© 4x6 - stock.adobe.com Hinter den "Rauchenden Köpfen" stecken vier Praxiserfahrene, die sich unermüdlich dafür einsetzen, die Bürokratie im Praxisalltag zu minimieren: Dr. Sabine Frohnes, Dr. Christoph Claus, Timo Schumacher und Moritz Eckert.
Die Werte unterscheiden sich nach Fachgruppe erheblich: Psychiater haben laut KBV eine untere Grenze von 0 Euro, eine obere von 0,30 Euro, bekommen aber auch nur einen Bonus von 3 Punkten pro Patient (bei 1.000 Scheinen etwa 345 Euro). Hämato-/Onkologen dürfen 10,90 Euro als untere Grenze und 30,50 Euro als obere annehmen, sie erhalten einen Bonus von maximal 23 Punkten/Fall (bei 1.000 Scheinen 2.643 Euro).
Bonus in zwei Beispielpraxen
Praxis Mittelprächtig hat Laborleistungen in Höhe von 2.800 Euro erbracht, im Quartal wurden 1.000 Versicherte betreut. Der durchschnittliche “Labor-Fallwert” beträgt also 2,80 Euro. Damit liegt die Praxis über dem unteren, aber noch unter dem oberen begrenzenden Fallwert. Sie bekäme einen anteiligen Bonus von 993,44 Euro.
Praxis Sparsam hat bei gleicher Fallzahl nur Kosten von 1.552 Euro veranlasst, damit liegt ihr Labor-Fallwert bei 1,55 Euro und unter der unteren Grenze. Also bekommt sie den vollen Bonus.
Grob geschätzt kann man sagen: Sobald man über der unteren Grenze liegt, verliert man mit jeder Laborleistung ungefähr so viel Bonus, wie diese kostet. Würde Praxis Mittelprächtig 200 Euro mehr an Labor veranlassen, bekämen sie nur noch etwa 790 Euro gezahlt.
5 Grundregeln fürs Labor
Tragen Sie immer alle zutreffenden Labor-Ausnahmeziffern ein, ggf. auch mehrere pro Patientin/Patient!
2. Die Ziffer muss nur in der eigenen Abrechnung eingetragen werden (nicht wie früher ans Labor übermitteln).
Die kodierte Diagnose muss zur Ausnahmekennziffer passen. Fehlt diese, kann es sein, dass die Ziffer nicht anerkannt wird.
Bei präventiven Laborleistungen (GU-Labor) muss dies entsprechend gekennzeichnet werden, damit die Ziffern nicht ins Budget fallen (auf Muster 10A “präventiv” ankreuzen; falls Sie “order entry” benutzen, fragen Sie ggf. Ihr Labor, wie das geht).
Eine Ausnahmeziffer, die für diese Person korrekt ist, darf auch angesetzt werden, wenn in diesem Quartal gar kein Labor veranlasst wird. Tipp: Nutzen Sie patientenspezifische Vorschlagsziffern, sofern Ihre Praxissoftware dies zulässt, und setzen Sie die “Dauerziffern” (z.B. Diabetes, Antikoagulation etc.) am besten gleich am Anfang des Quartals an.
Übrigens: Jeder Euro im Gesundheitswesen kann nur einmal ausgegeben werden. Auch wem der Bonus egal ist, sollte nicht sinnlose Labororgien veranstalten, da die Kosten im Vorwegabzug aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) entnommen werden und somit bei hohen Laborkosten die hausärztlichen Honorare sinken.
Wichtig: In die obigen Rechnungen gehen aber nicht alle veranlassten Laborleistungen ein. Einige können Sie mit Laborausnahmeziffern “unschädlich” machen. Sie werden dann nicht in die Summen einbezogen. Im Gegensatz zu früher zählen die Behandlungsfälle mit Laborausnahmeziffern aber weiter in die Berechnung des Bonus hinein!
Merke: Eine Laborausnahmeziffer schadet also in keinem Fall (außer man setzt in großem Maßstab Ziffern unrichtig an und erweckt somit Verdacht auf Abrechnungsbetrug).
Wichtig zu wissen ist aber auch: Jede Kennziffer “befreit” nur bestimmte Werte, das heißt, wenn Sie bei einem Patienten weitere Laborwerte bestimmen lassen, die nicht unter die Ausnahmeziffer fallen, die Sie angesetzt haben, so werden diese voll auf das “Budget” angerechnet und schmälern Ihre Chance auf den Bonus.
Dies ist deshalb wichtig zu erwähnen, weil es “früher” anders war: Die Ziffern haben damals den jeweiligen Behandlungsfall mit allen dazugehörigen Laborwerten aus der Berechnung herausgenommen, gleichzeitig zählte der Patient aber auch nicht bei der Berechnung des Bonus dazu, für ihn bekam man also auch nichts. Dies ist seit 2017 anders.
Ebenfalls geändert wurde damals, dass nicht mehr nach Rentnerinnen und Rentner sowie Allgemeinversicherten unterschieden wird.
Welche Ausnahmeziffern gibt es?
32004 : Diagnostik zur Bestimmung der notwendigen Dauer, Dosierung und Art eines Antibiotikums vor Therapiebeginn oder erneuter Verordnung bei persistierender Symptomatik
32005 : Spezifische antivirale Therapie der chronischen viralen Hepatitiden
32006 : Verdacht auf/Erkrankungen mit gesetzlicher Meldepflicht; Mukoviszidose
32007 : Schwangerschaftsvorsorge bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit-/Weiterbehandlung
32008 : Anfallsleiden unter Antiepileptika; Psychosen unter Clozapin
32009 : allergische Erkrankungen bei Kindern bis sechs Jahre
32011 : Therapie der hereditären Thrombophilie, des Antiphospholipidsyndroms oder der Hämophilie
32012 : Erkrankungen unter Krebstherapie (antineoplastisch, systemische Zytostatika, Bestrahlung)
32014 : Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger
32015 : orale Antikoagulanzien
32017 : Manifeste angeborene Stoffwechsel- und/oder endokrinologische Erkrankungen bis 18 Jahre
32018 : chronische Niereninsuffizienz mit einer endogenen Kreatinin Clearance < 25 ml/min
32020 : HLA-Diagnostik vor einer Organ-, Gewebe- oder hämatopoetischen Stammzelltransplantation und/oder immunsuppressive Therapie nach erfolgter Transplantation
32021 : Therapiebedürftige HIV-Infektion
32022 : manifester Diabetes mellitus
32023 : Rheumatoide Arthritis (PCP) samt Sonderformen und Kollagenosen unter immunsuppressiver oder -modulierender Therapie
32024 : Erkrankungen oder Verdacht auf prä- oder perinatale Infektionen
© Der Hausarzt Beispiele für hausärztlich relevante Ausnahmeziffern (Auszug)
Das wird “befreit”
Welche Laborleistungen werden durch die Ausnahmeziffern befreit? Das ist oft unübersichtlich! Daher haben die “Rauchenden Köpfe” hierzu einen Labor-Spicker erstellt (siehe Kasten am Anfang dieses Artikels).
Dieser führt in einer Spalte mögliche Laborleistungen auf. In der jeweiligen Zeile der Leistungen kennzeichnet ein Punkt, welche Ausnahmeziffer infrage kommt. Orange sind Laborleistungen, die in hausärztlichen Praxen oft vorkommen.
Grundsätzlich nicht das “Budget” belasten präventive Laborwerte wie GU-Labor (Lipidprofil, BZ, Urin), Hepatitis-B/C-Screening, präventiver iFOBT, Covid-Antigentest und PCR sowie Werte der Schwangerenvorsorge und Empfängnisregelung.
Interessant für Hausarztpraxen: Der Varizellen–Titer IgG bei Kinderwunsch ist nach 01833 EBM (12,18 Euro) nicht budget-relevant. Klären Sie mit dem Labor, wie Sie dies anfordern müssen.
Warum bei rheumatologischen Erkrankungen die diagnostischen Werte wie CCP-AK befreit werden, die man bei Krankheitsverdacht bestimmt, die Ausnahmeziffer 32023 aber nur bei gesicherter Diagnose unter Therapie angesetzt werden kann, erscheint nicht logisch, ebenfalls, dass unter Therapie der CRP-Wert nicht unter den befreiten Werten zu finden ist.
32004 wird oft vergessen
Eine aus unserer Erfahrung oft vergessene Ausnahmeziffer ist die 32004 zur “Planung einer Antibiotikatherapie”. Diese ist nämlich für mikrobiologische Abstriche und zum Beispiel Urinkulturen wirksam – diese würde man ja nicht veranlassen, wenn man daraus nicht Rückschlüsse für die Entscheidung über eine antibiotische Behandlung ziehen würde.
Wichtig: Denken Sie hier regelhaft daran, diese anzusetzen! Ein Suchlauf für die 32004 bei der Quartalsabrechnung lohnt sich, da diese Untersuchungen in der Regel teuer sind und Ihr Laborbudget schnell sprengen!
Tipp: Suchen Sie also nach Patientinnen und Patienten, die in der Kartei entsprechende Einträge haben (z.B. vom Labor hinterlegt), aber keine Ziffer 32004 angesetzt ist. Details, wie Sie die Suche einrichten, hängen von Ihrer Praxissoftware und ggf. Ihrem Labor ab.
Das Hepatitis-Screening ab 35 Jahren, einmal im Leben, präventiv auf Hepatitis B und C veranlasst, belastet das Laborbudget nicht.
Merke : Sollten hier jedoch auffällige Werte bestimmt werden und weitere Diagnostik folgen, sind diese Werte nicht mehr präventiv, sondern kurativ/diagnostisch. In diesen Fällen sollten Sie unbedingt daran denken, die Ausnahmeziffer 32006 anzusetzen (Verdacht auf meldepflichtige Erkrankung).