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CMEBiologika und Biosimilars

Die rasante Entwicklung von Biologika und Biosimilars hat die therapeutischen Möglichkeiten in vielen medizinischen Fachgebieten revolutioniert. Die komplexen Moleküle bieten gezielte Behandlungsmöglichkeiten für eine Vielzahl von Erkrankungen. Gleichzeitig eröffnen Biosimilars als biologisch ähnliche Nachfolgepräparate neue Perspektiven für eine kosteneffizientere Versorgung ohne Abstriche bei Wirksamkeit und Sicherheit.

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AUTOREN:
Dr. Reinhard Merz (Interessenkonflikte: keine)
Dr. Ulrich Scharmer (Interessenkonflikte: keine)

Gültig bis 4. September 2025

VNR: 2760909013819450018

Die Bayerische Landesärztekammer hat diesen Beitrag in der Kategorie I zur zertifizierten Fortbildung freigegeben.

cme.hausarzt.digital

Lernziele

Nach der Lektüre dieser CME-Fortbildung sollten Sie …

  • die Grundlagen von Biologika und ihre Einsatzgebiete kennen
  • die regulatorischen Hintergründe für den Einsatz von Biosimilars kennen
  • den Beschluss des G-BA über die Möglichkeiten zum Austausch von verordneten Biologika kennen
  • die immunmodulatorisch wirksamen Biologika und ihre Anwendung bei Psoriasis kennen
  • die immunmodulatorisch wirksamen Biologika und ihre Anwendung bei rheumatoider Arthritis kennen
  • Patienten zur Medikamentensicherheit bei der Verwendung von Biologika und Biosimilars beraten können

Zusammenfassung

Die Arzneimittel-Richtlinie des G-BA enthält seit November 2020 Hinweise für eine wirtschaftliche Verordnung von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln. Seit März 2024 müssen Apotheken jetzt bei biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln wirkstoffbezogen ein preisgünstiges Produkt auswählen, wenn es sich um eine parenterale Zubereitung aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten handelt.

Steht ein Arzneimittel mit Rabattvertrag der Krankenkasse der oder des Versicherten zur Verfügung, ist damit die Wirtschaftlichkeit sichergestellt und ein weiterer Kostenvergleich ist dann nicht notwendig. Dass Hausärztinnen und -ärzte gut über Biologika und Biosimilars informiert sind, ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig. Im Fokus dieser Fortbildung stehen die immunmodulatorisch wirksamen Biologika und ihre Anwendung bei den Indikationen Psoriasis und rheumatoide Arthritis.

Biologika und Biosimilars

Biologika sind definiert als hochmolekulare Wirkstoffe, die in einem biologischen Organismus mit gentechnologischen Methoden hergestellt wurden. Sie unterscheiden sich in vielen Punkten von den chemisch synthetisierten „small molecules“ (niedermolekulare Wirkstoffe). Chemische Arzneimittel bestehen aus rund zwei Dutzend bis wenigen Hundert Atomen (ASS = 21 Atome, Ramipril = 62 Atome), haben eine relativ einfache Molekülstruktur und können oft oral angewendet werden. Biologika bestehen aus mehreren Hundert bis Tausenden Atomen (Insulin = circa 790 Atome, monoklonale Antikörper circa 25.000 Atome), sind hochkomplex aufgebaute Proteine, strukturell heterogen (Mischung nahe verwandter Moleküle) und werden üblicherweise parenteral (als Injektion oder Infusion) verabreicht.

Für die Wirkung von Biologika ist eine korrekte dreidimensionale Tertiärstruktur entscheidend. Diese wird bereits durch geringe Energieeinträge (Erwärmung, Schütteln) gestört, die aktive („native“) Struktur geht in eine inaktive („denaturierte“) Struktur über.

Die strukturelle Übereinstimmung mit dem molekularen Vorbild ist vielfach von untergeordneter Bedeutung, mehr als die Hälfte aller derzeit zugelassenen rekombinanten Wirkstoffe kann man als „nicht naturidentisch“ einstufen. So besteht Etanercept aus Teilen des humanen TNF-Rezeptors und Teilen eines humanen Antikörpermoleküls.

Therapeutisch wirksame Antikörper haben eine besonders hohe molekulare Komplexität mit multiplen Funktionszentren. Sie binden mit ihren variablen Regionen an spezifische molekulare Oberflächen, was zur funktionellen Aktivierung der konstanten Region der schweren Ketten führt, die daraufhin mit Makrophagen oder natürlichen Killerzellen interagieren. Zudem sind Antikörper komplex glykosyliert, was die biologische Halbwertszeit und die Interaktion mit anderen Komponenten des Immunsystems beeinflusst.

Biologika sind mittlerweile von hoher therapeutischer und wirtschaftlicher Relevanz. Der Umsatz mit Biopharmazeutika erhöhte sich in 2022 gegenüber 2021 um 10,5 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro. Der Umsatzanteil am gesamten Pharmamarkt ist dadurch von 31,4 Prozent auf 32,9 Prozent im Jahr 2022 angestiegen [1]. Biologika gehören fast ausnahmslos zu den sehr hochpreisigen Arzneimitteln mit hohen finanziellen Belastungen für das Gesundheitssystem.

Änderungen der Herstellungsprozesse nach der Marktzulassung können biochemische Eigenschaften der Proteine beeinflussen, wie Tertiärstruktur, Isoformen oder Glykosylierung. Diese Variationen werden als Mikroheterogenität bezeichnet und können Auswirkungen auf die Sicherheit und Wirksamkeit der Biologika haben. Mikroheterogenität ist ein inhärentes Kennzeichen aller Biologika und nur innerhalb eines definierten Bereichs erlaubt. Bei Änderungen des Herstellungsprozesses muss daher gewährleistet werden, dass der bei der Zulassung definierte Korridor für die Mikroheterogenität eingehalten wird [2].

Biosimilars

Nachahmerprodukte, sogenannte Biosimilars, können zur Entlastung des Gesundheitssystems beitragen. Die EMA definiert Biosimilars als „… biologisches Arzneimittel, das derart entwickelt wurde, dass es einem bereits existierenden Arzneimittel (dem Referenzarzneimittel) ähnelt.“ Es muss dennoch genauso wirksam und sicher wie das Referenzarzneimittel sein und wird in derselben Dosis zur Behandlung derselben Krankheiten verwendet.

Während der Wirkstoff eines Generikums identisch mit dem des Originalpräparats ist, ist ein Biosimilar nur ähnlich zum Original. Das liegt an der unvermeidlichen Mikroheterogenität dieser komplexen Wirkstoffe. Die zusätzlichen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit machen die Entwicklung eines Biosimilars deutlich aufwendiger [3] (Abb. 1, 2).

Der Prozess der Patentabläufe beschleunigt sich zurzeit rasant und mit Etanercept, Rituximab, Infliximab und Adalimumab sind mittlerweile für vier dieser immunmodulatorisch wirksamen Antikörper Biosimilars verfügbar [4] (Tab. 1).

Weist ein Biosimilar gegenüber einem Referenzarzneimittel eine vergleichbare Sicherheit und Wirksamkeit bei einer therapeutischen Indikation auf, können die Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten gegebenenfalls auf andere zugelassene Indikationen des Referenzarzneimittels extrapoliert werden [2].
Die Extrapolation ist ein wissenschaftlich begründeter Prozess zur Qualitätssicherung biologischer Referenzarzneimittel bei Produktionsänderungen, der auch auf Biosimilars angewendet wird (Abb. 3). Die Extrapolation der Daten auf andere Indikationen muss aber immer durch umfangreiche wissenschaftliche Evidenz gestützt werden [2], [5]. Die Anforderungen an die Evidenz als Voraussetzung für die Extrapolation wurden von der EMA definiert [5].

Am Switch führt kein Weg vorbei

Die Gleichwertigkeit von Biosimilars für Patienten, die zum ersten Mal ein Biologikum verordnet bekommen, gilt mittlerweile als unstrittig. Verunsicherung besteht jedoch bezüglich der Austauschbarkeit des Referenzarzneimittels mit einem Biosimilar oder von Biosimilars untereinander (Switch): Ärztinnen und Ärzte waren deswegen sehr zurückhaltend bei der Umstellung von Patientinnen und Patienten auf ein Biosimilar, die unter Umständen über Jahre erfolgreich mit dem Referenzarzneimittel behandelt worden waren [2], [6].

In der Zwischenzeit konnten viele Studien und Metaanalysen auch für die immunmodulatorisch wirksamen Antikörper zeigen, dass der Switch von einem Referenzarzneimittel auf ein Biosimilar weder die Wirksamkeit noch die Sicherheit der Therapie negativ beeinflusst [2], [7], [8], [9], [10]. Die Rahmenvorgaben der KVen und des GKV-Spitzenverbands benennen zur Kostendämpfung daher Verordnungsmindestquoten. Voraussetzung für einen Aut-idem-Austausch wird die Feststellung der Austauschbarkeit durch den G-BA sein. Das verordnete Biologikum muss zudem über eine Zulassung für die Indikation verfügen, für die es eingesetzt werden soll [11].

Seit 15. März 2024 müssen Apotheken die Regelungen des neuen § 40b in Abschnitt M der Arzneimittel-Richtlinie beachten. Hier werden Hinweise zur Austauschbarkeit von Fertigarzneimitteln mit biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen bei ärztlich verordneten Zubereitungen gegeben, wenn es sich um eine parenterale Zubereitung aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten handelt [12]. Steht ein Arzneimittel mit Rabattvertrag der Krankenkasse der oder des Versicherten zur Verfügung, ist damit die Wirtschaftlichkeit sichergestellt und ein weiterer Kostenvergleich ist dann nicht notwendig.

Wesentliche Voraussetzung für den Austausch gegen ein preisgünstiges Produkt ist, dass das ärztlich verordnete mit dem von der Apotheke abgegebenen Fertigarzneimittel mindestens in denselben Applikationsarten übereinstimmt. Zudem ist eine Übereinstimmung mindestens für die Anwendungsgebiete des verordneten Fertigarzneimittels notwendig. Eine Ersetzung kann grundsätzlich im Verhältnis eines Referenzarzneimittels zu seinen Biosimilars sowie zwischen Biosimilars untereinander erfolgen, sofern diese mit Bezug auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind.
Beim Wechsel von einem Referenzarzneimittel auf ein Biosimilar können ggf. negative Auswirkungen des Nocebo-Effekts eine Rolle spielen [13].

Eine Reihe von Strategien soll helfen, den Effekt in der Praxis zu reduzieren:

  • einen positiven Rahmen für die Einführung des Biosimilars setzen („Framing“)
  • das Wissen über das Biosimilar vergrößern (Patienten und Therapeuten)
  • die Anwendung standardisierter Switching-Programme [14]

Vor allem die ausführliche Beratung der Patienten ist eine geeignete Maßnahme, um Nocebo-Effekte zu minimieren. Dabei ist eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen des Patienten in ein Biosimilar aufzubauen (Tab. 2).

In einer Studie erhöhte positives Framing signifikant die Bereitschaft, auf ein Biosimilar umzusteigen (2,4-mal häufiger) sowie die wahrgenommene Wirksamkeit der Therapie [15]. Eine aktuelle britische Studie bestätigte die Ergebnisse [16]. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat Fragen, die im Vorfeld adressiert werden sollten, zusammengestellt [2].

Die wichtigsten Punkte:

  • Warum wird der Patient umgestellt?
  • Wie wird das jeweilige Biosimilar verabreicht (Dosierung, Handhabung des Devices)?
  • Weitere Informationen zu den Biosimilars (Patienteninformation, Schulungsmaterial) sollten übergeben werden.

Psoriasis

Psoriasis als chronische, rezidivierende, entzündliche Erkrankung von Haut, Kopfhaut, Nägeln und Gelenken präsentiert sich klinisch heterogen. Am häufigsten ist die chronische Psoriasis vom Plaque-Typ [17]. Neben einer genetischen Prädisposition tragen Risikofaktoren wie die Adipositas zur Krankheitsentstehung bei. Triggerfaktoren können zu Schüben der Erkrankung führen. Der mit Abstand häufigste Triggerfaktor ist Stress, relevant sind auch Infekte, Nikotinabusus, Alkoholkonsum und Betablocker (vor allem lipophile) [17].

Neben der chronischen Entzündung der Haut birgt Psoriasis auch ein erhöhtes Risiko für Entzündungen der Gelenke, des Herzens und der Blutgefäße. Aktuelle Studien legen nahe, dass es eine hochsignifikante Korrelation zwischen dem Schweregrad der Schuppenflechte und dem Grad einer Gefäßentzündung gibt [18].

Stimuliert durch Triggerfaktoren produzieren Immunzellen (dendritische Zellen, Makrophagen) in der Haut von genetisch prädeterminierten Personen IL-6 und IL-23; im Rahmen der Inflammationskaskade werden weitere Zytokine (unter anderem TNFα, IL-17A) gebildet und freigesetzt [18], [19]. Mittlerweile weiß man, dass die schwere Psoriasis ein eigenständiger kardiovaskulärer Risikofaktor ist [20].

Schweregradeinteilung

Gebräuchlich sind der Prozentsatz der erkrankten Körperoberfläche (Body Surface Area, BSA, in Prozent) sowie der Psoriasis Area and Severety Index (PASI, von 0 bis 72 Punkten) (Abb. 4). Die deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis definiert eine Psoriasis als mittelschwer bis schwer, wenn der PASI oder BSA mehr als 10 bzw. 10 Prozent betragen [21].

Im Praxisalltag gibt es Patienten, die keinen PASI/BSA > 10 erreichen, aber dennoch eine starke Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität haben, weil sensitive Areale der Haut von Läsionen betroffen sind. In solchen Fällen können ggf. die „Upgrade-Kriterien“ beachtet werden, die trotz niedrigem PASI und BSA die Klassifikation der Schuppenflechte als mittelschwer bis schwer zulassen [21], [22].

Dazu zählen:

  • Befall sichtbarer Körperregionen (Gesicht)
  • Psoriasis capitis
  • Genitalbefall
  • Befall der Handinnenflächen und Fußsohlen
  • Nagelbeteiligung mit Onycholyse oder Onychodystrophie von mehr als zwei Fingernägeln
  • starker Pruritus, der zum Kratzen führt
  • Bestehen von therapieresistenten einzelnen Plaques

Therapie

Für die Behandlung der Psoriasis vulgaris ist seit Februar 2021 die aktuelle Version der deutschen S3-Leitlinie verfügbar. Sie umfasst fast alle derzeit zugelassenen Therapieoptionen und gibt Hilfestellung bei besonderen klinischen Situationen und bei die Therapie beeinflussenden Begleiterkrankungen [21], [22]. Die Behandlung besteht aus Basisempfehlungen für alle Patienten und zusätzlich je nach Schweregrad aus topischen und/oder systemischen Therapien (Abb. 5).

Basistherapie

Eine Eigentherapie der Patientinnen und Patienten mit Feuchtigkeitsbehandlung und Entfernung der Schuppen vor der topischen Therapie ist wichtig. Zur Basistherapie nutzt man wirkstofffreie Salbengrundlagen sowie topische Zubereitungen von Harnstoff und Salicylsäure (jeweils 3–10 Prozent, verschreibungspflichtig).

Die Empfehlungen für die Eigentherapie lauten:

  • Tägliche Feuchtigkeitszufuhr mithilfe von Feuchtigkeitscremes und häufigen Ölbädern in den Alltag integrieren.
  • Die Entfernung der Schuppen ist eine Bedingung dafür, dass weitere lokale Therapiemaßnahmen wirken können.

Natürliche Sonnenstrahlung und Salzwasser- bzw. Meerwasserbäder haben bei den meisten Patientinnen und Patienten mit Psoriasis positive Wirkung. Dabei gilt es, Sonnenbrände zu vermeiden, da diese zur Verschlimmerung der Erkrankung beitragen können.

Leichte Psoriasis

Für die leichte Psoriasis kommen topische Wirkstoffe zum Einsatz [21]:

  • Calcineurininhibitoren (Tacrolimus und Pimecrolimus): nur erwägen bei Lokalisation im Gesicht, Intertrigines oder Genitoanalbereich (mittlere Evidenz).
  • Glukokortikoide: ab Klasse III zur Induktionstherapie bei leichter bis mittelschwerer Psoriasis (sehr hohe Evidenz), unter Abwägen der erhöhten Risiken auch mit Klasse IV (hohe Evidenz). Für das Risiko einer dermalen Atrophie durch eine Langzeitbehandlung fehlt es weiterhin an Beweisen.
  • Vitamin D und Analoga (unter anderem Calcipotriol und Calcitriol): zur Induktionsbehandlung bei leichter bis mittelschwerer Psoriasis (sehr hohe Evidenz); Kombination von Vitamin-D-Derivaten mit Kortikoiden zur Induktion (sehr hohe Evidenz).
  • Phototherapie: UV-B und PUVA (PUVA: Behandlung mit einem Lichtsensibilisator und nachfolgender Bestrahlung mit UV-A) zur Induktion bei großflächiger Erkrankung und mittelschwerer bis schwerer Psoriasis (sehr hohe Evidenz); UV-B als Phototherapie der ersten Wahl zur Induktion wegen geringeren Malignitätsrisikos und besserer Praktikabilität (hohe Evidenz). Wegen der Risiken durch die kumulative UV-Dosis nicht zur Langzeittherapie empfohlen.

Gemäß einem Cochrane-Review ist die Kombination aus Steroid plus Vitamin-D-Derivat wirksamer als jeder der Wirkstoffe allein [23].

Mittelschwere und schwere Psoriasis

Bei schwerer Psoriasis erfolgt eine Phototherapie (UV-B, PUVA oral oder Creme/Bade-PUVA) oder eine systemische Behandlung. Die Indikation zur Systemtherapie der Psoriasis sollte nur gestellt werden, wenn die klassischen externen Behandlungsmethoden ausreichend ausgeschöpft sind und durch diese externen Therapieansätze kein akzeptabler Hautzustand zu erreichen ist und lange (mehr als 2 Monate pro Jahr) Krankheitsperioden mit erheblichem Leidensdruck bestehen.

Für die Psoriasis zugelassene Medikamente sind [24]:

  • Fumarsäureester: günstige Nutzen-Risiko-Relation. Als Langzeittherapie geeignete Therapie. Die pharmakologischen Effekte der Fumarsäureester sind bis heute nicht ausreichend bekannt. Kombinationen mit anderen systemischen Antipsoriatika (wie MTX, Ciclosporin, Retinoide) sind nicht zu empfehlen. Laboruntersuchungen mit Blutbildkontrollen, Kontrolle der Leber- und Nierenfunktion sowie Urinstatus sind 4-wöchentlich notwendig.
  • Acitretin: Vitamin-A-Derivat, verursacht raschen Verlust der psoriatischen Schuppung. Klinische Erscheinungsfreiheit wird bei der Psoriasis vulgaris in nahezu 25 Prozent der Patienten erreicht. Lange Halbwertszeit (80–100 Tage) und Teratogenität reduzieren die Einsatzmöglichkeiten bei Frauen im gebärfähigen Alter. Eine Schwangerschaft muss unbedingt verhindert werden.
  • Ciclosporin A: Hohe Ansprechrate, Nephrotoxizität und mögliche Kanzerogenität in der Langzeittherapie sind bekannte Nebenwirkungen. Regelmäßige Laborkontrollen, insbesondere des Blut-, Leber-, und Nierenstatus, sind erforderlich.
  • Glukokortikoide: Nur sehr kurzfristig (2–3 Tage) bei hoher Schubaktivität einsetzbar, keine systemische Langzeitgabe.
  • Methotrexat (MTX): MTX hat einen gesicherten klinischen Effekt bei der mittelschweren und schweren Psoriasis vulgaris und ist gemäß der deutschen und der europäischen S3-Leitlinie geeignet.
    • Einphasentherapie: Wöchentliche einmalige Applikation von 7,5–25 mg MTX.
    • Akute Toxizität ist selten (ältere Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion). Initiale Applikation von 2,5 mg p. o. oder i. m.; nach 5–7 Tagen Kontrolle des Blutbilds; falls neutrophile Leukozyten unter Norm: Therapieabbruch.
    • Langzeitapplikation verursacht bei etwa 33 Prozent der Patienten Leberwertveränderungen. Regelmäßige Kontrollen der Blut-, Leber- und Nierenwerte (14-tägig) sind notwendig. Ebenso sind halbjährliche sonografische Leberuntersuchungen zu empfehlen.
  • Apremilast, orales Thalidomid-Analogon (Phosphodiesterase-4-Inhibitor)
  • Leflunomid ist zugelassen für die Therapie der Psoriasisarthritis.

Außerdem sind verschiedene Biologika für die Therapie der Psoriasis zugelassen (Tab. 3).

Deren Einsatz ist gerechtfertigt, wenn bisher andere für die Erkrankung etablierte und kostengünstigere Therapieformen sich entweder als unwirksam, nicht verfügbar, kontraindiziert erwiesen haben oder wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen nicht verabreicht werden konnten. Ein Patient sollte – unter Berücksichtigung der individuellen Kontraindikationen – vor Verordnung von Biologika das gesamte etablierte Therapiespektrum kostengünstigerer Behandlungsmaßnahmen bis zum Nachweis der mangelnden Wirksamkeit durchlaufen haben. In Einzelfällen ist aber auch der primäre Einsatz der für die Primärtherapie zugelassenen Biologika bei schwerstbetroffenen Patienten denkbar und durch Vereinbarungen zu bundesweiten Praxisbesonderheiten gedeckt.

Das minimale Therapieziel nach Beendigung der Induktionstherapie (in der Regel nach 10 bis 16 Wochen Behandlungszeit) sollte das Erreichen einer 75-prozentigen Verbesserung des PASI sein (PASI-75-Ansprechen). Alternativ wäre ein Minimalziel auch bei einer Reduktion des PASI um 50 Prozent erreicht, wenn gleichzeitig eine gute Lebensqualität erzielt werden konnte.

Auch auf Herz und Gefäße achten

Das erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei der Psoriasis ist nicht von der Hand zu weisen [20]. Insgesamt scheint die IL-17A-mediierte, chronische Hautentzündung bei schwerer Psoriasis zu einer Entzündung in der Gefäßwand zu führen.

Das erfordert einen interdisziplinären medizinischen Versorgungsansatz mit dermatologischer und hausärztlicher/kardiologischer Betreuung. Bei Psoriasis besteht selbst ohne klassisches kardiovaskuläres Risikoprofil ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.

Der exakte Mechanismus der Haut-Gefäß-Interaktion ist noch nicht abschließend geklärt. Eine adäquate Behandlung der Hautinflammation ist für die Reduktion des kardiovaskulären Risikos jedoch wesentlich. Verschiedene Surrogatmarker der Atherosklerose ließen sich unter effektiver antipsoriatischer Therapie (Biologika, Fumarsäure, MTX oder Cyclosporin) eindämmen [25].

Eine strikte Vermeidung weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren ist somit unbedingt nötig. Als behandelnder Hausarzt ist bei Menschen mit Psoriasis ähnlich wie bei Menschen mit Diabetes und anderen kardiovaskulären Risikopatienten eine adäquate Blutdruckeinstellung obligat (am besten inklusive Langzeitblutdruckmessung zur Kontrolle), zudem eine strikte Reduktion aller übrigen kardiovaskulären Risikofaktoren [26].

Der Psoriasispatient muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass eine adäquate Behandlung seiner Haut auch für die Reduktion seines kardiovaskulären Risikoprofils von zentraler Bedeutung ist. Gerade Psoriasispatienten in jungem Lebensalter sollten bei ersten Symptomen intensiv kardiologisch abgeklärt werden.

Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine Krankheit, die keinen Aufschub verträgt. Bei neu aufgetretenen Gelenkschwellungen sollte eine Diagnose deshalb innerhalb von 6 Wochen gesichert werden. Differenzialdiagnostisch zu unterscheiden ist die Arthrose als degenerative, nichtentzündliche Erkrankung des Knorpels eines Gelenks, die meist als physiologische Alterserscheinung auftritt. Erhöhte Belastungszustände in einem Gelenkabschnitt verstärken dabei das Risiko (beispielsweise Übergewicht, starke einseitige Belastung oder Gelenkfehlstellungen).

  • Die klinische Untersuchung sollte einen Ganzkörperstatus beinhalten.
  • Patienten mit einer aktiven RA weisen meist unspezifische serologische Entzündungszeichen (Blutsenkungsgeschwindigkeit, BSG; C-reaktives Protein, CRP) auf, die dann auch gut die Krankheitsaktivität widerspiegeln.
  • Spezifische Labortests, welche die Diagnose einer RA erhärten, sind Untersuchungen auf Antikörper gegen cyclische citrullinierte Peptide (ACPA) und auf IgM-Rheumafaktoren (RF). Antinukleäre Antikörper (ANA) werden wegen zu geringer Spezifität nicht empfohlen.

Validierte Instrumente zum Messen der Krankheitsaktivität

Zum Messen der Krankheitsaktivität stehen zwei validierte Instrumente zur Verfügung. Bei den ACR-Kriterien fließen ein: die Anzahl der schmerzempfindlichen Gelenke (von 68), Anzahl geschwollener Gelenke (von 66), Einstufung der Schmerzen durch den Patienten, Grad der Funktionseinschränkung, CRP-Wert, Gesamteinschätzung der Erkrankung durch den Patienten und die Gesamteinschätzung der Erkrankung durch den Arzt. Ein ACR-20-Ansprechen ist definiert als Reduzierung des Gelenkbefalls um 20 Prozent sowie Verbesserung um mindestens 20 Prozent von drei der weiteren fünf Beurteilungskriterien. Der DAS (Disease Activity Score) 28 ermittelt die Krankheitsaktivität über 28 Gelenke (Abb. 6).

Die Bildgebung über Röntgen ist nach wie vor erforderlich, Sonografie (Powerdoppler) und Kernspintomografie erfassen den Befall eines Gelenkabschnitts jedoch zu einem früheren Zeitpunkt. Neben Bildgebung und Labor wurden objektivierbare Kriterien entwickelt, die es ermöglichen, Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine manifeste RA mit Gelenkdestruktion zu entwickeln. Dies wird unter dem Begriff der „clinically suspect arthralgia“ (CSA) subsummiert (Kasten). Die CSA ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Komplex aus Symptomen und Zeichen.

Therapie

Die zielgerichtete Therapie (Treat-to-Target) ist heute das Therapiekonzept der RA von der Diagnose an. Ziel ist die Krankheitsremission gemessen mit einem validierten Instrument (Kasten). Alle Patienten sollen von der Diagnosestellung einer RA an mit DMARD (DMARD: Disease Modifying Anti Rheumatic Drug) behandelt werden, um eine Verzögerung der Krankheitsprogression zu erzielen und damit die Langzeitprognose zu verbessern [27] (Abb. 7). Zur Gruppe der DMARD gehören csDMARD (konventionelle synthetische DMARD), tsDMARD (zielgerichtete synthetische DMARD) und bDMARD (biologische DMARD) (Abb. 7).

Theoretisch sollten solche Patienten möglichst zeitnah einem Rheumatologen vorgestellt werden, organisatorisch stellt das aber eine besondere Herausforderung dar. Die Wartezeiten betragen bis zu 6 Monate. Um das therapeutische Fenster zu nutzen, sollte in solchen Fällen die Therapie vom Hausarzt initiiert und geführt werden. Die Krankheitsaktivität soll dabei regelmäßig erfasst und dokumentiert werden.

Unter den csDMARD in der Monotherapie ist MTX seitens der Wirksamkeit und Verträglichkeit zu bevorzugen. Als Starttherapie führt MTX in 20–30 Prozent der Fälle zu einer DAS-Remission. Bei zusätzlicher Verwendung von Kortikoiden kann nach 16 Wochen eine Remissionsrate von 74 Prozent, nach einem Jahr eine von 60,2 Prozent erreicht werden [28]. Das am zweithäufigsten verwendete csDMARD ist Leflunomid, gefolgt von Sulfasalazin und Cyclosporin A.

Eine ausführliche Aufklärung des Patienten zu MTX ist erforderlich, um eine möglichst hohe Therapiesicherheit und Therapieadhärenz zu erzielen [29]. Zusätzlich erfordert eine präferierte parenterale (überwiegend s. c.) Gabe von MTX eine intensive Anleitung und Beratung des Patienten. Der Patient sollte über beide Varianten intensiv beraten werden und es sollte eine gemeinsame Entscheidungsfindung zur Applikationsform vor Therapiebeginn und bei erforderlicher Therapieumstellung erfolgen.

Das notwendige Monitoring umfasst Differenzialblutbild, GPT, gGT, GFR:

  • vor Therapie
  • nach 2–3 Wochen
  • dann alle 3–4 Wochen
  • ab 4. Monat quartalsweise

Wenn das Ziel der Therapie, die Remission, nach spätestens 6 Monaten nicht erreicht ist, soll die Therapie angepasst werden. Bei Patienten, die nicht ausreichend auf eine csDMARD-Therapie ansprechen, ist ein biologisches bDMARD oder ein zielgerichtetes synthetisches tsDMARD als Kombinationspartner in der Eskalation der Therapie der nächste Schritt. Spätestens jetzt sollte der Rheumatologe hinzugezogen werden. Neben den vier Original Biologika (boDMARDs) sind mittlerweile auch eine Reihe von Biosimilars (bsDMARDS) für die Therapie der RA zugelassen (Tab. 4).

Neben der Prüfung bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit der Biosimilars im Vergleich zu den Referenzpräparaten wurden Studien zur Vergleichbarkeit einzelner Biosimilars untereinander durchgeführt. Die Sicherheit bzw. die unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) der Arzneimittel waren in allen Therapiearmen über den gesamten Zeitraum vergleichbar. UAW waren Pyelonephritis, Urtikaria, Appendizitis, septische Arthritis und Bronchitis. Auch die Antikörperbildung gegen die Biologika war in den Vergleichsgruppen identisch [30].

Nichtmedikamentöse Therapie

Über die Jahre ist eine Remission nur in weniger als der Hälfte der Betroffenen zu erwarten, weswegen ein rasches und effektives Management der Erkrankung notwendig ist. Die Physiotherapie ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von RA-Patienten, auch mit ERA (early RA). Zentrale Elemente der Physiotherapie sind Sport- bzw. Bewegungsprogramme und physikalische Therapie, bei denen die Behandlung individuell auf die jeweilige Situation des Patienten angepasst wird. Sind Handfunktionen betroffen, ist eine gezielte Ergotherapie anzuraten, um Alltagsaktivitäten einschließlich der beruflichen Tätigkeit wieder ausüben zu können [28].

Die Deutsche Rheuma-Liga hat zusammen mit anderen Institutionen und Experten ein spezielles Bewegungstraining entwickelt, das seit vielen Jahren erfolgreich angeboten wird: das Funktionstraining aktiv-hoch-r (www.rheuma-liga.de/angebote/aktiv-hoch-r). Es bietet speziell auf die Situation abgestimmte Bewegungs- und Trainingseinheiten und ist als Präventionskurs bei den Krankenkassen zugelassen. Zu jeder Kurseinheit gehört neben der Bewegungspraxis ein Informationsteil.

Sie erfahren:

  • wie man ein Bewegungstraining sinnvoll aufbaut und durchführt
  • welche Effekte mit welchen Übungen erreicht werden können
  • wie Kraft- und Ausdauerübung individuell dosiert werden
  • wie Betroffene Strategien entwickeln können, um Bewegung und körperliche Aktivität in ihren Alltag einzubauen

Patientenschulungsprogramme, die unter anderem auch von der Rheuma-Liga angeboten werden, sollen den Betroffenen Hilfestellungen zur Krankheitsbewältigung geben.

Medikamentensicherheit

Das Spektrum der UAW von Biologika unterscheidet sich von dem klassischer, niedermolekularer Wirkstoffe. Besonderheiten sind ihre Herkunft (nicht körpereigene Proteine), Molekülgröße (Proteine) und ihr Wirkmechanismus (Beeinflussung des Immunsystems) [31].
Biologika bergen per se aufgrund der biotechnologischen Herstellung kein Infektionsrisiko, können aber akute immunvermittelte Reaktionen hervorrufen. Im Einzelnen können folgende UAW auftreten:

  • akute Infusionsreaktionen: treten typischerweise bei oder nach der ersten Anwendung auf
  • akute und massive Freisetzung von Zytokinen
  • Autoantikörper
  • autoimmunartige Syndrome
  • neurologische Störungen („multiple Sklerose-artige“ Syndrome)
  • Herzinsuffizienz: es kann zur Verschlechterung einer vorbestehenden Herzinsuffizienz kommen

In der Akutphase sind das vor allem Zytokinfreisetzungssyndrom („cytokine release syndrome”, CRS) und Hypersensitivität [32]. Die Hypersensitivitätsreaktionen werden eingeteilt in frühe (während der Infusion und bis 1 Stunde nach Infusion) und verzögerte Reaktionen (> 1 Stunde bis einige Tage). Aufgrund des unterschiedlichen Wirkmechanismus werden die Akutreaktionen in IgE- und nicht-IgE-vermittelte Reaktionen eingeteilt [32].

Die Immunogenität der Biologika kann auch langfristige klinische Konsequenzen haben. Dazu gehört eine veränderte Wirksamkeit bei dauerhaft hohen Spiegeln neutralisierender Antikörper. Das kann die Wirksamkeit aller Produkte der gleichen Klasse verringern. Neben allgemeinen Immunreaktionen (allergische Reaktionen) kann es auch zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen wie der Induktion von Autoantikörpern (antinukleäre Antikörper, Antikörper gegen Doppelstrang-DNA) und bis hin zu Autoimmunerkrankungen mit Ähnlichkeit zum systemischen Lupus erythematodes („lupus-like syndrome“) [2].

Zu den weiteren Risiken, die grundsätzlich mit Biologika verbunden sind, zählen erhöhtes Infektionsrisiko, Entwicklung von Neoplasien wie zum Beispiel nichtmelanomatösem Hautkrebs, Verschlechterung von Grunderkrankungen bzw. Reaktivierung latenter Erkrankungen sowie hämatologische Störungen.

Infektionen und Impfungen

Allen in der Therapie der Psoriasis und der RA verwendeten Biologika ist gemeinsam, dass sie supprimierend in das Immunsystem eingreifen. Patienten werden also in einen immunsupprimierten Status versetzt. Aus den in klinischen Studien dokumentierten unerwünschten Ereignissen stechen allgemeine und opportunistische Infektionen als häufigstes Problem hervor [33].

In einer großen Cochrane-Analyse verschiedener Biologika konnte gezeigt werden, dass bei Einsatz der Biologika mit einem erhöhten Infektionsrisiko zu rechnen ist (Hazard Ratio (HR) 1,37; 95 %-KI 1,04–1,82). Das relative Risiko einer schweren Infektion hängt dabei stark von der einzelnen Substanz ab [34]. Relevant ist zudem, ob und in welcher Dosis gleichzeitig mit Kortikosteroiden behandelt wird. Infektionen unter einer Biologikatherapie rheumatischer Erkrankungen treten meist innerhalb der ersten 3 Monate auf und werden danach seltener beobachtet [32].

Unter Behandlung mit IL-6-Rezeptor-Blockern sind messbare Nebenwirkungen häufig (bis zu 80 Prozent), vor allem Infektionen (5 Prozent) der oberen Atemwege, akute Divertikulitiden mit dem Risiko der Darmperforation. Unter Behandlung mit TNFα-Inhibitoren sind vor allem auch atypische Infektionen prägend (unter anderem atypische Erreger wie Candida und Aspergillus). Das Risiko der Reaktivierung einer Tuberkulose ist fast verdoppelt (Odds Ratio (OR) 1,92; 95 %-KI 0,92–4,03). Daher sollte jeder Patient bereits vor Start einer anti-TNFα-Therapie auf eine latente Tuberkulose gescreent werden [32].

Mit zunehmendem Alter der Patienten und der damit einhergehenden Immunoseneszenz muss nicht nur mit gehäuftem Auftreten, sondern auch mit schwereren Verläufen von Infektionen gerechnet werden [33]. Die Hazard Ratio für das Auftreten einer Infektion liegt für die über 60-Jährigen bei 1,6 und für die über 80-Jährigen bei 2,4.

Das genaue Infektionsrisiko hängt jeweils vom Wirkmechanismus ab. Biologika gegen IL-17A oder seinen Rezeptor begünstigen Candidainfektionen, anti-TNF-Therapien sind in Zusammenhang mit Tuberkulose besonders problematisch, da sie zur Auflösung der Granulome und Dissemination des Bakteriums führen können. Diese Risiken sollten auch bedacht werden, wenn Patienten unter Biologikatherapie Fernreisen planen.

Vor Beginn jeder immunsupprimierenden Therapie sollten der Impfstatus überprüft und fehlende Impfungen nachgeholt oder aufgefrischt werden. Lebendimpfstoffe sind unter allen immunsupprimierenden Therapien gefährlich und daher kontraindiziert. Lässt sich eine Lebendimpfung nicht vermeiden, so muss das Biologikum oder auch jedes andere DMARD oder Steroid pausiert werden.

Der dabei einzuhaltende Sicherheitsabstand ist von Präparat zu Präparat verschieden. Covid-19-, Pneumokokken- und Influenzaimpfung werden explizit empfohlen, können ggf. aber weniger wirksam sein. Sie sollen in der Mitte des Intervalls zwischen zwei Injektionen verabreicht werden. Die UAW von immunmodulatorischen Therapeutika sind in der Tabelle zusammengefasst [35] (Tab. 5).

Malignome

Das Risiko für Malignome wird kontrovers diskutiert. Metaanalysen und Daten aus den Biologika-Registern sprechen nicht dafür, dass durch den Einsatz von Biologika ein signifikant erhöhtes Neoplasierisiko besteht [34]. Für Hauttumoren (NMSC [non-melanoma skin cancer], eventuell aber auch für Melanome) kann ein leicht erhöhtes Risiko durch eine anti-TNF-Therapie nicht ausgeschlossen werden. Die Rezidivrate von Neoplasien ist unter TNF-Inhibitoren nicht signifikant erhöht [34]. Für den JAK-Hemmer Tofacitinib ist ein erhöhtes Risiko von Krebserkrankungen bei Patienten mit RA beschrieben [35].

Literatur

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CME-Infos

Diese Fortbildung ist gültig vom 4. September 2024 bis 4. September 2025

VNR: 2760909013819450018

Stand: August 2024

Autoren: Dr. Reinhard Merz (Interessenkonflikte: keine), Dr. Ulrich Scharmer (Interessenkonflikte: keine)

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