Berlin. Ab 1. Juni müssen Ärzte auch Patienten mit leichten Atemwegsbeschwerden wieder in ihre Praxis bestellen, um diese krankschreiben zu können. Die aktuell noch geltende Sonderregelung, nach der in solchen Fällen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nach rein telefonischer Anamnese ausgestellt werden kann, wird zwar noch einmal verlängert, zum 31. Mai dann aber auslaufen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag (14. Mai) mitgeteilt.
Der Deutsche Hausärzteverband hätte ein längeres Andauern der Sonderregelung befürwortet: “bis zum Ende des Distanzgebots, aber zumindest bis zum Ende des 2. Quartals“. Würde die Sonderregelung zu früh auslaufen, würden gerade multimorbide, ältere Patienten versuchen, den Arztpraxen fernzubleiben, um Ansteckungsrisiken zu minimieren, skizzierte Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt jüngst ein zu vermeidendes Szenario. „Das darf auf keinen Fall geschehen, denn so besteht die Gefahr, dass sich deren Erkrankungen durch Unterversorgung verschlimmern.“
Auch die DAK-Gesundheit halte eine Beibehaltung der telefonischen Krankschreibung “bis Ende Juni für sinnvoll“, teilte deren Vorstandsvorsitzender Andreas Storm Ende April mit.
“Letztmalige” Verlängerung der Sonderregel
„Nach derzeitiger Einschätzung der Gefährdungslage“ sei die Sonderregelung aber „letztmalig“ verlängert worden, betont der G-BA unterdessen in seiner Mitteilung. Das impliziert, dass der laut G-BA einstimmig gefasste Beschluss nicht – wie zuletzt geschehen – wieder zurückgezogen werden könnte. Nichtsdestotrotz behalte sich der G-BA „selbstverständlich“ vor, „bei einer sich wieder beschleunigenden Infektionsdynamik auch kurzfristig über eine neue Sonderregelung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu beschließen“, teilte dessen unparteiischer Vorsitzender Prof. Josef Hecken mit Bekanntgabe des Beschlusses mit.
Im April hatte der G-BA schon einmal gegen eine Verlängerung der Sonderregelung gestimmt – damals jedoch gegen die Stimmen der Ärzte. Nach heftigen Protesten vor allem des Deutschen Hausärzteverbands und seiner Landesverbände hatte der G-BA schließlich den Beschluss überdacht. Zuletzt war die Sonderregelung von 4. auf 18. Mai verlängert worden.
Der Beschluss zur finalen Verlängerung der Ausnahmeregelung tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger mit Wirkung vom 19. Mai in Kraft.
Die Regelung gilt auch für den Bezug von Krankengeld bei der Erkrankung eines Kindes (Muster 21).
Ausreichend Zeit für Praxen?
Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hatte in einer Online-Pressekonferenz am Vortag des G-BA-Beschlusses die Rückkehr zur „Normalität“ ab dem 1. Juni gefordert. Entsprechend hat dieser den jüngsten Beschluss befürwortet. “Die KBV begrüßt, dass die Sonderregelung nicht abrupt endet und damit die Rückkehr zum Regelbetrieb mit einer entsprechenden Vorbereitungszeit erfolgen kann”, sagte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Stephan Hofmeister, am Donnerstag (14. Mai).
Auch aus Sicht des G-BA erhalten die Praxen damit ausreichend Zeit. Sie erhalten “den zeitlichen Handlungsrahmen, um sich organisatorisch auf die Wiederherstellung des Regelbetriebs einzustellen, nachdem die Ausstattung mit Masken und sonstigen Schutzausrüstungen mittlerweile weitestgehend gewährleistet ist”, so G-BA-Chef Hecken. In vielen Praxen würden bereits belastbare Hygienekonzepte praktiziert, die auf andere Praxen übertragbar seien.