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ImpfungSkeptische Patienten mit Evidenz überzeugen

Ganz gleich, ob eine Impfung oder eine vorgeschlagene Therapie: Oft begegnen Hausärztinnen und Hausärzte in ihrer Sprechstunde Skeptikern. Wie kann das Gespräch gelingen? Vier Tipps von Kollegen.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, Skepsis die Grundlage aller Wissenschaft. Sehen Patientinnen und Patienten Informationen kritisch, findet Hausarzt Petros Tsompanis das deshalb grundsätzlich begrüßenswert, “solange sie rationalen Argumenten zugänglich sind”.

Impfskeptiker zum Beispiel kläre er umfassend auf, sagt der Kölner Allgemeinmediziner. Direkt im Sprechzimmer überzeugen ließen sich diese Patienten zwar nicht. “Das ist aber auch nicht notwendig.”

Gleiches gelte für Menschen, die Diagnostik und Therapie einer Erkrankung zunächst nicht oder nur schwer akzeptieren wollten. Petros Tsompanis setzt auf langfristige Erkenntnis. Evidenz und wissenschaftlich untermauerte Fakten aufzuzeigen, überzeuge diese Patienten in aller Regel von den Erfolgsaussichten einer vorgeschlagenen Therapie.

Tipp 1: Die Evidenzlage jeder Diagnostik, Therapie oder Impfung hervorheben und betonen, dass das Risiko der Krankheit das Risiko der Therapie bzw. Impfung übersteigt.

Hausarzt als wichtiger Ratgeber

Das Wort der Hausärztin oder des Hausarztes hat Gewicht. “Wir Hausärzte sind Vertrauenspersonen”, sagt Dr. Eckhard Starke, Hausarzt in Offenbach und Vorsitzender der KV Hessen.

91 Prozent der Patienten gaben in der Versichertenumfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus dem Jahr 2019 an, ein gutes oder sehr gutes Vertrauensverhältnis zu ihrem behandelnden Arzt oder ihrer Ärztin zu haben.

Auch bei der Entscheidung für oder gegen eine Impfung zählt der Rat des Hausarztes, sagte fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) in einer repräsentativen Erhebung des Instituts für Psychologie der Universität in Koblenz im April 2021. Als vertrauenswürdig galten demnach auch das Robert Koch-Institut (41 Prozent) und bekannte Virologen (44 Prozent) [1].

Manchmal erschienen seine Patienten nach einer Bedenkzeit doch zu einer Impfung, erlebt Hausarzt Petros Tsompanis. Nicht ausgeschlossen, dass seine Expertise den Ausschlag gegeben hat.

Tipp 2: Fragen zu Impfungen und Erkrankungen auch bei hoher Arbeitsbelastung Raum geben, ernst nehmen und wertfrei beantworten.

Gründe für Skepsis sind vielfältig

Wissenschaftlerin Heidi Larson, Gründerin des Vaccine Confidence Projects mit Sitz in London, ist davon überzeugt, dass Menschen mit dieser Strategie das Gefühl bekämen, gehört und ernst genommen zu werden.

Psychologen wie Philipp Schmid von der Uni Erfurt führen mehrere Gründe an, warum Menschen sich tendenziell eher gegen das Impfen oder gegen eine Therapie entscheiden. Dazu zählen Zweifel an Sicherheit und Effektivität, eine fehlende Wahrnehmung für die Gefahr von Krankheiten sowie strukturelle Barrieren.

“Die Grundhaltung gegenüber dem Patienten sollte Verständnis sein”, sagt Dr. Eckhard Starke. Man müsse bedenken, dass die Bevölkerung zum Beispiel im Hinblick auf die Impfung durch die politischen Entscheidungen und die mediale Berichterstattung zur Wirksamkeit und Verlässlichkeit der Corona-Impfstoffe stark verunsichert worden sei.

Bei anderen Erkrankungen ist vielleicht eine Internetrecherche Ursache der Skepsis, der es zu begegnen gilt (“Der Hausarzt” 11/21).

Tipp 3: Im Gespräch nicht sofort Fakten bringen, sondern zunächst den Informationsstand und die emotionale Lage des Patienten erfassen. Darauf basierend sollten einfach formulierte Informationen ins Gespräch einfließen.

Impfskeptiker oder Impfgegner?

Skeptiker lassen mit sich reden, Gegner nicht: Diese Erfahrung teilt Hausarzt Petros Tsompanis mit vielen Kollegen. Auch Hausarzt Alfred Johann Blank aus Apen im Ammerland vermeidet Debatten zum Beispiel mit strikten Impfgegnern in aller Regel.

“Dafür habe ich im Praxisalltag keine Zeit. Sie sind in ihrer Meinung so festgefahren, dass Diskussionen keine Aussicht auf Erfolg haben.” Impfgegner seien für rationale Argumente nicht zugänglich. “Deren Aussagen lasse ich dann einfach so stehen.” Das sieht auch Dr. Eckhard Starke so. “Unabhängig von der Kommunikationsstrategie erreicht man Impfgegner nicht mit Argumenten.” Skeptiker hingegen schon.

Die übereinstimmende Haltung medizinischer Forschung zu betonen, erhöhe die Akzeptanz von Impfungen, haben Psychologen rund um Sander L. van der Linden von der University of Cambridge mit einer Studie ermittelt, die 2015 veröffentlicht wurde [2].

Demnach ist es zum Beispiel effektiver zu betonen, dass sich 90 Prozent aller Mediziner über die Sicherheit von Impfstoffen einig sind, als auf die zehn Prozent einzugehen, die eine andere Haltung verfolgen.

Tipp 4: Medizinischen Konsens betonen; darüber hinaus können wissenschaftlich fundierte Informationen zu medizinischen Themen als Patienteninfos oder über die eigene Internetpräsenz weitergegeben werden.

“Wir leben zunehmend in einer Gesellschaft, in der die Übernahme von Verantwortung nicht zu den Dingen gehören, die sich viele Menschen gerne auferlegen”, sagt Starke. “Sie wünschen sich jemanden, der ihnen sagt, was sie tun sollen.

Aber wenn dessen Meinung der eigenen nicht entspricht, suchen sie Rat beim nächsten Arzt.” Nicht nur Hausärzte seien hier in ihrer Kompetenz gefragt, sondern die Gesellschaft müsse ihre Einstellung überdenken.

Quellen:

1. Uni Koblenz-Landau, April 2021, n = 782, www.hausarzt.link/HLnmA

2. doi: 10.1186/s12889-015-2541-4

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