Die ersten Bewerbungen für die ausgeschriebene Stelle sind eingetroffen, die Vorstellungsgespräche stehen noch bevor: Schon in dieser Phase ist es wichtig, die geeigneten Bewerber* so früh wie möglich an die Praxis zu binden. Doch vielen Praxisinhabern ist nicht bewusst, welche Bedeutung dieser Phase zukommt und welche Erwartungen Bewerber haben. Feststeht: Langwierige Bewerbungsprozesse schrecken gute Bewerber ab. Daher ist ein effizientes und professionelles Bewerbermanagement ebenso wichtig wie ein freundlicher Umgang mit den Bewerbern.
Was ist „Bewerbermanagement“?
Der Begriff Bewerbermanagement beschreibt alle Vorgänge im Umgang mit den Bewerbern, konkret beinhaltet dies:
- eingehende Bewerbungen zu erfassen
- Bewerbern den Empfang ihrer Unterlagen zu bestätigen
- Unterlagen anhand der Anforderungskriterien auszuwerten
- Bewerber auszuwählen, die zum Gespräch eingeladen werden sollen
- Bewerbern zu- oder absagen Da Kandidaten heute kurze Bewerbungsverfahren erwarten, ist Schnelligkeit und Flexibilität entscheidend, um die besten Bewerber für sich gewinnen zu können. Um geeignete Bewerber an die Praxis zu binden, ist es also wichtig, sowohl die postalischen als auch die digitalen Bewerbungen möglichst zeitnah zu erfassen, auszuwerten, zu ordnen und zu beantworten. In jedem Fall sollte nach Empfang der Bewerbung eine Eingangsbestätigung geschrieben werden, um von vorneherein einen guten Kontakt zu pflegen.
Alle diese Vorgänge kann eine geeignete Bewerbermanagement-Software unterstützen. Ein Vorteil ist, dass sowohl postalische als auch Online-Bewerberdaten in einem System erfasst und zusammengeführt werden. Einige Teilprozesse wie die Einladung zum Vorstellungsgespräch oder eine Zwischenstandmeldung werden automatisiert versandt. Darüber hinaus wird automatisch berücksichtigt, dass gesetzliche Vorgaben wie das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und datenschutzrechtliche Bestimmungen eingehalten werden. Umso mehr Kandidaten sich bewerben, desto sinnvoller ist der Einsatz einer Software, um Kosten und Zeit zu sparen. Einige Hersteller bieten an, ihre Verfahren 30 Tage kostenlos zu testen.
Neben einer schlanken Organisation der internen Abläufe ist kompetente Kommunikation nach außen eine weitere Anforderung. Die Bewerber erwarten bei allen Kontakten mit der Praxis Zuverlässigkeit und Freundlichkeit, egal ob diese schriftlich, telefonisch, elektronisch oder persönlich erfolgen. Ein Beispiel sind Telefonate zum aktuellen Stand der Bewerbung. Wie das Praxisteam sich im Umgang mit möglichen neuen Mitarbeitern verhält, beeinflusst zudem die Außenwirkung. Denn die meisten Jobsuchenden berichten Freunden und Bekannten von den Erfahrungen im Bewerbungsprozess. Daher ist es auch wichtig, abgelehnte Bewerber wertzuschätzen. Grundsätzlich zeigt die Praxis in der Kommunikation nach außen, wie viel ihr an den Bewerbern liegt.
Zusatztipp: In der Regel werden nur die aktuellen Bewerbungen gesichtet. Es lohnt sich aber auch ein Blick auf frühere Kandidaten. Besonders diejenigen, die nicht eingestellt wurden, weil sie quasi auf dem „zweiten Platz“ gelandet sind. Gelingt es, den Kontakt zu den ehemaligen Bewerbern zu halten und sind sie geeignet, ist die erneute Ansprache ein guter Weg, um eine freie Stelle zu besetzen.
Vorauswahl der Bewerber
Liegen die Bewerbungen vor, müssen anhand der Unterlagen diejenigen gefunden werden, die am besten für die Stelle geeignet sind. Sie werden später zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Zunächst muss das Praxisteam dazu aber die Unterlagen der Kandidaten prüfen und auswerten. Im zweiten Serienteil (Der Hausarzt 6) ging es darum, die Anforderungen für die zu besetzende Position eindeutig zu definieren. An diesem Katalog orientiert sich jetzt die Vorauswahl. Außerdem müssen die Unterlagen auf formelle Kriterien wie Vollständigkeit gesichtet werden. Einen Überblick über sämtliche Punkte, die zu beachten sind, gibt die Checkliste.
Nachdem das Praxisteam die Unterlagen gesichtet hat, sollte es die Bewerber in drei Gruppen einteilen:
- auf den ersten Blick geeignet
- möglicherweise/ bedingt geeignet
- ungeeignet
Die geeignet erscheinenden Bewerber sollte das Team möglichst zeitnah zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Bedingt geeignete Bewerber erhalten einen Bescheid, dass ihre Unterlagen geprüft wurden und sie zu gegebener Zeit wieder kontaktiert werden. Dies sollte direkt nach den Vorstellungsgesprächen mit den geeigneten Bewerbern erfolgen, wenn also feststeht, ob die Stelle besetzt werden konnte. Ungeeignete Bewerber erhalten eine Absage.
Herausforderung Zeugnisanalyse
- Die Zeugnisse von Bewerbern richtig zu interpretieren, ist nicht einfach, da Zeugnisse immer positiv formuliert sein müssen. Daher hat sich eine eigene Zeugnissprache mit Standard-Formulierungen etabliert. Allgemein gilt folgende Formel: Er/Sie erfüllte seine/ihre Aufgaben …
- Note 1: stets zur vollsten Zufriedenheit.
- Note 2: zur vollsten/stets zur vollen Zufriedenheit.
- Note 3: zur vollen Zufriedenheit.
- Note 4: zur Zufriedenheit.
- Note 5: im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit.
- Note 6: Er/Sie hat sich bemüht.
Hier einige vordergründig positive Aussagen, hinter der sich negative Botschaften verstecken:
- „Sie bemühte sich, den Anforderungen gerecht zu werden“ bedeutet: „Sie wurde den Anforderungen de facto nicht gerecht“
- „Sie macht sich mit großem Engagement an die ihr übertragenen Aufgaben“ bedeutet: „…allerdings leider erfolglos“
- „Sie verfügt über gesundes Selbstvertrauen“ bedeutet: „Sie überschätzt sich“
stellvertretend für beide Geschlechter wird nur die männliche Form verwendet
Wie wird ein Vorstellungsgespräch vorbereitet und was ist bei der Durchführung zu beachten? Das erklären wir in Der Hausarzt 13. Alle Serienteile: www.derhausarzt.eu/hausarzt/serien.php