Nur eine vergleichsweise geringe Zahl an Hausärztinnen und Hausärzten präsentiert sich in den Sozialen Medien; auch einen Internetauftritt pflegt längst nicht jede Praxis. “Hausärzte brauchen diese Präsentation sicher nicht dringend, um neue Patienten zu gewinnen”, sagt Wolfgang Apel, Geschäftsführer der MediKom Consulting GmbH in Nürnberg. “Ein Internetauftritt oder Präsenz in den Sozialen Medien ist aber wichtig, um sich selbst als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.”
Eine gelungene Außendarstellung steigert den Bekanntheitsgrad, verbessert die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt und trägt positiv zum Arbeitgeberimage bei. Qualifiziertes Personal zu finden, ist heutzutage kein Selbstläufer mehr, die Konkurrenz um medizinische Fachangestellte (MFA) groß.
Der Arbeitsmarkt für MFA ist trotz steigender Ausbildungsquoten nahezu leergefegt; die Arbeitslosigkeit unter MFAs liegt im niedrigen einprozentigen Bereich. Wo also finden Hausärztinnen und Hausärzte heute gutes Personal? Das Internet als Ausgangspunkt zur Rekrutierung geeigneter Angestellter steht mindestens gleichwertig neben dem klassischen Stellenanzeigenmarkt, dem Prinzip Zufall und persönlichen Kontakten.
Ein Internet-Auftritt ist ein absolut zeitgemäßes Tool
Die jüngere Generation bewegt sich wie selbstverständlich auf Instagram und Co., das Internet als Informationsquelle nutzen heute die allermeisten Menschen. “Wenn Interessentinnen dort keinerlei Informationen über eine Praxis finden, punktet im Zweifelsfall die Konkurrenz, die einen Internetauftritt pflegt”, gibt MediKom-Geschäftsführer Apel zu bedenken.
Tipp: Eine eigene Homepage oder ein Auftritt in den Sozialen Medien ist ein zeitgemäßes Tool, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
Jederzeit Personal mit der erforderlichen Qualifikation und in ausreichender Anzahl rekrutieren zu können, ist für Hausarztpraxen der Schlüssel für kontinuierliches erfolgreiches Arbeiten. Sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren entwickelt sich in Zeiten des Fachkräftemangels zum wettbewerbsrelevanten, wenn nicht existenzentscheidenden Faktor.
Unterbesetzt lässt sich ein Praxisbetrieb zwar aufrechterhalten, auf Dauer leidet unter der damit einhergehenden Mehrbelastung das verbleibende Personal – und legt im äußersten Fall eine Kündigung auf den Tisch.
Langfristige Personalstrategie
Intern für ein gutes Betriebs- und Arbeitsklima zu sorgen sowie den Teamgeist zu fördern, ist nur ein Erfolgsfaktor. Genauso wichtig ist eine langfristige Personalmarketingstrategie.
Es kann immer vorkommen, dass MFA unvorhergesehen kündigen oder die Arbeitszeit reduzieren wollen. Nur wer vorausschauend agiert und in einer solchen Situation schnell Ersatz zur Hand hat, hält seinen Betrieb reibungslos aufrecht. Nicht jeder Hausarzt, nicht jede Hausärztin verfügt über genügend private Kontakte oder ein Netzwerk, über das sich Personallücken schnell schließen lassen. Hier kommt die Personalstrategie ins Spiel.
Die Präsentation nach außen kann der erste Schritt sein, die Aufmerksamkeit potenzieller Bewerberinnen auf sich zu lenken. “Bei der Außendarstellung sollten Hausärztinnen und Hausärzte nicht nur an Patienten denken, sondern auch an die Zielgruppe des benötigten Fachpersonals”, empfiehlt auch Sybill Ratajczak, Inhaberin der Organisations- und Personalberatung Praxisfeinschliff in Ehningen.
“Employer Branding”
Mit einem authentischen Employer Branding machen Hausarztpraxen auf sich aufmerksam und können gleichzeitig dafür sorgen, dass das Team gerne und vor allem dauerhaft bei der Stange bleibt. Von Anfang an auf eine professionelle Marketingstrategie zu setzen ist denkbar.
“Zunächst einmal geht es aber darum, sich überhaupt zu präsentieren”, sagt Sybill Ratajczak; eine Homepage oder ein Auftritt in Social Media dürfe nicht nur unter dem Aspekt der nicht bewältigbaren Mehrarbeit gesehen werden. Hier sieht sie enormen Aufholbedarf nicht nur in Deutschlands Hausarztpraxen.
Wie kann der Aufbau eines Employer Branding gelingen? “Um sich gegenüber anderen Praxen abzugrenzen, sollte feststehen, wofür die Praxis steht”, rät die Personalberaterin, die Arbeitgeber müssten sich zunächst selbst darüber im Klaren werden, was die eigene Person und die Praxis ausmachen. Zentrale Frage sei: “Welche Werte leben wir?” Der wichtigste Ort, diese Informationen zu kommunizieren sei die eigene Praxishomepage.
Tipp: Fragen rund um Personal und Einstellungsverhalten präsentieren Hausärztinnen und Hausärzte auf ihrer Praxishomepage “am sinnvollsten auf einer Karriereseite”, sagt Sybill Ratajczak.
Zielgruppe analysieren
Weitere Informationskanäle für Bewerber seien eine Frage der Auswertung der Zielgruppenanalyse, sagt Sybill Ratajczak, die auch Schulungen und Coachings für Praximanagerinnen und -manager zu Personal- und Teamführung organisiert. In Sozialen Medien sind insbesondere jüngere Medizinische Fachangestellte und potenzielle Auszubildende unterwegs.
Für Praxen, die ein vom Alter her junges MFA-Team haben und regelmäßig ausbilden, ist ein Social Media-Auftritt möglicherweise wichtiger als für Hausärzte, deren Team insbesondere aus älteren Angestellten besteht. Eine eigene Homepage kann aber auch für diese Altersgruppe der Türöffner in ein Angestelltenverhältnis sein.
Ein wichtiger, wenn auch nicht immer der entscheidende Faktor ist das Geld. Eine tarifgerechte Bezahlung sollte heutzutage selbstverständlich sein, sagt MediKom-Geschäftsführer Wolfgang Apel. Zwar gaben in einer in 2022 veröffentlichten repräsentativen Forsa-Umfrage, beauftragt von der online-Personalplattform Xing, nur 19 Prozent der Beschäftigten das Gehalt als Grund für einen Arbeitgeberwechsel an.
“Niemand wechselt den Job, nur weil bei einer anderen Stelle mehr Geld winkt”, sagt auch Personalberaterin Sybill Ratajczak. Als Grund für einen Wechsel nannten Befragte einer Studie von 2017, die das Statistikportal statista veröffentlichte, Arbeitsklima, Arbeitszeiten und Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung. Genannt wurde aber auch eine bessere Bezahlung.
Wichtig zu wissen: Das Gehalt ist nicht der Hauptgrund den bisherigen Job aufzugeben. Es kann aber eine Motivation sein einen neuen Job anzunehmen, wenn weitere Faktoren wie Arbeitsklima und attraktiver Aufgabenbereich bei der neuen Stelle ebenfalls stimmen.
Leistungsgerechte Bezahlung
“Wer als Hausarzt ein Gehalt zahlt, das nicht dem Tarif entspricht, agiert grundsätzlich am Markt vorbei”, betont Wolfgang Apel vor diesem Hintergrund. “Als Hausarzt sollte man mindestens nach Tarif und zusätzlich marktgerecht bezahlen. In einer ländlichen Region mag eine Bezahlung nach Tarif ausreichen, in München, Hamburg oder Frankfurt wird das nicht reichen, um die Lebenshaltungskosten der MFA zu decken.” Hier müsse übertariflich bezahlt werden – ein Angebot, das in der Außendarstellung durchaus erwähnt werden dürfe.
Tipp: “Bezahle ich als Hausarzt oder Hausärztin marktgerecht, signalisiere ich damit, dass ich den Lebensumständen meiner Mitarbeiterinnen gerecht werde”, sagt Wolfgang Apel.
Der Unternehmensberater geht sogar noch einen Schritt weiter. “Ich empfehle meinen Kunden über eine leistungsgerechte Bezahlung nachzudenken.” Zum marktgerechten Gehalt als Basis komme eine leistungsabhängige Prämie, die für die Übernahme von Zusatzleistungen hinzuverdient werden könne.
“Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Hausärzte über dieses Konzept insbesondere die Leistungswilligen Mitarbeiterinnen ansprechen, die meist das Gefühl haben, bei der tarifgerechten Bezahlung im internen Vergleich schlechter wegzukommen. Diesen Mitarbeiterinnen brauchen Arbeitgeber durch die variablen Gehaltskomponenten überhaupt kein höheres Gehalt zu bezahlen, die sind gerne bereit, es sich selbst zu verdienen.”
Fazit
Die Außendarstellung sollte integraler Bestandteil des Praxisauftritts sein. Potenzielle Bewerberinnen kommen heute nicht mehr nur über Mundpropaganda und Empfehlung, sondern informieren sich auch im Internet und in den Sozialen Medien über ihren zukünftigen Arbeitgeber.
Für den Bekanntheitsgrad, die Positionierung am Arbeitsmarkt und das Arbeitgeberimage sind eine gelungene Präsentation der eigenen Homepage oder der Auftritt in den Sozialen Medien genauso wichtig wie eine langfristige Personalmarketingstrategie.