Wann soll man in der Praxis das TSH messen?
Schübel: Die Bestimmung des TSH bei asymptomatischen Patienten hat keinen Nutzen. Dagegen muss der Wert immer bestimmt werden, wenn Symptome einer Überfunktion bestehen wie nicht erklärbarer Gewichtsverlust oder Tachykardie.
Schwieriger ist die Entscheidung, wenn die Patienten Beschwerden haben, die auf eine Unterfunktion hindeuten können, etwa Müdigkeit, Gewichtszunahme oder Haarausfall, denn diese Symptome sind sehr unspezifisch.
Nicht selten äußern die Patienten von sich aus den Wunsch nach einer Schilddrüsendiagnostik, zum Beispiel weil sie in letzter Zeit zugenommen haben. Dann wird man das TSH eben messen, aber die Wahrscheinlichkeit, dadurch eine Hypothyreose aufzudecken, ist gering.
Wie interpretiert man den gemessenen TSH-Wert?
Als Faustregel gilt, dass alles über 4 mU/l erhöht ist. Allerdings muss man dabei das Alter berücksichtigen. Je älter die Patienten sind, desto entspannter kann man bei einem TSH über 4 mU/l bleiben. Bei 70- bis 80-Jährigen sind Werte bis etwa 5,9 mU/l noch physiologisch, ab 80 Jahren darf das TSH bis zu 7,5 oder 8,0 mU/l betragen.
Welche Rolle spielt das Körpergewicht?
Je höher das Gewicht, desto höher ist das TSH. Man muss hier aber die Kausalität beachten, denn in den meisten Fällen ist das TSH hoch, weil Übergewicht besteht, und nicht etwa umgekehrt.
Welche Diagnostik schließt sich an, wenn ein TSH außerhalb des Normbereichs gemessen wurde?
Bei einem Wert unter 0,4 mU/l sind die freien Schilddrüsenhormone ft3 und ft4 zur weiteren Abklärung bei Hyperthyreose zu bestimmen. Liegt das TSH dagegen über 4 mU/l und ist auch bei einer Kontrollmessung erhöht, kann man anhand von ft4 zwischen latenter und manifester Hypothyreose unterscheiden: Bei einem TSH über 4 mU/l, aber normalem ft4, ist eine Hypothyreose latent, bei verringertem ft4 manifest.
Wie geht man bei latenter Hypothyreose weiter vor?
Wegen der geringen Spezifität der Symptome bei Hypothyreose kann man sich nicht auf das klinische Bild verlassen. Besteht eine latente Hypothyreose, kann man guten Gewissens drei bis sechs Monate warten und dann TSH sowie ft4 erneut bestimmen. Eine Ausnahme ist ein TSH über 10 mU/l, denn hier besteht ein erhöhtes Risiko für den Übergang in eine manifeste Hypo-thyreose.