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Hausarzt MedizinIn der Hausarztpraxis spielt die Psyche eine große Rolle

Psychische Erkrankungen gehören heute zu den Volkskrankheiten, d.h. jeder dritte Erwachsene erkrankt im Verlauf eines Jahres an einer Depression, Angsterkrankung oder anderen psychischen Störung. Und dies spiegelt sich auch in der Hausarztpraxis wieder.

Methamphetamin-Konsum auf dem Vormarsch

Der Methamphetamin-Konsum nimmt auch in Deutschland zu, und zwar in Form eines illegal hergestellten kristallinen Drogenprodukts (Crystal). Auch der Hausarzt wird mit diesem Problem immer häufiger konfrontiert. Im Vergleich zu anderen Stimulanzien weist die Substanz spezifische Eigenschaften im Hinblick auf Wirkung, Symptomatik und die Entwicklung einer Abhängigkeit auf. Aufgrund der schwerwiegenden Langzeitfolgen muss man auch bei moderater Anwendung immer von einem schädlichen bzw. abhängigen Konsum ausgehen. Häufig werden zusätzlich sedierende Substanzen eingenommen. Der Freizeitbereich stellt für die meisten Methamphetamin-Konsumierenden den Einstiegskontext dar, vor allem bei abendlichen Club- und Partybesuchen. Neben Gruppenzwang stehen auch Motive wie das Erzielen von Euphorie und Wachheit sowie die Überwindung von Schüchternheit und sozialen Hemmungen im Vordergrund. Auch wird es häufig eingesetzt, um die alkoholbedingte Müdigkeit zu durchbrechen. Der Konsum im schulischen und beruflichen Kontext nimmt ebenfalls zu und zwar um länger durchhalten zu können und um auftretende Lange- weile zu überwinden und so subjektiv die Leistungsfähigkeit zu steigern. Dabei können innerhalb kürzester Zeit psychische Auffälligkeiten auftreten, die zum Schulabbruch oder Verlust des Arbeitsplatzes führen.

Cannabis als Medikament

Der medizinische Einsatz von Cannabis wird zur Zeit intensiv und kontrovers diskutiert. Wie bei den Opiaten muss aber auch bei Cannabis unterschieden werden zwischen der Gabe als Medikament und dem rekreationalen Gebrauch bei jungen und gesunden Menschen. Letzteres führt zu sozialen Problemen und erhöht das Risiko für eine Psychose.

Die weibliche Hanfpflanze enthält 60 verschiedene Cannabinoide, von denen Tetrahydrocannabiol psychoaktiv ist und deshalb süchtig macht. Die neurobiologischen Korrelate des Cannabis-Konsums bei gesunden Jugendlichen sind eine Ereignis-assoziierte Hirnaktivierung, die umso stärker ist, je länger Cannabis konsumiert wurde. Dabei stellt sich die Frage, ob ein chronischer Gebrauch mit längerfristigen Risiken für das Gehirn bzw. mit sozialen Problemen assoziiert ist.

In einer Studie bei 2.500 jungen Menschen, die über mehr als 13 Jahre nachverfolgt wurden, zeigte sich, dass täglicher Cannabiskonsum vor Erreichen des 17. Lebensjahres mit einer signifikant erhöhten Rate sozialer Probleme assoziiert ist. Insbesondere erreichten Personen, die im Jugendalter täglich Cannabis konsumierten, seltener einen Schulabschluss, entwickelten häufiger Abhängigkeitserkrankungen bzgl. Cannabis aber auch anderer Drogen und unternahmen häufiger einen Suizidversuch. Auch steigt das Risiko für eine Psychose bzw. eine Depression. Dabei stelle sich aber die Frage nach Henne oder Ei, d.h. der frühe Cannabiskonsum könnte auch bereits Ausdruck vorbestehender sozialer Probleme sein.

Abzugrenzen von diesem Risiko-behafteten Missbrauch bei Jugendlichen ist die Gabe von Cannabis als Medikament. Dabei wird Cannabis ein breites therapeutisches Potenzial, also vielfältige günstige Wirkungen bei sehr unterschiedlichen Erkrankungen zugeordnet. Dazu liegen die Ergebnisse einer großen Metaanalyse von 79 Studien mit über 6.000 Patienten vor. Danach besteht eine moderate Evidenz dahingehend, dass Cannabis bei der Behandlung von chronischen Schmerzen und spastischen Tonuserhöhungen eine günstige Wirkung zeigt. Schwach ist allerdings die Evidenz im Hinblick auf die Reduktion von Übelkeit und Erbrechen bei einer Chemotherapie. Das Gleiche gilt für die Gewichtszunahme bei einer HIV-Infektion, Schlafstörungen und die Symptomatik beim Tourette-Syndrom. Die niedrige Evidenz ist vorrangig der Tatsache geschuldet, dass die Zahl der verwertbaren Studien sehr klein ist.

Diesen günstigen Wirkungen müssen aber eine Reihe zum Teil schwerer unerwünschter Wirkungen gegenüber gestellt werden. Dazu gehören Schwindel, Mundtrockenheit, Desorientiertheit, Gleichgewichtsstörungen, Verwirrtheit und Halluzinationen. Dabei handelt es sich um eine akute Reaktion auf die Cannabisgabe. Diese Symptome sind deshalb nicht zu vergleichen mit den chronischen Schäden am Gehirn von Jugendlichen bei anhaltendem Cannabis-Abusus.

Psychotraumatologie

Die Psychotraumatologie umfasst heute neben der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) weitere Diagnosen wie die anhaltende Trauerstörung und die Anpassungsstörung. Die PTBS ist charakterisiert durch ein Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von lebhaften Erinnerungen oder Alpträumen, das Vermeiden von Aktivitäten, die an das Ereignis erinnern, und die anhaltende Wahrnehmung einer erhöhten aktuellen Bedrohung. Von einer anhaltenden Trauerstörung spricht man, wenn diese über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten, also länger als es die sozialen, kulturellen und religiösen Normen der Kultur erwarten lassen, anhält. Die Anpassungsstörung ist eine intensive Reaktion auf eine psychosoziale Belastung, die sich in einem gedanklichen Verhaftetsein mit der Belastung und ihren Folgen manifestiert. Traumatische und aversive Kindheitserfahrungen können lebenslange Auswirkungen auf die psychische und somatische Gesundheit haben.

Körper und Seele

Jeder dritte Mensch mit einer chronischen somatischen Erkrankung leidet auch an einer psychischen Störung. Dadurch entsteht ein circulus vitiosus dahingehend, dass die psychische Erkrankung den Verlauf der körperlichen ungünstig beeinflusst und umgekehrt. So bedingen psychische Störungen nicht selten ein ungünstiges Gesundheitsverhalten und vermindern auch die Therapieadhärenz. Dies gilt insbesondere für onkologische und kardiologische Erkrankungen, aber auch für den Dia-betes mellitus. Doch was ist Henne und was ist Ei? Prädisponierende Faktoren sind die genetische Ausstattung und Traumata in der Kindheit. Das pathogenetische Bindeglied zwischen der körperlichen und seelischen Erkrankung dürfte der Stress sein, genauer gesagt die übermäßige Aktivierung der Stressachse. Dies führt zu einer vermehrten Ausschüttung von Kortisol und CRH, wodurch Blutdruck und Puls ansteigen und das Entzündungsgeschehen aktiviert wird. Auch nimmt die Insulinempfindlichkeit der Zellen ab, d.h. die Insulinresistenz nimmt zu und es entwickelt sich eine Funktionsstörung des autonomen Nervensystems. Dies erklärt, warum depressive Patienten ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen und den Diabetes mellitus haben.

Quelle: World Congress of Psychiatry (8.-12.10.2017 in Berlin).

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