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EditorialNotfall-Konzept: Vision oder Illusion?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

immer wieder klingelt nachts das Telefon: Mal klagt der Patient über ausstrahlende Herzschmerzen. Mal will er seine AU verlängern und nicht in die Praxis kommen, „weil ich dort ja warten müsste“. Was ein Notfall ist, sehen Patienten und Ärzte oft sehr unterschiedlich.

Das Problem: Bisher entscheidet in der Regel der Patient, wo er im „Notfall“ am besten versorgt wird – mit teilweise fatalen Folgen. Die Notaufnahmen sind mit Patienten überfüllt, die der Ärztliche Bereitschaftsdienst (ÄBD) versorgen kann oder die auf einen Termin bei einem niedergelassenen Arzt warten können. Patienten beschweren sich über lange Wartezeiten, für schwere Fälle bleibt weniger Zeit, Ärzte sind überlastet und kritisieren zu Recht, dass einige Patienten zu hohe Ansprüche haben. In einem Punkt sind sich also alle einig: So kann es nicht weitergehen!

Der Druck zur Veränderung ist hoch, daher wollen die Gesundheitsweisen die Notfallversorgung nutzen, um erstmals die Sektoren zu verschmelzen. Essentiell ist für sie, dass nicht mehr der Patient, sondern der Arzt entscheidet, wo man adäquat versorgt wird. Vereinfacht gäbe es zwei Wege:

  1. Der Patient wählt den Notruf und wird von der integrierten Leitstelle abschließend beraten oder an die passende Versorgungsebene überwiesen – und zwar mit Termin!

  2. Der Patient geht direkt ins Integrierte Notfallzentrum (INZ, an ausgewählten Kliniken). Dort teilt ihn ein erfahrener Mediziner dem ÄBD oder der Klinik zu.

Allgemeinmediziner sind für dieses System perfekt geeignet, findet auch der Sachverständigenrat. Sie wären ideal, um in den Leitstellen und den INZ die Triage zu übernehmen. Denn welcher Facharzt sonst hat schon so eine breit angelegte Weiterbildung? Für Allgemeinmediziner hieße das, sie wären gleich an drei Stellen gefordert:

Innerhalb der INZ entstünde ein weiteres Tätigkeitsfeld: Da sie rund um die Uhr geöffnet wären, werden wohl angestellte (Allgemein-)Ärzte die Triage am Tresen verantworten. „Es wäre vor allem für Ärzte ohne Praxis attraktiv“, glaubt Ratsvorsitzender Prof. Ferdinand Gerlach.

Diese zentrale Rolle würde Hausärzten gut zu Gesicht stehen, verständlich sind aber auch die Bedenken, die einige Praxisinhaber hegen. Woher die nötigen Allgemeinmediziner nehmen? Noch mehr Leistung für weniger Geld? Damit der dringend nötige Umbruch gelingt, darf die Umsetzung Praxisinhaber nicht überfordern. Es braucht aber auch von allen Beteiligten eine Portion Mut, sich Neuem nicht zu versperren – sonst wird aus der Reform schnell ein Reförmchen, die keinem hilft, meint Ihre

Johanna Dielmann-von Berg, Stellv. Chefredakteurin „Der Hausarzt“

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