Serie "Familienfreundliche Praxis"Störfaktor Schwangerschaft?

Welche Erfahrungen machen angehende Hausärztinnen bei einer Schwangerschaft in der Weiterbildung? Wo finden sie Informationen und wie reagieren ihre Weiterbilder? Der Arbeitskreis "Weiterbildung Allgemeinmedizin Berlin" hat nachgefragt – mit teils erschreckenden Ergebnissen.

Was ist in Bezug auf den Arbeitsschutz bei einer Schwangerschaft zu beachten?

Angehende Hausärztinnen, die in der Weiterbildung schwanger werden, stehen mitunter vor großen Herausforderungen. Zwei besonders große Hürden sind Wissenslücken bei den Weiterbildungspraxen, die – im schlimmsten Fall – zu frühen Beschäftigungsverboten führen, sowie die fehlende Anerkennung “unfertiger” Weiterbildungszeiten.

Das zeigt eine Umfrage der Weiterbildung Allgemeinmedizin Berlin (WABe), an der im vergangenen Frühjahr 106 Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung (ÄiW) teilgenommen haben.

WABe ist ein ehrenamtlich organisierter, politisch unabhängiger Arbeitskreis von derzeit rund 500 Ärztinnen und Ärzten der Allgemeinmedizin in und um Berlin.

Der Großteil der Befragten in Weiterbildung – 84 von ihnen haben die Online-Umfrage auch beendet – war weiblich (90 Prozent) und bereits Elternteil (79 Prozent). In der Befragung ging es explizit um ihre Erfahrungen und Unsicherheiten während Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit.

Haltung des Chefs ist das A und O

Ein zentrales Ergebnis: Wie diese Zeiten wahrgenommen werden, steht und fällt mit der Einstellung der weiterbildenden Ärztinnen und Ärzte in Kliniken und Praxen. In den schlechtesten Einzelfallberichten kam es zu Konflikten mit den Vorgesetzten, bei denen schließlich ein Beschäftigungsverbot als “Lösung” gesehen wurde (siehe Abbildung 1 unten).

Auch von versuchten Kündigungen sowie der Bitte, die Schwangerschaft vor Personalabteilung und Betriebsarzt zu verheimlichen, wurde berichtet. “Leider wird eine Schwangerschaft immer noch zu oft als ‚Störfaktor‘ gesehen”, so eine Rückmeldung.

Großes Konfliktpotenzial ergibt sich offenbar durch bestehende Wissenslücken, was in Bezug auf den Mutterschutz am Arbeitsplatz berücksichtigt werden sollte. “Es war komplett mir überlassen, welche Tätigkeiten ich noch durchführen wollte. Ich musste aktiv nein sagen, wenn ich etwas nicht machen wollte”, gab eine Teilnehmerin an.

So wussten den Befragten zufolge nur 29 Prozent der Weiterbilderinnen und Weiterbilder, was in Bezug auf den Arbeitsschutz bei einer Schwangerschaft am Arbeitsplatz zu beachten ist (siehe Abbildung 2 unten).

Fast jeder Zweite (47 Prozent) hatte hier “eher kein” oder “kein” Wissen. In Sachen Mutterschutzlohn nahmen immerhin 43 Prozent der Befragten Wissen bei ihrer Weiterbildungsstelle wahr; dass der Weiterbildungsvertrag nach der Pause weitergeführt werden kann, wussten 50 Prozent der Weiterbilder. Doch: Sogar hier gab jede Dritte an, dass Wissenslücken herrschten.

Als wichtigste Informationsquelle haben die ÄiW ihr persönliches Umfeld empfunden.

Praxistipp: Mehr zur Gefährdungsbeurteilung sowie kostenfreie Checklisten für ÄiW und Praxischefs: www.hausarzt.link/PwpNg

Zeiten nicht lückenlos anerkannt

Nicht nur die Wissenslücken, auch das strukturelle Problem der einzelnen Weiterbildungsabschnitte führt der Umfrage zufolge dazu, dass sich Weiterbildungszeiten teils unnötig verlängern. Denn: In Berlin werden die meisten Weiterbildungsabschnitte – ebenso wie andernorts – erst nach sechs Monaten anerkannt.

Wird die ÄiW beispielsweise nach vier Monaten schwanger und erhält aus gesundheitlichen Gründen ein Beschäftigungsverbot, so können die übrigen zwei Monate in der Theorie zwar nach dem Wiedereinstieg komplettiert werden – in der Praxis jedoch ist das nur in den seltensten Fällen problemlos möglich, etwa weil Stellen in der Zwischenzeit neu besetzt werden.

Beschäftigungsverbot oder Mutterschutz hätten bei jedem Kind den jeweiligen Weiterbildungsabschnitt beendet, berichtet daher auch eine Befragte. “Den Druck für das richtige Timing habe ich stark gespürt, die Koordination für folgende Stellen lag bei mir. Dadurch entstehen teilweise ‚krumme‘ Weiterbildungszeiten, was einem mit der Förderung auf die Füße fallen kann.”

Damit Frauen nicht benachteiligt sind, müsste der Einstieg in denselben Fachbereich nach der Pause nahtlos nötig sein, lautet daher eine Forderung der ÄiW.

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