Liebe Leserinnen, liebe Leser,
über 9,5 Millionen Menschen in Deutschland trinken Alkohol in einer Menge, die krank macht. Psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten, ausgelöst durch übermäßiges Trinken, belegen mit mehr als 330.000 Fällen die zweite Stelle in der Krankenhausdiagnosestatistik (DGPPN 2015).
Meinungsumfragen belegen, dass Drogenkonsum mit Crystal meth, Kokain und Heroin in Verbindung gebracht werden, aber nicht mit Alkohol und Rauchen. Regelmäßiger Alkoholkonsum ist (leider) absolut gesellschaftsfähig. Und man kennt es ja von sich selbst: Will man auf Parties bei seinem Glas Mineralwasser bleiben, wird man schnell als Langweiler abgetan und muss sich für seinen Mineralwasserkonsum auch noch mit „muss noch fahren“ rechtfertigen.
Suchterkrankungen sind jedoch behandlungsbedürftige chronische Erkrankungen. Oberstes Ziel für eine Behandlung sollte möglichst die Suchtfreiheit sein. Am Anfang einer jeden Behandlung muss auf jeden Fall eine Klärung der zugrunde liegenden Problematik erfolgen, aber das ist nicht immer so einfach, meint unsere Autorin Dr. Anna Goeldel in dieser Ausgabe von Der Hausarzt. In diesem Kontext zu sehen ist auch eine soziale und berufliche Rehabilitation des Patienten. Wenn diese Ziele zu hoch gesteckt sind, dann versuchen Sie zumindest als behandelnder Arzt, den Patienten über die Folgen seiner Sucht aufzuklären, und zwar nicht belehrend, sondern ärztlich fürsorglich und mitfühlend.
Als Hausärztin/Hausarzt nehmen Sie eine zentrale wichtige Position ein, denn nur Sie kennen das familiäre und berufliche Umfeld des/der Süchtigen. Ein großer Teil der Suchtkranken ist aufgrund anderer Erkrankungen bereits in Behandlung. Das heißt, Sie haben die Möglichkeit, den Patienten frühzeitig auf sein Problem anzusprechen und gemeinsam mit ihm ein Behandlungskonzept zu erar-beiten. Geben Sie nicht auf, auch wenn Ihre Patienten nur schwer zugänglich sind und ihr Suchtverhalten verleugnen oder bagatellisieren. Aber 80 Prozent der Patienten könnte durch eine medizinische Intervention geholfen werden (DGPPN 2015), das sollte Mut machen, findet Ihre
Dr. Monika von Berg, Chefredakteurin „Der Hausarzt"