ReiseberichtDen Wikingern auf der Spur

Stockholm wird wegen seiner Lage auf 14 Inseln auch das "Venedig des Nordens" genannt. Highlights wie die malerische Altstadt Gamla Stan mit dem Königsschloss, der St. Nikolaikirche oder dem Stadshuset, gehören zum Pflichtprogramm eines jeden Besuchers. Aber zum Historiska Museet schaffen es wahrscheinlich nur wenige - ein echter Geheimtipp.

Blick vom Stadshuset auf Stockholms Altstadt Gamla Stan.

In einer unterirdischen Schatzkammer, dem Guldrummet, liegen nämlich etwa 3.000 Preziosen, insgesamt 52 kg Gold- und 200 kg Silberschmuck. Und um eine dieser Kostbarkeiten rankt sich auch die kaum glaublich klingende Geschichte vom goldenen “Moped-Ring”, der unter äußerst ungewöhnlichen Umständen in das Museum kam.

Reif aus römischen Goldmünzen verschloss Viehgatter

“Der Ring wurde”, wie mir der frühere Kurator des Historischen Museums, Thomas Eriksson, erzählte, “in den 60er-Jahren von dem schwedischen Landwirt Assar Andersson im Ort Kyhlsgården, Östra Hoby, im Südosten der Provinz Scania (Skåne) beim Pflügen seiner Felder gefunden.” Andersson sah den Ring, hielt ihn für altes Messing und warf ihn zunächst auf den Abfallhaufen am Rande des Feldes, nahm ihn dann aber mit zu seiner Farm.

Dort benutzten zunächst seine Kinder den Ring als Spielzeug, später fand er Einsatz beim Schließen von Holzgattern. “Und einmal”, erzählt Thomas Eriksson schmunzelnd weiter, “nutzte einer seiner Söhne den Ring, an dessen einem Ende deshalb heute noch ein Teil fehlt, um eine defekte Moped-Speiche zu reparieren.”

Fast 25 Jahre später, im Jahre 1987, suchte Herrn Andersson ein Archäologe des National Board of Antiquities auf und fragte ihn, ob er vielleicht Stein-Artefakte auf seinen Feldern gefunden habe. Herr Andersson konnte sich an den Messingreif erinnern, zeigte ihn dem Archäologen und schon war die Sensation des goldenen “Moped-Rings” perfekt.

Denn der Halsreif ist stolze 780 Gramm schwer und stammt aus der Zeit der Völkerwanderung (etwa 400 bis 550 n. Chr.). Das über 1.500 Jahre alte Schmuckstück wurde wahrscheinlich aus eingeschmolzenen römischen Goldmünzen gefertigt, deren Wert damals etwa dem Jahressalär von 120 byzantinischen Söldnern entsprach. Herr Andersson erhielt einen angemessenen Finderlohn, und so ist der goldene Reif heute in Vitrine 17 des Guldrummet zu bewundern.

Kind findet 1.500 Jahre altes Schwert

In Schweden kommen übrigens des öfteren unter außergewöhnlichen Umständen archäologische Schätze zu Tage. So fischte im Sommer 2018 die gerade mal acht Jahre alte Saga Vanecek aus dem Vidöstern-See im Süden des Landes ein Wikinger-Schwert aus der Eisenzeit.

Der See hatte wegen extremer Trockenheit einen sehr niedrigen Wasserstand, und so entdeckte das Mädchen zufällig einen 85 cm langen Gegenstand, den sie und ihr Vater für einen modrigen Stock hielten.

Ein Freund wies sie schließlich darauf hin, dass es sich um ein archäologisches Fundstück handeln könnte. Und jetzt freut sich das Jönköpings Läns Museum über ein außergewöhnlich gut erhaltenes, wahrscheinlich 1.500 Jahre altes Schwert, das aus Metall, Leder und Holz besteht.

Das Vasa-Museum ist ein Muss

Auch die Geschichte der Vasa liest man nicht alle Tage. Am 10. August 1628 setzte das auf Befehl des schwedischen Königs Gustav II. Adolf gebaute Kriegsschiff Segel, um aus dem Stockholmer Hafen auszulaufen. Um das gebührend zu feiern, wurden Salutschüsse abgefeuert.

Als sich das 69 m lange, 1.200 Tonnen schwere Schiff der Hafeneinfahrt näherte, wurde es plötzlich von Windböen erfasst und sank, da Wasser durch die offenen Kanonenpforten eindrang. Mindestens 30, vielleicht sogar 50 der 150 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.

333 Jahre später, am 24. April 1961, wurde das Wrack, das fünf Jahre vorher von Anders Franzén, einem privaten Wrackforscher, gefunden worden war, aus dem Wasser gezogen und 17 Jahre lang mit Polyethylenglykol, einem wasserlöslichen, wachsartigen Produkt, das das Holz langsam durchdringt, konserviert.

Mit der Vasa wurden 14.000 lose Holzobjekte, darunter 700 Skulpturen, geborgen. Diese wurden einzeln konserviert und dann in einem gigantischen Puzzle an ihrem Originalplatz auf dem Schiff angebracht. Neue Untersuchungen ergaben zudem, dass viele Skulpturen – Löwen, biblische Helden, römische Kaiser, Meerestiere oder griechische Gottheiten – vergoldet oder bemalt waren.

“Etwa 1,5 Mio. Besucher aus aller Welt strömen jedes Jahr auf Stockholms Insel Djurgården, um das weltweit einzige komplett erhaltene Schiff aus dem 17. Jahrhundert hautnah zu erleben”, berichtet mir Martina Siegrist Larsson, Information Officer beim Vasa-Museum. “Und seit 2018 läuft eine neue internationale Suchaktion, denn von den ehemals 64 Kanonen der Vasa liegen die meisten noch irgendwo auf dem Grund des Stockholmer Hafens.

Ein ebenfalls gesunkenes Schwesterschiff der berühmten Vasa – die “Äpplet” – wurde, wie das Wrackmuseum Vrak in Stockholm im Oktober 2022 bestätigte, inzwischen gefunden. Die “Äpplet” hatte allerdings gut 30 Jahre lang als Kriegsschiff gedient und war schließlich während des Dreißigjährigen Krieges als Teil einer Unterwasserbarriere versenkt worden, um Feinde daran zu hindern, Stockholm auf dem Seeweg zu erreichen. Obwohl die “Äpplet” wohl am Meeresboden verbleiben soll, lohnt es sich alle Mal, dem “Venedig des Nordens” einen Besuch abzustatten.

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