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Hausarzt MedizinDen akuten Schub stoppen, die Remission erhalten

Die Therapie bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wird im Wesentlichen von der Lokalisation und dem Aktivitätsgrad der Entzündung bestimmt. Welche Medikamente indiziert sind und wann ein chirurgischer Eingriff nötig wird, erläutert Prof. Axel Dignaß.

Welche Wirkstoffe stehen heute zur leitliniengerechten Behandlung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) zur Verfügung?

Dignaß: Die Wahl der Medikamente hängt im Wesentlichen davon ab, ob es sich um einen Morbus Crohn oder eine Colitis ulcerosa handelt, welchem Lokalisationsmuster und Ausbreitungsgrad die Erkrankung folgt und ob der Patient sich gerade in einem akuten Schub befindet oder in einer Remissionsphase steht. Sowohl für die Bekämpfung der Entzündung im akuten Schub als auch für die Erhaltung einer Remission sind heute sehr wirksame Medikamente verfügbar. Eine weitere wichtige Säule der Therapie ist die Chirurgie, zum Beispiel bei Dysplasien der Schleimhaut oder narbigen Stenosen, die einer anti-entzündlichen Therapie nicht zugänglich sind.

Welche Substanzen kommen wann zum Einsatz?

Dignaß: Standardtherapie bei der Colitis ulcerosa ist Mesalazin. Damit lassen sich etwa 60 Prozent aller Patienten ausreichend behandeln. Bei Morbus Crohn ist die Evidenz für einen Nutzen von Mesalazin erheblich schwächer. Bei dieser Erkrankung ist das oral verabreichte topische Kortikosteroid Budesonid gut wirksam, wenn die Ileozökalregion betroffen ist.

Ist der Crohn dagegen im Kolon oder oberen Gastrointestinaltrakt lokalisiert, hat Budesonid keine ausreichende Wirkung – auch nicht bei lokaler Gabe als Klysma, weil Budesonid nur direkt am Ort der Freisetzung wirkt und rasch durch den hepatischen First-pass-Effekt inaktiviert wird. Lässt sich die Entzündung mit den genannten Wirkstoffen nicht zurückdrängen, kommen als nächste Behandlungsstufe systemische Kortikosteroide wie Prednisolon und Prednison zum Einsatz. Kortikosteroide sollten aber bei einer CED niemals als Dauertherapie gegeben werden, denn die zumeist jüngeren Patienten würden alle schweren Komplikationen wie schwerwiegende Osteoporose, Wirbelkörperfrakturen, aseptische Hüftkopfnekrose, Katarakt und Glaukom erleben.

Kehrt die Entzündung nach Absetzen eines Kortikosteroids zurück oder spricht sie primär nicht darauf an, sollte der Patient zur Einstellung auf eine immunsuppressive Therapie zu einem Spezialisten überwiesen werden. Infrage kommen klassische Immunsuppressiva wie Thiopurine, das heißt Azathioprin und 6-Mercaptopurin, sowie Methotrexat. Eine weitere wichtige Option bei kortikosteroidrefraktärer oder -abhängiger CED sind die Biologika, das heißt TNF-alpha-Blocker wie Infliximab, Adalimumab und Golimumab oder das seit kurzem zugelassene Antiadhäsionsmolekül Vedolizumab.

Wie hat die Einführung der Biologika die Behandlung der CEDs verändert?

Dignaß: Die Biologika sind für CED-Patienten ein großer Fortschritt, denn sie können eine zeitnahe Heilung der Darmschleimhaut induzieren. Wenn man diese Medikamente rechtzeitig einsetzt, also bevor der Darm strukturell geschädigt ist, lassen sich Krankenhausaufenthalte und chirurgische Eingriffe deutlich verringern und somit eine Veränderung des natürlichen Erkrankungsverlaufs bewirken.

Wie überwacht man die Therapie des akuten Schubs?

Dignaß: Ob die Behandlung wirkt, kann man gut anhand der klinischen Symptome wie Stuhlhäufigkeit, Blutbeimengungen und Bauchschmerzen beurteilen. Objektivieren lässt sich ein Ansprechen unter anderem anhand von Blutbild und systemischen Entzündungsparametern wie C-reaktivem Protein (CRP). Zusätzlich kann man Calprotectin im Stuhl bestimmen, um das Ausmaß der Entzündungsaktivität im Darm zu beurteilen. Darüber hinaus lässt sich mit einer hochauflösenden Sonografie gut kontrollieren, ob eine Entzündung im Darm besteht, welche Anteile des Darmes betroffen sind und ob Komplikationen wie Fisteln, Stenosen oder Abszesse bestehen.

Welche Routinekontrollen sind bei Behandlung mit Immunsuppressiva und Biologika erforderlich?

Dignaß: Nach Abschluss der Einstellungsphase muss das Blutbild alle zwei bis drei Monate bestimmt werden, um etwa einen Abfall der Leukozyten rechtzeitig zu erkennen. Bei Methotrexat muss wegen des Risikos einer Leber- oder Lungenfibrose auch auf die Leberwerte geachtet werden und jährlich die Lungenfunktion kontrolliert werden. Frauen sollten wegen der erhöhten Rate zervikaler Dysplasien jährlich zur Vorsorgeuntersuchung gehen.

Alle CED-Patienten, die langfristig Immunsuppressiva oder Biologika einnehmen, müssen einmal jährlich auf Melanome und Basalzellkarzinome gescreent werden. Sie sollten ferner auf konsequenten Sonnenschutz achten, der allerdings zu einem Mangel an Vitamin D führen kann. Eine Bestimmung und gegebenenfalls Substitution des Vitamins ist dann angezeigt.

Welche Komplikationen durch die Grunderkrankung drohen?

Dignaß: Bei der Colitis ulcerosa sind die fulminante Entzündung und das toxische Megakolon am bedrohlichsten. Langfristig ist die Rate von Kolonkarzinomen geringfügig erhöht. Bei Morbus Crohn können als Folge von Stenosen Subileus- und Ileuszustände auftreten. Bei bis zu 40 Prozent der Crohn-Patienten entwickeln sich Fisteln, insbesondere in der Perianalregion, die stark belasten und zum Beispiel auch zu Abszessen führen können. Aufgrund des gehäuften Blutverlusts bei einer Colitis ulcerosa und von Resorptionsstörungen bei Morbus Crohn mit Dünndarmbefall kann eine Anämie entstehen. Hier sind gegebenenfalls Eisen sowie Folsäure und Vitamin B12 zu substituieren. Wichtig: Auch für CED-Patienten gelten die üblichen Anämiekriterien, das heißt Hb unter 12 g/dl für Frauen und unter 13 g/100 ml für Männer. Ein HB von 10 g/dl darf auch bei einer CED nicht hingenommen werden.

Welche Schmerzmittel dürfen CED-Patienten einnehmen?

Dignaß: NSAR wie Diclofenac oder Ibuprofen müssen streng gemieden werden, denn sie können einen akuten Schub auslösen. Für leichtere Schmerzen kommt Paracetamol infrage, bei stärkeren Metamizol oder Opioide. Geht die Entzündung im Darm mit Spastik einher, lässt sich die glatte Muskulatur mit Mebeverin entspannen, das aber primär kein potentes Schmerzmedikament ist.

Was können Hausärzte den Patienten allgemein raten? Gibt es evidenzbasierte Ernährungstipps?

Dignaß: Eine wichtige Aufgabe in der Langzeitbetreuung besteht darin, die Patienten immer wieder zur Therapietreue zu motivieren. Wird Mesalazin zur Remissionserhaltung bei Colitis ulcerosa verordnet, lässt sich die Einnahmetreue deutlich steigern, indem man von der dreimal täglichen auf die Einmalgabe umstellt. Crohnpatienten sollten generell auf das Rauchen verzichten, denn Tabakkonsum erhöht die Hospitalisations- und Operationsraten drastisch.

Bei Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn ist ferner darauf zu achten, dass die Patienten nach längerer Erkrankungsdauer alle zwei Jahre zum endoskopischen Kolonkarzinomscreening gehen: bei Linksseitenkolitis nach 15 Jahren, bei den anderen Lokalisationen schon nach acht Jahren. Eine spezielle Diät bei CEDs gibt es nicht. Die Patienten sollen essen und trinken, was sie mögen und was ihnen bekommt. Ein genereller Verzicht auf Zucker bringt nichts. Allerdings kann sich bei Dünndarmbefall eine sekundäre Intoleranz gegen Laktose, Fruktose oder Sorbit entwickeln. In Phasen mit starker Entzündung raten wir zu ballaststoffarmer Kost, weil diese den Darm mechanisch entlastet und dadurch die Beschwerden lindert.

Was halten Sie von komplementärmedizinischen Ansätzen bei CEDs?

Dignaß: Wir gehen davon aus, dass jeder zweite Patient auch auf alternativmedizinische Behandlungen wie Akupunktur oder Probiotika setzt. Die Evidenz für die Wirksamkeit dieser Methoden ist bei CEDs aber sehr schwach, sodass man den Patienten guten Gewissens raten kann, das Geld dafür zu sparen.

Prof. Axel Dignaß ist Chefarzt der Medizinischen Klinik I am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt

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