Leserfrage Hausarzt B, München
Regelmäßig kommen Studenten für Blockpraktika und Famulaturen in meine Hausarztpraxis. Dabei bin ich mir immer wieder unsicher, wie die Studenten bei Unfällen, etwa Nadelstichverletzungen, abgesichert sind. Muss ich als Praxisinhaber, bevor das Praktikum / die Famulatur beginnt, den Studenten an die Berufsgenossenschaft melden oder sind sie über die Uni versichert? Was ist aus rechtlicher Sicht für mich wichtig? Muss ich Studenten etwa eine Art Erklärung zur Schweigepflicht unterschreiben lassen?
Viele Hausärzte engagieren sich auch in der Aus- und Weiterbildung. Die Aufnahme von Studenten während ihres Praktischen Jahrs (PJ), Famulanten und Praktikanten ist oft eine bereichernde Erfahrung und für die Nachwuchsförderung unerlässlich. Sie kann allerdings auch mit Herausforderungen verbunden sein – nicht zuletzt unter rechtlichen Gesichtspunkten.
Unfallversicherung: Schutz gilt auch im Praktikum
Zunächst stellt sich die Frage, inwiefern der Studierende versicherungsrechtlich abgesichert ist, wenn er selbst verletzt wird. Ein Beispiel aus dem Praxisalltag ist die Nadelstichverletzung. Eingeschriebene, das heißt immatrikulierte, Studenten sind gemäß Paragraf 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII gesetzlich unfallversichert. Versicherungsschutz besteht bei allen studienbezogenen Tätigkeiten, die im organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschulen liegen. Leisten Studierende ein Praktikum – unabhängig davon, ob es in der Studienordnung vorgesehen ist oder nicht –, so sind sie auch für diese Zeit unfallversichert. Allerdings ändert sich im Regelfall die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers. Zuständig ist für die Zeit des Praktikums der Unfallversicherungsträger des Praktikumsbetriebs, sprich der Arztpraxis, da die Hochschule auf die Art und Weise sowie auf den Ablauf des Praktikums keinen Einfluss hat. Der Berufsgenossenschaft sollte der Praktikant vor Beginn des Praktikums kurz angezeigt werden.
Haftpflicht: PJ-ler brauchen private Police
In der Regel sind Medizinstudenten während des PJ in den akademischen Lehrkrankenhäusern und Lehrpraxen der eigenen Universität haftpflichtversichert. Anders ist dies aber bei Tätigkeiten in sogenannten externen Lehrpraxen.
In Bezug auf die Haftpflichtversicherung ist Medizinstudenten daher grundsätzlich anzuraten, eine private Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Famulanten dagegen sind regelmäßig über die Betriebshaftpflichtversicherung der Arztpraxis mitversichert.
Es sollte also in jedem Fall Rücksprache mit dem Studierenden und dem eigenen Versicherer gehalten werden, da die Regelungen von Ausbildungsstätte zu Ausbildungsstätte bzw. von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich sein können.
Tipp: Auf der sicheren Seite sind Praxisinhaber, wenn sie den bestehenden Versicherungsschutz vor Beginn des Praktikums oder der Famulatur thematisieren und sich diesen vom Studierenden und der eigenen Berufsgenossenschaft oder Haftpflichtversicherung bestätigen lassen.
Schweigepflicht: Info an Patienten kann helfen
Auch für PJ-Studenten und Famulanten gilt selbstverständlich die ärztliche Schweigepflicht gemäß Paragraf 203 Strafgesetzbuch (StGB). Denn neben Ärztinnen und Ärzten unterliegen demnach auch die “berufsmäßig tätigen Gehilfen” und “Personen, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf” tätig sind, der Schweigepflicht, worunter PJ-Studenten und Famulanten fallen. Es besteht insofern keine Verpflichtung, die Studierenden – zusätzlich – eine Schweigepflichterklärung unterschreiben zu lassen, um diese in den Kreis der zur Verschwiegenheit Verpflichteten aufzunehmen. Gleichwohl empfiehlt sich eine Information an die Patienten, um gegebenenfalls bestehenden Vorbehalten vorzubeugen.
Praxis-Tipp: Verantwortung verbleibt beim Arzt
Inwiefern ärztliche Aufgaben an PJ-Studenten und Famulanten delegiert werden dürfen, hängt von der Erfahrung des Studierenden und der Intensität des Eingriffs oder der ärztlichen Maßnahme ab. Paragraf 3 Abs. 4 der Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte sieht für das PJ vor, dass “die Studierenden die während des vorhergehenden Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vertiefen und erweitern sollen. Sie sollen lernen, sie auf den einzelnen Krankheitsfall anzuwenden. Zu diesem Zweck sollen sie entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen”.
Erforderlich ist also in jedem Fall eine sorgfältige Einweisung und Überwachung. Grundsätzlich sollte die Arbeit ständig angeleitet und beaufsichtigt werden. Der ausbildende Arzt trägt die gesamte medizinische Verantwortung. Kernbereiche der ärztlichen Tätigkeit dagegen – wie die Anamnese, Diagnosestellung und Behandlungsplanung, aber auch die Aufklärung des Patienten – sind in keinem Fall delegationsfähig.