Das Asthma bronchiale ist eine schwere chronische Erkrankung, die zwar kontrolliert aber letztendlich nicht geheilt werden kann. Die typischen Asthma-Symptome sind Atemnot, Brustenge, Giemen und Husten, die hinsichtlich Frequenz und Intensität im Zeitverlauf stark variieren können. Diese Symptome sind assoziiert mit einer variablen Limitierung des Atemflusses und zwar als Folge einer Bronchokonstriktion und einer vermehrten Schleimbildung. Inhalative, aber auch andere Reize wie Allergene, Zigarettenrauch, virale Infektionen, Anstrengung und Stress können die Symptome provozieren oder verschlimmern.
Neues Krankheitsverständnis
In den letzten zehn Jahren hat sich das Verständnis der Asthma-Erkrankung wesentlich gewandelt und zwar dahingehend, dass es sich um eine heterogene Erkrankung handelt und diese sich bei einigen Patienten mit einer COPD überlappt. Weiterhin ist die Erkrankung in der Regel durch einen chronischen Entzündungsprozess charakterisiert, aber nicht immer, d.h. auch bei fehlender Entzündung spricht man von einem Asthma, wenn Asthma-typische Beschwerden und eine variable exspiratorisch betonte Atemflusslimitation vorliegen. Auch die bronchiale Hyperreagibilität ist ein typisches Charakteristikum der Asthma-Erkrankung. Die Reversibilität der bronchialen Obstruktion wird jetzt nicht mehr als typisches Asthma-Kriterium gesehen, da auch die COPD eine zumindest teilweise Variabilität der bronchialen Obstruktion zeigt. Der Begriff "Asthma" wird nach neuem Verständnis bewusst als Oberbegriff verstanden, ähnlich wie "Anämie" oder "Arthritis", und die verschiedenen Asthma-Formen werden als klinische Phänotypen bezeichnet. Man spricht von einem heterogenen Syndrom verschiedener Erkrankungen, was die hohe interindividuelle Variabilität des klinischen Bildes und das individuell unterschiedliche Ansprechen auf eine standardisierte antiasthmatische Therapie erklärt. Dabei rückt die Identifikation von (Bio-) Markern, die die Wirksamkeit einer Therapieoption zuverlässig voraussagen und somit die Möglichkeit für eine individualisierte Asthma-Therapie eröffnen können, in den Fokus der klinischen Forschung.
Körperliche Untersuchung oft unauffällig
Die körperliche Untersuchung ist, wenn sie nicht gerade während eines schweren Anfalls erfolgt, häufig normal. Typische Symptome sind giemende Atemnebengeräusche bei der Auskultation, insbesondere nach forcierter Exhalation. Solche Nebengeräusche können aber auch bei bronchialen Infekten, bei einer endobronchialen Obstruktion z. B. durch Kompression von außen oder nach Inhalation eines Fremdkörpers auskultiert werden. Bei schweren Asthma-Exazerbationen verschwinden häufig die giemenden Geräusche, man spricht von einer "silent lung". Differenzialdiagnostisch muss bei einer Asthma-verdächtigen Symptomatik auch an eine Rhinosinusitis, eine Refluxkrankheit, Übergewicht, eine obstruktive Schlafapnoe, Depressionen und Angststörungen gedacht werden.
Anamnese und Spirometrie
Die unverzichtbare Voraussetzung für eine effektive Asthma-Therapie ist eine suffiziente Asthma-Diagnostik. Diese basiert auf der Anamnese, d.h. dem Abfragen der charakteristischen Asthma-Symptome und dem funktionellen Nachweis einer bronchialen Obstruktion in der Lungenfunktionsuntersuchung mit vollständiger oder partieller Reversibilität nach Gabe eines Bronchodilatators. Für ein Asthma spricht die Zunahme der Beschwerden während der Nacht und/oder am frühen Morgen, die Variabilität der Beschwerden hinsichtlich Intensität und im Zeitverlauf und das Vorliegen typischer Auslöser wie virale Infektionen, Anstrengung, Allergene, Zigarettenrauch und intensive Gerüche. Eher gegen ein Asthma sprechen ein isolierter Husten ohne andere Atemwegsbeschwerden, eine ausgeprägte chronische Sputum-Produktion, das Vorliegen einer anderen Herz-Kreislauf-Erkrankung, die mit Atemnot einhergeht, die Angabe von Thoraxschmerzen und eine Belastungsdyspnoe mit inspiratorischem Stridor.
Bei der Lungenfunktionsprüfung spricht ein FEV1/FVC < 0,7 für eine bronchiale Obstruktion i.S. eines Asthma. Von einer relevanten Reversibilität der Obstruktion kann man ausgehen, wenn nach Inhalation eines Bronchodilatators die FEV1 um mindestens 12 Prozent bzw. um mindestens 200 ml zunimmt. Auch eine signifikante Zunahme der FEV1 nach vierwöchiger antientzündlicher Therapie darf als Reversibilität gewertet werden. Bei einer Diskordanz zwischen Symptomen und Lungenfunktion sollte die Verdachtsdiagnose Asthma überdacht werden. Andererseits ist ein niedriger FEV1-Wert ein unabhängiger Prädiktor eines erhöhten Exazerbationsrisikos.
Therapieziel ist die Asthma-Kontrolle
Für die Therapie des Asthmas stehen effektive medikamentöse Therapiestrategien zur Verfügung. Dabei muss die medikamentöse Therapie immer an den Status der Asthma-Kontrolle angepasst werden. Die Einschätzung der Asthma-Kontrolle basiert auf der aktuellen Symptomkontrolle, aber auch auf der Beeinflussung künftiger Risiken wie dem Exazerbationsrisiko. Dabei korreliert die Symptomatik nicht immer mit der Lungenfunktion. Die häufigsten Ursachen einer mangelhaften Asthma-Kontrolle sind eine ungenügende Inhalationstechnik und eine unzureichende Therapietreue. Ein Asthma gilt dann als ausreichend kontrolliert, wenn der Patient tagsüber und in der Nacht keine Beschwerden mehr hat, keine oder nur wenig Bedarfsmedikation benötigt, ein aktives Leben bei normaler oder nahezu normaler Lungenfunktion möglich ist und keine Exazerbationen auftreten.
Risikofaktoren für eine Exazerbation sind Intensivtherapie bzw. Intubation wegen Asthma, nicht zu kontrollierende Symptome, ≥ 1 Exazerbation im letzten Jahr, ein niedriges FEV1, die inkorrekte Handhabung der Inhalatoren, eine eingeschränkte Therapietreue, Zigarettenrauchen, Übergewicht, Schwangerschaft und eine Eosinophilie im Blut.
Regelmäßige Therapiekontrolle
Der Therapieerfolg sollte initial monatlich, nach drei Monaten alle 3 bis 12 Monate überprüft werden. Die Therapieintensität sollte bei unkontrollierter Erkrankung für zumindest zwei bis drei Monate z.B. nach einer viralen Infektion oder einer Allergen-Exposition gesteigert werden. Eine Reduktion der Therapieintensität sollte frühestens nach dreimonatiger guter Erkrankungskontrolle in Betracht gezogen werden. Ziel ist die Titration der minimalen zur Asthma-Kontrolle erforderlichen Dosis der eingesetzten Substanzen.
Fazit
Eine effektive Asthma-Therapie setzt eine suffiziente Diagnostik voraus. Diese basiert auf dem Abfragen der charakteristischen Asthma-Symptome und dem funktionellen Nachweis einer bronchialen Obstruktion mittels Lungenfunktionsuntersuchung. Zur Behandlung stehen effektive medikamentöse Therapiestrategien zur Verfügung. Dabei muss die Medikation immer an den Status der Asthma-Kontrolle angepasst werden. Eine Reduktion der Therapieintensität sollte frühestens nach dreimonatiger guter Erkrankungskontrolle in Betracht gezogen werden.
Quelle: Praxis Update Pneumologie in Wiesbaden
Fünf Therapie-Stufen
Die offiziellen Leitlinien empfehlen eine stufenweise Intensivierung der medikamentösen Therapie mit zunehmendem Asthma-Schweregrad und zwar in fünf Schritten.
Therapiestufe 1:
Die bevorzugte Option ist die Verordnung eines rasch wirksamen inhalativen β2-Agonisten (SABA) bei Bedarf. Diese Option sollte allerdings nur Patienten mit seltenen Symptomen (< 2 × pro Monat) und ohne Risikofaktoren für Exazerbationen vorbehalten sein. Eine Dauertherapie mit einer niedrigen Dosis eines inhalativen Steroids (ICS) sollte insbesondere bei Risikofaktoren für Exazerbationen in Erwägung gezogen werden.
Therapiestufe 2:
Die bevorzugte Option ist eine Dauertherapie mit einem niedrig dosierten ICS und SABA bei Bedarf. Alternative Optionen sind Leukotrien-Rezeptor-Antagonist (LTRA) und SABA bei Bedarf. Diese Option ist allerdings weniger effektiv als ein niedrigdosiertes ICS. Eine weitere Option sind ICS/LABA–Kombinationen mit einer niedrigen ICS-Dosis und SABA bei Bedarf. Diese Option reduziert die Symptome und verbessert die Lungenfunktion im Vergleich zu einer alleinigen ICS-Therapie stärker. Eine intermittierende ICS-Therapie mit SABA bei Bedarf ist bei einem saisonalen allergischen Asthma durchaus sinnvoll.
Therapiestufe 3:
Bevorzugte Optionen sind entweder ICS/LABA-Kombinationen mit einer niedrigen ICS-Dosis und SABA bei Bedarf oder ICS/Formoterol-Kombinationen mit einer niedrigen ICS-Dosis zur Erhaltungs- und Bedarfstherapie. Die zusätzliche LABA-Therapie verringert Symptome und steigert die FEV1 bei niedrigen ICS-Dosen. Andere Optionen wie die zusätzliche Gabe von LTRA oder von Theophyllin sind weniger effektiv.
Therapiestufe 4:
Bevorzugte Optionen sind ICS/Formoterol-Kombinationen mit einer niedrigen ICS-Dosis oder ICS/LABA-Kombinationen mit einer mittleren ICS-Dosis und SABA bei Bedarf. Andere Optionen sind Tiotropium additiv zur ICS/LABA-Therapie, ICS/LABA-Kombinationen mit einer hohen ICS-Dosis und SABA bei Bedarf, welche aber nicht wesentlich effektiver sind, dafür aber mehr Nebenwirkungen zeigen.
Therapiestufe 5:
Wenn mit den Optionen der Stufe 4 nach Überprüfen der Inhalationstechnik und der Therapietreue keine ausreichende Asthma-Kontrolle erreicht werden kann, sollte zusätzlich zur Stufe 4-Therapie der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab eingesetzt werden. Alternativen sind Tiotropium additiv zur ICS/LABA-Therapie oder die additive Gabe niedrig dosierter oraler Kortikosteroide (≤ 7.5 mg Prednison oder Äquivalent täglich).