zu lassen, denn selbstverständlich gibt es auch schwierige Patienten, denen man es nicht recht machen kann, egal was man tut. Dennoch sollte man hinterfragen: Ist es nachvollziehbar, was der Patient meint? Haben Sie Einfluss darauf, die zugrunde liegende Ursache abzustellen?

Maßnahmen ableiten

Ziel sollte es sein, dass eine Beschwerde immer nur einmal auftritt. Dafür müssen Sie die Ursache abstellen. Haben Sie in der Teamsitzung festgestellt, dass die Beschwerde eines Patienten berechtigt war und die Änderung der Zustände in Ihrer Macht liegt? Dann besprechen Sie mit dem Team, welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen, damit die Beschwerde nicht mehr aufritt. Legen Sie Ihre Qualitätsziele fest und prüfen Sie deren Erreichung im Sinne des Qualitätskreislaufes (Plan – Do – Check – Act). Ein effektives Beschwerdemanagement beinhaltet auch die Rückmeldung an die Patienten. Haben Sie Maßnahmen aufgrund einer Beschwerde umgesetzt, informieren Sie Ihre Patienten darüber und bedanken Sie sich für die Rückmeldung. Die Patienten werden es Ihnen anerkennen.

Beschwerdemanagement in Kürze

  1. Annahme und Umgang mit der Beschwerde
  2. Dokumentation der Beschwerde
  3. Analyse der Beschwerde
  4. Qualitätsziele setzen (Maßnahmen ergreifen)
  5. Rückmeldung an Patienten geben

Beschwerdemanagement: Vorteile

  • Klare Absprachen im Team geben Handlungssicherheit und unterstützen einen reibungslosen Ablauf in der Praxis
  • Das Team ist zufrieden, weil es bei Beschwerden professionell reagieren kann und die Abläufe klar sind
  • Patienten werden mit der höchst möglichen Zufriedenheit gebunden und bleiben nicht einfach weg
  • Patienten fühlen sich ernst genommen
  • Chance für kontinuierlichen Verbesserungsprozess

Zahlen und Fakten

Das Europäische Praxisassessment (EPA) ist ein umfassendes Qualitätsmanagementsys-tem, das auf Qualitätsindikatoren basiert und die Perspektive von Patienten, Ärzten und Mitarbeitern der Praxen einbezieht. Über die Benchmarking-Software VISOTOOL® haben Arztpraxen die Möglichkeit, sich anonym miteinander zu vergleichen. Insgesamt haben circa 2.000 Hausarztpraxen an EPA teilgenommen. Eine Studie der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Uniklinikum Heidelberg belegt: Praxen, die EPA einsetzen, verbessern sich messbar, vor allem im Umgang mit Beschwerden.

65 Prozent der EPA-Hausarztpraxen hat ein Verfahren zum Umgang mit Patientenkritik und Beschwerden. Von diesen analysieren und diskutieren 93 Prozent die Patientenkritik und Beschwerden.

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