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Serie "EKG in der Hausarztpraxis"Belastungsdyspnoe und Schwindel

Im Oberflächen-EKG ist die Differenzialdiagnose von Sinusknoten-Dysfunktionen nicht ganz einfach. Wie sollten Sie bei betroffenen Patienten vorgehen? Tipps finden sich im neuen Teil unserer Serie "EKG in der Hausarztpraxis".

Erkrankungen des Sinusknotens können sich in Schwindel, Leistungsschwäche und Synkopen bemerkbar machen.

Der 64-jährige Herr T.* verspürt seit Wochen eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit, Leistungseinschränkung und Belastungsdyspnoe. Er ist übergewichtig (BMI: 34 kg/m2) und nimmt aufgrund einer arteriellen Hypertonie eine antihypertensive Dreifach-Medikation ein.

Ein Besuch im Schlaflabor hatte ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) ergeben; vor Kurzem erfolgte die Einstellung auf eine nächtliche CPAP-Therapie. An einem Vormittag kommt er schließlich in die Hausarztpraxis, da er morgens nach dem Aufstehen erstmalig einen ausgeprägten Schwindel bemerkt hat. Sie schreiben ein EKG (s. Abb.1 unten).

EKG-Befund

Die Herzfrequenz ist in diesem EKG deutlich bradykard mit 40/min. Es sind keine P-Wellen sichtbar, die R-R-Abstände sind gleich, der QRS-Komplex ist schmal. Die R-Progression ist verzögert. Zusätzlich fallen präterminale T-Negativierungen in I und aVL sowie deszendierende ST-Streckensenkungen in V5 und angedeutet in V6 auf.

Die zugrunde liegende Pathologie ist ein sinuatrialer Block Grad III bzw. ein Sinusknotenstillstand. Beide Entitäten sind im Oberflächen-EKG nicht voneinander zu unterscheiden. Der schmale QRS-Komplex weist auf einen hohen junktionalen Ersatzrhythmus hin.

Die Erregungsrückbildungsstörungen können entweder Ausdruck einer relativen myokardialen Ischämie im Rahmen der Bradykardie oder einer zusätzlichen Ischämie bei koronarer Herzerkrankung sein.

Definition und Symptomatik

Für Erkrankungen des Sinusknotens gibt es verschiedene Bezeichnungen: Sinusknoten-Syndrom, Sick-Sinus-Syndrom, Sinusknoten-Dysfunktion, Sinusknotenerkrankung, sinuatriale Erkrankung, Bradykardie-Tachykardie-Syndrom.

Eine Funktionsstörung des Sinusknotens ist meist eine Erkrankung des gesamten Erregungsbildungs- und -leitungssystems. Diese Erkrankung äußert sich deshalb oft nicht nur am Sinusknoten, sondern auch an den anderen Erregungsbildungs- und Leitungsstrukturen wie dem AV-Knoten oder den Tawara-Schenkeln. So erklärt sich auch die häufige Koinzidenz einer Sinusknoten-Erkrankung mit einem AV- oder Schenkelblock.

Die klinische Symptomatik entsteht durch hämodynamisch relevante Bradykardien. Patienten leiden typischerweise unter Schwindel, Leistungsschwäche und Synkopen, teilweise auch mit vegetativer Begleitsymptomatik und/oder Angina Pectoris. Sinusknoten-Dysfunktionen können intermittierend auftreten oder permanent vorhanden sein.

Differenzialdiagnose im EKG

Im Gegensatz zum AV-Block ist die Differenzialdiagnose der Sinusknoten-Dysfunktionen im Oberflächen-EKG nicht ganz einfach, weil die Depolarisation des Sinusknotens selbst nicht sichtbar ist. Die einzigen sichtbaren Indizien sind das Fehlen der P-Welle oder variable P-P-Abstände.

Die Voraussetzung für die Entstehung einer P-Welle ist sowohl die Depolarisation des Sinusknotens als auch die erfolgreiche Weiterleitung der Erregung in das Vorhofmyokard. Fehlt die P-Welle, besteht also entweder eine Störung der Depolarisation des Sinusknotens oder eine Überleitungsstörung vom Sinusknoten zum Vorhof (siehe Abb. 2 unten).

Die Überleitungsstörung vom Sinusknoten zum Vorhof-Myokard wird Sinusknotenblock bzw. sinuatrialer Block (SA-Block) genannt. Der SA-Block wird genauso wie der AV-Block in drei Grade eingeteilt, die sich vom pathophysiologischen Konzept her entsprechen, im EKG aber ganz verschieden darstellen.

  1. Der SA-Block Grad I ist im Oberflächen-EKG nicht sichtbar und hat im Alltag in der Regel keine Relevanz. Eine theoretisch als Folge eines erstgradigen SA-Blocks auftretende Bradykardie wird in der Regel durch das vegetative Nervensystem kompensiert.
  2. Der SA-Block Grad II Typ 1 beschreibt eine Erregungsverzögerung vom Sinusknoten zum Vorhofmyokard, die mit jeder Depolarisation des Sinusknotens zunimmt. Am Ende eines Zyklus fällt die Überleitung einmal komplett aus. Im Oberflächen-EKG lässt sich die Verzögerung zwischen Erregung des Sinusknotens und des Vorhofmyokards nicht darstellen. Ein im Oberflächen-EKG sichtbarer Marker wie die bei der Diagnose des AV-Blocks hilfreiche P-Welle fehlt. Paradoxerweise verkürzt sich der P-P-Abstand mit jeder Erregung. Das liegt daran, dass die Verzögerung der Überleitung zwischen Sinusknoten und Vorhofmyokard zwar mit jeder Sinusdepolarisation zunimmt, der Zuwachs dieser Verzögerung jedoch jedes Mal geringer wird. Leider ist diese Periodik im EKG nur selten gut erkennbar.
  3. Der SA-Block Grad II Typ 2 präsentiert sich normalerweise als Sinusbradykardie. Die SA-Erregungsleitung fällt in einem festen Verhältnis aus. Es wird also beispielsweise nur jede zweite, dritte oder x-te Erregung weitergeleitet. Dabei halbiert, drittelt oder x-telt sich entsprechend der Grundrhythmus. Da der Körper aufgrund der Bradykardie-induzierten Minderperfusion und Hypotonie normalerweise sympathikoton gegenreguliert und damit die Sinusknotenfrequenz erhöht, kann mit dem Oberflächen-EKG nicht diagnostiziert werden, welche Überleitung in den Vorhof aktuell stattfindet. Sinken die Frequenzen unter die spontane Depolarisationsfrequenz der sekundären Schrittmacherzentren ab, übernimmt typischerweise ein junktionaler Ersatzrhythmus. In diesem Fall ist eine Differenzierung zwischen dem SA-Block zweiten und dritten Grades nicht mehr möglich.
  4. Beim SA-Block Grad III fehlen die P-Wellen komplett. Beim ansonsten gesunden Herzen übernimmt in der Regel ein hoher AV-junktionaler Ersatzrhythmus mit schmalem QRS-Komplex. Ist der AV-Knoten ebenfalls erkrankt und fehlt ein junktionaler Rhythmus, kann auch ein tertiäres Schrittmacherzentrum, das heißt in der Regel ein ventrikulärer Ersatzrhythmus, aktiv werden.

Wie diagnostisch vorgehen?

Nach einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung ist die wichtigste Maßnahme im Falle einer nur im EKG festgestellten Bradykardie die eindeutige zeitliche Korrelation mit einer typischen Symptomatik.

Durch wiederholte EKG, Langzeit-EKG, Wearables oder implantierbare Ereignisrekorder kann eine symptomatische Bradykardie diagnostiziert werden, jedoch nur mit Unterstützung durch die Patientinnen und Patienten in Form von minutengenauer Dokumentation.

Die sogenannte chronotrope Inkompetenz ist durch einen fehlenden Frequenzanstieg unter Belastung gekennzeichnet und ist eine typische Ursache für eine eingeschränkte Belastbarkeit oder Symptome einer Herzinsuffizienz. Diagnostikum der Wahl ist hier die Ergometrie.

Die EKG-Symptom-Korrelation ist vor allem bei Sinusknotenerkrankungen wichtig, da diese in der Regel prognostisch weniger relevant sind als höhergradige AV-Blöcke.

Ein typischer Risikofaktor für eine Sinusknoten-Dysfunktion ist eine arterielle Hypertonie. Eine entsprechende Diagnostik ist Pflicht. Zudem sollte ein Carotis-Sinus-Syndrom (CSS) ausgeschlossen werden. Hier ist besonders die Anamnese (wie Synkopen nach Kopfdrehung oder beim Rasieren) wegweisend.

Die Carotis-Sinus-Massage (CSM) als beweisender Test für ein CSS wird aufgrund potenzieller ischämischer Schlaganfälle durch Plaque-Mobilisierung kritisch gesehen. Vor einer geplanten CSM wird eine Duplexsonografie der hirnversorgenden Arterien empfohlen.

Patienten mit Schlafapnoe-Syndrom weisen während der Apnoe-Episoden eine höhere Prävalenz von schlafbezogenen Bradykardien auf. Entscheidender Mechanismus ist die Hypoxämie, die unter anderem zu einem erhöhten Vagotonus und so zur Bradykardie führt. Ein Screening auf schlafbezogene Atemstörungen ist daher bei Bradykardien eine sinnvolle Strategie.

Selten können auch Koronarischämien Auslöser von Bradykardien sein. Die Sinusknotenarterie ist ein kleiner Seitenast der rechten Kranzarterie (RCA), der üblicherweise kurz nach dem Ostium abgeht.

Im Rahmen eines akuten Myokardinfarkts mit Verschluss der proximalen RCA sind Bradykardien häufig und meist nach Revaskularisation reversibel. Eine koronare Herzerkrankung sollte bei Bradykardie mit zusätzlich passender Symptomatik wie Angina Pectoris ausgeschlossen werden.

Bei Herrn T. entscheiden Sie sich aufgrund der ausgeprägten Symptomatik mit zuletzt auch Schwindel zunächst für eine stationäre Abklärung.

Therapie

Klassischerweise können Bradykardien als Nebenwirkung bestimmter Medikamente entstehen. Vor allem bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern kommen Betablocker und andere Antiarrhythmika mit dem Ziel einer Frequenzkontrolle zum Einsatz.

Da Betablocker auch als Antihypertensivum eingesetzt werden, gehören sie zu den häufigsten Ursachen iatrogener Bradykardien. Die Liste der Medikamente mit potenziellen bradykarden Nebenwirkungen ist lang und umfasst neben den meisten Antiarrhythmika unter anderem auch Stoffklassen aus den psychotropen Medikamenten und Chemotherapeutika.

Die erste Therapiemaßnahme bei symptomatischer Bradykardie sollte daher das Absetzen oder eine Dosisreduktion bradykardisierender Medikamente sein.

Im Falle einer ausgeprägten Symptomatik und bei ausbleibender Besserung nach Anpassung der bradykardisierenden Medikation bleibt die Therapieoption der Implantation eines Herzschrittmachers. Grundsätzlich stellt sich bei Sinusknoten-Dysfunktionen jedoch die Frage, ob überhaupt eine Therapie notwendig ist, da bisher noch keine einzige Studie einen prognostischen Vorteil für eine Schrittmachertherapie belegen konnte.

Wichtigstes Kriterium ist eine eindeutig assoziierte Symptomatik wie Synkopen, alltagsrelevanter Schwindel oder eine ausgeprägte Leistungseinschränkung.

Und was ist mit Herrn T.?

Herr T. präsentiert sich mit einer eindeutigen EKG-Symptom-Korrelation. Eine reversible Ursache besteht nicht, da durch die OSAS-bedingten Hypoxie-Episoden in der Regel eine irreversible Fibrose der Atrien und damit des Sinusknotens entstanden ist.

Die Konsequenz ist die Empfehlung zur Implantation eines Herzschrittmachers. Aufgrund der häufigen Assoziation von AV-Knoten-Erkrankungen wird ein Zweikammer-System mit je einer Sonde im Atrium und im rechten Ventrikel bevorzugt.

Interessenkonflikte: Der Autor ist Gründer und Geschäftsführer der Doctopia GmbH.

Literatur:

Glikson M et al. 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. Eur Heart J. 2021 Sep 14;42(35):3427-3520.

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