Umsatz ist nicht gleich Gewinn. Wie viel bleibt in etwa für Sie übrig?
Fleischhauer: Ich bin noch recht kurz niedergelassen. Die Steuer für das erste Jahr und die Vorauszahlung auf den zu erwartenden Gewinn steht noch aus. Dafür habe ich in Absprache mit meiner Steuerberaterin einen gewissen Betrag zurückgelegt. Eine genaue Schätzung ist noch schwer, gefühlt habe ich mich aber, verglichen mit einer Anstellung, wahrscheinlich nicht verschlechtert.
Wie viel machen die einzelnen Kostenblöcke aus?
Fleischhauer: Personal ist der größte Posten, gefolgt von Miete und Versicherungen. Beim Personal muss man als Arbeitgeber berücksichtigen, dass zusätzlich zum Bruttogehalt noch etwa ein Drittel für Lohnnebenkosten gezahlt werden muss. Die Lohnbuchhaltung macht ein Steuerbüro für mich. Aber auch Kosten für den Praxisbetrieb sind nicht zu vernachlässigen; dabei muss man Sprechstunden- und Praxisbedarf unterscheiden. Ersteren bekommt man über die Verordnung zu Lasten der GKV, wobei jede KV eine Übersicht hat, was verordnet werden darf. Den Praxisbedarf, zum Beispiel Troponin-Teststreifen oder Langzeitblutdruckmessgerät, muss ich selbst zahlen.
Wie behalten Sie den Überblick?
Fleischhauer: Anfangs habe ich etwa einmal alle zwei Monate mit dem Steuerbüro die Ent- Interview wicklung der Einnahmen, Ausgaben, Stärken und Schwächen – die Betriebswirtschaftliche Analyse (BWA) – besprochen. Dabei schlüsseln wir die Einnahmen auf, etwa nach Anteil von Privatpatienten, andere Einnahmen wie Gutachten und diskutieren, wie sich die Kostenstruktur entwickelt. Letztlich entscheide ich aber allein, wie ich die Praxis entwickeln will. Das ist das Schöne an der Selbstständigkeit: Ich habe keinen kaufmännischen Leiter wie in der Klinik, der mir vorschreibt, dass ich etwa mehr Ultraschallleistungen erbringen muss.
Wie hat sich die Praxis entwickelt?
Fleischhauer: Hilfreich ist, dass die Steuerberaterin schon die Praxis meiner Mutter betreut hat. So habe ich einen guten Eindruck über die Entwicklung. Am meisten sind die Personalkosten gestiegen, weil ich meine Mutter und einen Arzt in Weiterbildung angestellt habe. Ansonsten ist vieles gleich geblieben. Bevor man eine Praxis übernimmt, sollte man die BWA von einem ganzen Jahr einsehen. Denn manche Kosten wie Versicherungen oder Wartungen fallen nur jährlich an. Die BWA des Vorgängers kann einen beruhigen, weil man sieht, was an Kosten wie Einnahmen auf einen zukommt. Bei der KV wird man anfangs meist als Nachfolger die Abschlagszahlungen wie der Vorgänger bekommen. Darüber hinaus hat man als Neustarter erstmal Zulauf an Patienten – bei uns hat zum Bei- Die Betriebswirtschaftliche Analyse kann nach dem Praxisstart auch beruhigen, sagt Dr. Christian Fleischhauer aus Jena. Wie er die Ruhe bewahrt hat, nachdem er die Praxis seiner Mutter übernommen hatte, verrät er im Interview. spiel auch die neue Website viele auf uns aufmerksam gemacht.
Anfangs schreibt man rote Zahlen, wie haben Sie das verarbeitet?
Fleischhauer: Man muss den Überblick behalten. Denn man hat den Kredit für Übernahme und neue Geräte aufgenommen, die Kosten für Miete, Labor und Personal laufen weiter. Die KV zahlt aber vorerst nur einen monatlichen Abschlag und erst circa ein halbes Jahr später eine „Restzahlung“. Man ist also anfangs in den roten Zahlen, das ist ganz normal! Ich habe daher mit der Bank verhandelt, dass ich den Kredit im ersten Jahr nicht tilge, sondern nur die Zinsen zahle. Zudem hat sie mir einen höheren Kontokorrentkredit eingeräumt, sodass ich über genug Geld verfügen kann. Das hat mir viel Druck genommen. Im ersten halben Jahr darf man nicht die Nerven verlieren: Die Steuerberaterin hat mich darauf vorbereitet, dass es sich nach einem halben Jahr, also mit der ersten Restzahlung, einpendelt. Natürlich ist es erstmal seltsam, wenn der Kontoauszug rot ist, aber das gibt sich! Ein anderer Weg ist das „Zwei-Konten- Modell“. Dabei überweist man vom Praxiskonto ein monatliches Gehalt auf das private Konto. Für mich kam das aber nicht infrage, bei einem Konto kann ich besser die Übersicht behalten. Was nach Abzug der Kosten übrig bleibt, ist mein Verdienst, wobei man immer eine Rücklage für die Steuer bilden muss!
Das Interview führte J. Dielmann-von Berg.