Nach einer zweijährigen Übergangsphase gibt es nun keine Verlängerung mehr: Bis 20. Juli müssen die Zulassungsausschüsse der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) von allen Niedergelassenen den Nachweis einer Berufshaftpflicht verlangt haben. Denn der Gesetzgeber hatte alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeuten mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) im Juli 2021 zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet (Paragraf 95e SGB V).
Wichtig: Der Nachweis ist dann innerhalb von drei Monaten ab Aufforderung durch die KV vorzulegen.
Nachweis für Inhaber wie Angestellte nötig
Bisher waren entsprechende Regelungen meist bereits regional im Standesrecht, in der Musterberufsordnung für Ärzte, verankert. Seit der bundesgesetzlichen Regelung durch das GVWG hängt die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung aber nun auch vom Nachweis einer Berufshaftpflicht ab.
Liegt dieser dem Zulassungsausschluss nicht fristgerecht vor, drohen gesetzliche Sanktionen. Konkret: Die ärztliche Tätigkeit darf dann nicht mehr ausgeübt werden. Dies gilt für Einzelpraxen ebenso wie Berufsausübungsgemeinschaften und Medizinische Versorgungszentren (MVZ).
Wichtig: Der Nachweis gilt für Ärztinnen und Ärzte selbst sowie für Angestellte, sofern diese an der vertragsärztlichen Versorgung mitwirken. Das heißt, wer eine Anstellung plant, sollte sich dann auch um die Berufshaftpflicht kümmern, damit der Nachweis dem Antrag zur Genehmigung der Anstellung direkt beigefügt werden kann.
Umgekehrt sollten angestellte Ärztinnen und Ärzten prüfen, welche Tätigkeiten durch ihren Arbeitgeber versichert sind.
Worauf ist zu achten?
Wie jede Versicherung sollte auch die Berufshaftpflicht auf die Situation der einzelnen Versicherten zugeschnitten sein. So ist es ratsam, die Deckungssummen regelmäßig zu prüfen, gerade wenn sich die Praxis im Laufe der Jahre etwa vergrößert, verkleinert oder sich das Leistungsspektrum verändert.
Um die Pflicht nach SGB V zu erfüllen, gibt es aber einige Kriterien, die auf jeden Fall enthalten sein müssen:
- die Mindestversicherungssumme (s.u.)
- das individuelle Haftungsrisiko des Vertragsarztes muss abgesichert sein
Was ist versichert?
Die Berufshaftpflicht
- schützt bei Schadenersatzansprüchen Dritter im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit; dies können Schäden von Personen (z.B. Verletzung), Sachen (wie Verlust oder Beschädigung eines Geräts) oder von Vermögen sein (etwa Datenverlust, zu viel bezahlte Gehälter)
- wird individuell auf die ärztliche Tätigkeit abgestimmt
- kann Nebenrisiken einschließen, zum Beispiel die ambulante Vertretung von Kolleginnen und Kollegen; empfehlenswert ist die Notdiensttätigkeit einzuschließen
- übernimmt Anwaltskosten und Gerichtskosten
- übernimmt Folgekosten des Urteils, zum Beispiel Schmerzengeld oder Kosten für zusätzliche Behandlungen
Eingeschlossen werden können
- ambulante, beratende Tätigkeiten
- Gutachtertätigkeiten
- Notarzttätigkeiten/Notfalldienste
- Schlüsselhaftpflicht
- Tätigkeit als Honorar-, Konsiliar-, Belegarzt
- Honorare für einen Fachanwalt für Medizinrecht statt lediglich der Kosten gemäß der Anwaltsgebührenordnung
- Nachhaftpflicht für mindestens fünf Jahre nach Beendigung der ärztlichen Tätigkeit
Wichtig: Die Verordnung von Arzneimitteln im Off-Label-Use ist nur unter strengen Auflagen versichert.
Die Mindestversicherungssumme
- für Einzelpraxen ohne Angestellte: drei Millionen Euro für jeden Versicherungsfall (Personen- und Sachschäden), untere Begrenzung: zweifacher Betrag der Mindestversicherungssumme pro Jahr
- für Einzelpraxen mit Angestellten: fünf Millionen Euro
- für Berufsausübungsgemeinschaften, MVZ: mindestens fünf Millionen Euro, untere Begrenzung: dreifacher Betrag der Mindestversicherungssumme pro Jahr
Wichtig: Eine höhere Deckungssumme ist möglich. Es hängt etwa von der ärztlichen Tätigkeit, dem Leistungsangebot und dem Patientenklientel ab, ob die Mindestsumme ausreicht, um die Ärztin oder den Arzt abzusichern.
Tipp: Ärztinnen und Ärzte können von ihrer Versicherung eine Bescheinigung verlangen, dass ihre Versicherung die Anforderungen erfüllt. Basis dazu ist Paragraf 113 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). (Mitarbeit jvb)