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Editorial HA 04/2022Im Strudel der Bürokratie

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Thema Entbürokratisierung ist fast so alt wie der Hausarztberuf selbst. Für mich war es einer der zentralen Gründe, weswegen ich vor vielen Jahren beschlossen habe, mich berufspolitisch zu engagieren.

Einige wichtige Erfolge konnten wir in der Vergangenheit durchaus erzielen. So konnten wir beispielsweise in der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) den Dokumentationsaufwand durch die Einführung von Pauschalen deutlich reduzieren. In anderen Bereichen hat man hingegen das Gefühl, dass die Situation eher schlimmer als besser geworden ist.

Bestes Beispiel hierfür ist die Pandemie (siehe Artikel “Statt Entlastung mehr Bürokratie“). In einer Zeit, in der die Hausarztpraxen noch stärker als sonst gefordert sind, würde man meinen, dass Politik und Selbstverwaltung alles dafür tun, den Hausärztinnen und Hausärzten so viel Zeit wie möglich für ihre Patienten freizuschaufeln. Leider ist das Gegenteil der Fall!

Für die Impfungen, von denen wir in den vergangenen Monaten Dutzende Millionen verabreicht haben, gibt es inzwischen über 30 Ziffern für die Abrechnung und Dokumentation. Allein die Übersicht mit den Hinweisen zu den Regelungen rund um die Corona-Testungen in den Praxen umfasst 12 Seiten!

Wer die Hoffnung hatte, dass die Telematikinfrastruktur (TI) helfen würde, die Bürokratie in den Griff zu bekommen, wurde leider bitter enttäuscht. Bisher entpuppt sie sich vielmehr als weiterer Bürokratie-Treiber. Es scheint das Motto zu gelten: Wir bekämpfen die Bürokratie und dafür gibt es ein neues Formular.

Zusätzlich werden den Praxen in dieser kritischen Zeit auch noch die Kodierrichtlinien aufgehalst, die einige AiS-Anbieter zu Jahresbeginn implementiert haben. Die übrigen müssen laut Gesetz bis spätestens 30. Juni nachziehen. Erste Erfahrungen zeigen, dass das den Aufwand, gerade bei der Dokumentation der Dauerdiagnosen, noch einmal erhöht (siehe Artikel “Erste Hilfe zur KBV-Kodierunterstützung“).

Wenn die Kodierrichtlinien so wichtig sind, dass man meint, sie mitten in der Pandemie einführen zu müssen, dann soll man gleichzeitig auch sagen, welche bürokratischen Regelungen abgeschafft werden, um an anderer Stelle die Zeit wieder einzusparen. Die Auswahl ist ja groß genug.

Mit kollegialen Grüßen

Ulrich Weigeldt

Bundesvorsitzender Deutscher Hausärzteverband e. V.

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