Finanzamtliche Betriebsprüfungen waren, sind und werden immer eines der unangenehmen Themen eines Arztes sein. In der Regel trifft es jeden Inhaber mindestens einmal im Laufe des Berufslebens – ggfs. sogar öfter und je nach Größe der Praxis vielleicht sogar permanent alle 3 – 5 Jahre.
Umso wichtiger ist es, im Vorfeld zu wissen, welche Prüfungsschwerpunkte die Finanzämter verfolgen und wie man vorsorgen kann, damit eine Prüfung nicht zu hohen Nachzahlungen zzgl. Zinsen (aktuell 6 Prozent) führt.
Die Vorgehensweise bei den Betriebsprüfungen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Auch die Finanzverwaltung rüstet auf und wird digitaler. Manche Bundesländer verschicken gemeinsam mit der Prüfungsanordnung einen mehrseitigen Frage-
bogen, auf dem der Arzt diverse Sachverhalte vorab mitteilen muss. Dieser Fragebogen dient dazu, gezielt umsatzsteuerliche und gewerbesteuerliche Prüfungsschwerpunkte bereits in der Prüfungsvorbereitung festzustellen und diesen dann in der Betriebsprüfung nachzugehen.
Denn auch die Finanzämter haben verstanden, wie man mit digitalen Lösungen effizient und gezielt prüft. Das stundenlange Wälzen von Aktenordnern gehört der Vergangenheit an, denn viele Informationen liegen in elektronischer Form in der Praxissoftware bzw. Steuerberatersoftware vor und müssen nur abgerufen und verarbeitet werden.
Umso wichtiger ist es für den steuerlichen Berater, die entsprechende Rechtsprechung für Heilberufe zu verfolgen und mit den Mandanten im Wege der gestaltenden Beratung anzuwenden.
Dieser Beitrag fasst in zwei Teilen die wichtigsten steuerlichen Brennpunkte zusammen, die von Betriebsprüfern in der Praxis immer wieder aufgegriffen werden. Es wird unterschieden in Prüfungsschwerpunkte, die sowohl Einzel- als auch Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) betreffen und solchen, die lediglich Gemeinschaftspraxen betreffen.
Im ersten Teil geht es schwerpunktmäßig um das Thema Umsatzsteuer, während sich der zweite Teil mit Prüfungsschwerpunkten abseits der Umsatzsteuer beschäftigt.
1. Betriebsprüfungsrisiken in Einzel- und Gemeinschaftspraxen
1.1. Umsatzsteuerpflichtige Leistungen in der Arztpraxis
Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerfreien und umsatzsteuerpflichtigen Leistungen führt immer wieder zu Diskussionen mit der Betriebsprüfung. Die ärztlichen Leistungen sind nach § 4 Nr. 14a Umsatzsteuergesetz (UStG) umsatzsteuerfrei, soweit es sich um heilberufliche Leistungen handelt. Voraussetzung ist dabei immer, dass ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Therapeutisches Ziel bedeutet zunächst:
- Vorbeugung (Prophylaxe),
- Diagnose (Feststellung von/Untersuchung auf mögliche Krankheiten),
- Behandlung (Heilung oder Linderung von Krankheiten).
Die Abgrenzung kann im Einzelfall komplex sein und erfordert eine enge Abstimmung mit dem Steuerberater. Abseits der klassischen Heilbehandlung gibt es noch einige weitere Felder, die aus umsatzsteuerlicher Sicht zu beachten sind.
1.1.1 Leistungen nach § 13b Umsatzsteuergesetz – “Google Ad-Words”
Bei Ärzten sollte in der laufenden Beratung auf die ordnungsgemäße Anmeldung der Umsätze nach § 13b UStG geachtet werden. §13b UStG ist eine besondere Vorschrift, bei der die Schuldnerschaft der Umsatzsteuer auf den Empfänger der Leistung übergeht, anstatt dass diese, wie in der Regel, beim Leistenden bzw. Lieferer liegt.
Insbesondere Leistungen von ausländischen Unternehmen werden häufig in Anspruch genommen, ohne dass dies dem Arzt bewusst ist. Beispielweise arbeiten viele Internetauftritte mit “Google-Ad-Words”. Der europäische Sitz von Google ist in Dublin, Irland, und damit im sogenannten übrigen Gemeinschaftsgebiet.
Auf die Rechnung von Google muss der Arzt daher noch 19 Prozent Mehrwertsteuer aufschlagen und diese an das deutsche Finanzamt abführen. Sollte eine falsche Verbuchung erst im Rahmen einer Prüfung festgestellt werden, dann kann es auf Grund der fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung zu einer nicht unerheblichen Umsatzsteuernachforderung kommen.
Ein weiteres prominentes Beispiel für diese Steuerfalle sind Facebook und Instagram.
1.1.2 PKW-Überlassung an Arbeitnehmer
Ein Punkt, der häufig bei der Buchhaltung von Ärzten unbeachtet bleibt, ist die Tatsache, dass die Überlassung eines PKWs an Arbeitnehmer nach Auffassung des Finanzamtes einen umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch darstellt, der nicht von der Umsatzsteuerbefreiung erfasst wird. Im Gegenzug kann natürlich die Vorsteuer aus den PKW-Kosten geltend gemacht werden.
Man sollte diesen Sachverhalt kennen, denn auch dieser Umsatz beeinflusst die Umsatzgrenze zur Anwendung der Kleinunternehmerschaft. Nach dieser Regelung ist keine Umsatzsteuer abzuführen, sofern die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze im vorangegangenen Jahr 22.000 Euro nicht überstiegen haben und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen werden.
Es ist möglich, dass man mit anderen Leistungen unterhalb der Grenze bleiben würde, aber die Überlassung des PKWs führt dazu, dass die o.g. Grenze überschritten wird. Denn für Zwecke der Umsatzsteuer sind immer alle Leistungen des Arztes zusammen zu betrachten. Sowohl die Leistungen innerhalb der Praxis, als auch Leistungen, die außerhalb der Praxis erbracht werden.
Hinweis: Mit einem Urteil aus dem Januar 2021 hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass die Überlassung von Fahrzeugen an Arbeitnehmer nicht mehr als tauschähnlicher Umsatz (wie oben beschrieben), sondern als unentgeltliche Wertabgabe zu qualifizieren ist.
Das hat Auswirkungen auf den Ort der Leistung, aber auch für die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer. Es bleibt aber abzuwarten, wie die deutsche Finanzverwaltung mit diesem Urteil umgeht.
1.2.3 Weitere umsatzsteuerpflichtige Leistungen
Weitere umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die ebenfalls in die Prüfung der Kleinunternehmergrenze einfließen, sind z.B. Gutachten. Sie sind nur dann umsatzsteuerbefreit, wenn sie einem therapeutischen Ziel dienen.
Häufig erstellen Ärzte Gutachten für Versicherungen oder für die Kassenärztlichen Vereinigungen. Diese Gutachten sind nicht umsatzsteuer- befreit und unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer, weil hier nicht das therapeutische Ziel im Vordergrund steht. Darüber hinaus sind umsatzsteuerpflichtig:
- Vortragstätigkeiten
- Lehrtätigkeiten (individuell zu prüfen)
- Überlassung von Personal oder Geräten an andere Ärzte
- Betrieb von Photovoltaikanlagen (auch auf dem privaten Eigenheim)
- Veräußerung eines anteiligen Praxiswertes
- Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln
- Verkauf von Geräten (z.B. Blutdruckgerät)
- IGeL-Umsätze, die nicht der Heilbehandlung dienen