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RegressWirtschaftlichkeitsprüfung: Was gibt es Neues für 2023?

Nach und nach veröffentlichen die Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Arzneimittelvereinbarungen für 2023. Die wichtigste Änderung betrifft die Berücksichtigung von Rabattverträgen. Doch was bedeutet das konkret für die Regressgefahr im Praxisalltag?

In den bisher veröffentlichten Arzneimittelvereinbarungen sind eher kleinere Änderungen zu verzeichnen.

Bereits zu Beginn des Jahres wurde die vermutlich wichtigste Neuerung bekannt: die Berücksichtigung von Rabattverträgen in der Vorabprüfung (siehe Artikel “Neue Vorgaben beseitigen Prüffalle“, HA 02/23). Dadurch sinkt in Zukunft das Risiko, von einer Auffälligkeitsprüfung betroffen zu sein. Zunächst müssen dafür jedoch die regionalen Vereinbarungen angepasst werden.

In den bisher veröffentlichten Arzneimittelvereinbarungen sind eher kleinere Änderungen zu verzeichnen. Die vereinbarten Wirtschaftlichkeitsziele sind weiter auf rabattierte oder preisgünstige Arzneimittel ausgerichtet, wobei sich eine Weiterentwicklung der bisherigen Zielquoten abzeichnet.

Längst überfällig erscheint die Neuregelung zur Berücksichtigung von Rabattverträgen bei biosimilaren und generikafähigen Arzneimitteln in der Vorabprüfung. Diese haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband vereinbart und die Rahmenvorgaben zur Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen zum 1. Januar 2023 geändert.

Dadurch sollen weniger Praxen in Richtgrößen- oder Durchschnittswerteprüfungen kommen. Zuvor müssen jedoch die regionalen Vereinbarungen angepasst werden. “Generikafähig” schließt neben Generika auch Originalarzneimittel nach ihrem Patentablauf ein [1, 2].

Dabei können entweder

  • die tatsächlichen, aufsummierten Einsparungen, die aufgrund von Rabattverträgen erzielt wurden, bereits in der Vorabprüfung von den Verordnungskosten des jeweiligen Arztes/Ärztin abgezogen werden oder
  • in der Verordnungsstatistik die Kosten des günstigsten am Markt verfügbaren Arzneimittels mit dem gleichen Wirkstoff, der gleichen Wirkstärke und Packungsgröße ausgewiesen werden [1].

Die tatsächlichen Rabatte bleiben weiter vertraulich. Anlass für die Berücksichtigung von Rabattverträgen in der Vorabprüfung war, dass das ärztliche Verordnungsvolumen bei Generika häufig mit einem höheren Apothekenverkaufspreis belastet wurde.

Der Grund lag in der Aut-idem-Substitution in der Apotheke: Diese muss verfügbare rabattierte Arzneien vorrangig abgeben [3]. Lag der Apothekenverkaufspreis des abgegebenen Rabattarzneimittels über dem des verordneten, fiel das Verordnungsvolumen der Praxis bisher höher aus [1, 2].

Viele Ärztinnen und Ärzte berücksichtigen Rabattverträge

Laut einer Umfrage des DeutschenArztPortals achten 36 Prozent der Ärztinnen und Ärzte bei allen und weitere 35 Prozent bei den meisten Verordnungen auf Rabattverträge. 27 Prozent können Rabattverträge nicht berücksichtigen, da sie sie in der Praxissoftware nicht sehen (siehe Abbildung 1 unten).

Tipp: Rabattierte Arzneimittel sind in Ihrer Praxissoftware grundsätzlich gekennzeichnet. Achten Sie beispielsweise auf eine separate, mit “RV” gekennzeichnete Spalte oder Prozentzeichen hinter der Preisangabe. Zudem können Sie auf dem DeutschenArztPortal nach Eingabe einer PZN überprüfen, bei welchen Krankenkassen ein Rabattvertrag vorliegt: www.hausarzt.link/hhtMN

Rabattierte Arzneimittel können zur Erfüllung von Zielquoten beitragen

In einigen KV-Regionen sind Rabattverträge Gegenstand bestimmter Zielquoten. So ist beispielsweise in Niedersachsen die Rabattumsetzungsquote fester Bestandteil der vereinbarten Wirtschaftlichkeitsziele für alle Fachgruppen [4].

Doch es lohnt sich auch bei anderen Zielquoten, die auf den ersten Blick nicht auf Rabattverträge ausgerichtet sind, sich die Kriterien zur Zielerfüllung genauer anzuschauen. In einigen KV-Regionen (z. B. Bayern, Hamburg, Sachsen, Thüringen, Westfalen-Lippe) wirkt sich die Verordnung rabattierter Arzneimittel positiv auf die Zielerreichung aus.

Teilweise werden rabattierte Nichtleitsubstanzen sogar vollständig den Leitsubstanzen zugeordnet. Letzteres ist insbesondere bei Biosimilar-Mindestquoten häufig der Fall.

Neu in Niedersachsen: Gewichtung der Zielquoten

Die aktuellen Prüfsysteme scheinen sich in allen KV-Regionen bewährt zu haben, sodass – mit Ausnahme von Niedersachsen – bisher keine relevanten Änderungen der Prüfverfahren zu verzeichnen sind. In Niedersachsen wird bereits seit einigen Jahren eine Prüfung nach Durchschnittswerten durchgeführt, d. h. es kommen nur Ärzte in die Prüfung, die mit ihren durchschnittlichen Verordnungskosten je Fall um mehr als 50 Prozent über dem Fachgruppendurchschnitt liegen.

Die Einhaltung der zusätzlich vereinbarten Zielquoten kann zur Prüfbefreiung führen. Neu im Jahr 2023 ist eine Gewichtung der einzelnen Zielquoten. Durch Einhaltung eines Wirtschaftlichkeitsziels reduziert sich der Überschreitungsbetrag (Betrag oberhalb der Interventionsgrenze von 50 Prozent) prozentual entsprechend der für das eingehaltene Wirtschaftlichkeitsziel definierten Gewichtung.

Schon einzelne erfüllte Zielquoten wirken positiv

Dies hat den Vorteil, dass sich auch schon die Einhaltung einzelner Zielquoten positiv auswirkt. Bei Einhaltung aller Wirtschaftlichkeitsziele reduziert sich der Überschreitungsbetrag um 100 Prozent und führt somit zur Prüfbefreiung [4].

Tabelle 1 zeigt die für praktische und Allgemeinärzte (VG 8000%) in Niedersachsen geltenden Quoten für 2023. Bei Einhaltung des Zielwerts zum KBV-Medikationskatalog und Verfehlung der anderen beiden Ziele reduziert sich der Überschreitungsbetrag demnach um 25 Prozent. Wird zusätzlich die Rabattumsetzungsquote erfüllt, kann der Überschreitungsbetrag um 75 Prozent verringert werden.

Ausblick: Weiterentwicklung einiger Zielquoten

Bei vielen Wirkstoffklassen sind die Wirtschaftlichkeitsreserven erschöpft, sodass durch Zielquoten keine weiteren Einsparungen möglich sind. Ein Beispiel sind die TNF-alpha-Inhibitoren, zu denen es seit Längerem in fast allen KVen Biosimilar-Mindestquoten gibt.

Aufgrund von Preisabsenkungen und Rabattverträgen bei Originalpräparaten sind Originalpräparate und Biosimilars in dieser Arzneimittelgruppe bei ihrer Wirtschaftlichkeit weitgehend gleichwertig. Daher ist in nächster Zeit von einer Streichung oder Weiterentwicklung bestimmter Zielquoten auszugehen.

In Hamburg ist in diesem Jahr bereits eine Weiterentwicklung zu indikationsbezogenen Zielquoten zu beobachten. Dort wurde die Biosimilar-Mindestquote für TNF-alpha-Inhibitoren gestrichen. Stattdessen fallen TNF-alpha-Inhibitoren bezüglich der Zielquoten u. a. in die Gruppe der “Arzneimittel zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen”.

Für diese Gruppe wurden bestimmte Wirkstoffe als Leitsubstanzen festgelegt, wobei auch rabattierte Nicht-Leitsubstanzen zur Zielerfüllung beitragen [5].

Fazit

  • Rabattverträge werden künftig schon in der Vorabprüfung berück- sichtigt, sodass das Risiko für eine Auffälligkeitsprüfung sinkt.
  • Die Verordnung rabattierter Arzneimittel kann zusätzlich zur Erfüllung bestimmter Zielquoten beitragen.
  • Mit Ausnahme der Gewichtung der Zielquoten in Niedersachsen gibt es bisher keine relevanten Änderungen der Prüfsysteme. In den kommenden Jahren ist mit einer Weiterentwicklung bestimm- ter Zielquoten (z. B. zu indikationsbezogenen Quoten) zu rechnen

Quellen:

1. Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband: Änderungsvereinbarung zu den Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen vom 1. Mai 2020. Stand: 22.11.2022

2. Kassenärztliche Bundesvereinigung: Entlastung für Ärzte bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung (12.01.2023)

3. GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband e. V.: § 11 des Rahmenvertrages über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V in der Fassung vom 1. Oktober 2021

4. Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen: Arzneimittelvereinbarung 2023

5. Kassenärztliche Vereinigung Hamburg: Einigung von KVH und Krankenkassen zur Anpassung der Wirkstoffvereinbarung für 2023

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