Der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid könnte demnächst auch für Kinder von sechs bis elf Jahren zugelassen werden. Laut einer vom Hersteller Novo Nordisk finanzierten Phase-III-Studie, deren Ergebnisse beim europäischen Diabetologen-Kongress vorgestellt wurden, ist das Medikament in dieser Altersklasse effektiv und sicher.
Allerdings zeigten sich auch gastrointestinale Nebenwirkungen. Unklar ist auch, wie lange das Medikament eingenommen werden müsste – und die Langzeitfolgen.
An der Studie nahmen 82 Kinder teil, die zu Beginn im Mittel zehn Jahre alt waren, 1,49 m groß und 70,2 kg schwer. Der mittlere BMI lag bei 31 kg/m2. 56 Kinder erhielten über 56 Wochen 1 mal täglich Liraglutid injiziert (3 mg, das entspricht der Maximaldosis, mit der auch Jugendliche ab zwölf Jahren laut Zulassung behandelt werden dürfen), 26 Kinder bekamen Placebo.
Alle Kinder wurden zudem individuell zum Lebensstil beraten. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung im BMI-Wert.
Ergebnis: Der durchschnittliche BMI der Kinder unter Liraglutid hatte sich nach 56 Wochen um 5,8 Prozent verringert, in der Placebo-Gruppe war er um 1,6 Prozent gestiegen – ein Unterschied von 7,4 Prozent (95%-KI: -11,6 bis -3,2). Insgesamt konnte eine BMI-Reduktion von mindestens 5 Prozent bei 46,2 Prozent der Kinder in der Liraglutid-Gruppe und nur 8,7 Prozent unter Placebo erreicht werden.
Gastrointestinale Nebenwirkungen traten bei 80 Prozent der Liraglutid-Kinder auf und bei 54 Prozent in der Placebogruppe. Schwere unerwünschte Wirkungen gab es bei 7 Liraglutid-Kindern (12 Prozent) und bei 2 Placebo-Kindern (8 Prozent).
Bei den 7 Liraglutid-Kindern konnten 3 der schweren Nebenwirkungen mit Liraglutid in Verbindung gebracht werden. Dabei handelte es sich um Erbrechen (n=2) und Kolitis (n=1). 10,7 Prozent der Kinder, die Liraglutid erhielten, brachen die Studie aufgrund der Nebenwirkungen ab.
Fazit für die Praxis: “Das Medikament kommt vor allem für Kinder mit extremer Adipositas in Frage und sicher nicht für alle Kinder mit Adipositas. Dies ist eine kleine Gruppe an Patienten”, fasst Prof. Martin Wabitsch vom Universitätsklinikum Ulm in einer Mitteilung des “Science Media Centers” zusammen.
Es bestehe die Hoffnung, dass eine frühe Anwendung des Medikaments zu einer so deutlichen Wirkung führt, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Dosis reduziert oder es sogar abgesetzt werden kann. Aktuell werde dies in einer Studie geprüft.
Quelle: doi 10.1056/NEJMoa2407379