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Serie "Familienfreundliche Praxis"Hausärztin und Mutter – das klappt gut!

Die hausärtzliche Versorgung in Deutschland liegt zur Hälfte in den Händen von Frauen. Doch das Gesundheitssystem ist wenig darauf ausgerichtet, dass Hausärztinnen und Hausärzte Eltern werden. Daher startet "Der Hausarzt" eine Serie mit Tipps zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur familienfreundlichen Praxis.

Schwangerschaft: Bei den Formalitäten mag es als Angestellte einfacher sein, aber auch die Selbstständigkeit hat Vorteile.

Im März erwartet Hausärztin Eva Greipel aus Traunstein ihr zweites Kind. Als ihr erster Sohn im Oktober 2020 zur Welt kam, hat sie bis zwei Wochen vor der Geburt in der Praxis gearbeitet. “Mir ging es gut, das war so geplant”, sagt die Fachärztin für Allgemeinmedizin aus Südbayern. Beim zweiten Kind will sie eher pausieren.

Viele Hausärztinnen haben Kinder oder wünschen sich welche; auch etliche Hausärzte werden jedes Jahr Vater und würden sich gerne um ihre Kinder kümmern. Doch das Gesundheitssystem ist offenbar nicht darauf ausgerichtet, dass Hausärztinnen und Hausärzte Eltern werden.

Die ökonomische Absicherung rund um die Geburt könnte besser sein und auch mit bürokratischen Tücken sollte man sich auskennen. Und trotzdem: Hausärztin sein und Mutter werden klappt erstaunlich gut, sagen Eva Greipel und andere niedergelassene Ärztinnen, die Nachwuchs bekommen haben. Denn gerade Niedergelassene haben in dieser Lebensphase große Gestaltungsspielräume, weil sie selbstständig sind. “Für mich war das ideal”, sagt Eva Greipel.

Die Allgemeinmedizinerin war zwei Jahre in einer Einzelpraxis niedergelassen, als ihr Sohn zur Welt kam. Die Patienten reagierten sehr positiv auf die Schwangerschaften. “Sie haben sich sehr mit mir gefreut”, berichtet Eva Greipel. Nach ihrer ersten Entbindung nahm sie sich rund zwei Monate Zeit, dann stieg sie wieder in die Praxis ein. Im Nachhinein empfindet sie diese Zeit als zu kurz.

Vertretung gesucht

Bei ihrem nächsten Kind wird sie länger zu Hause bleiben. “Diesmal möchte ich vier Wochen vorher aufhören und vier Monate nach der Geburt aussetzen”, sagt sie. Beim ersten Kind ist ein Kollege eingesprungen, der beim nächsten Kind allerdings nicht zur Verfügung stehen wird, daher sucht Sie eine andere Vertretung, was seit der Pandemie noch schwieriger ist.

Nach der Geburt des Sohnes hat Eva Greipel die vollen Sprechstundenzeiten angeboten. Um weiterhin stillen zu können, hat sie Milch abgepumpt. Ihr Mann hatte elf Monate Elternzeit genommen, auch für das zweite Kind wird er Erziehungszeit nehmen.

Vorbereiten sollte man sich allerdings auf die wirtschaftlichen Folgen der Auszeit. Denn die Vertretung muss bezahlt werden – egal, wie viele Patienten versorgt werden. Auch die Praxiskosten bleiben. Das Elterngeld von maximal 1.800 Euro im Monat reicht dafür nicht.

Weil die Patienten zu Hausärztinnen und Hausärzten oft eine sehr persönliche Beziehung haben, kann es durchaus sein, dass weniger kommen, wenn die Ärztin nicht in der Praxis ist. So war es bei Eva Greipel. “Das ist eine Belastung”, sagt sie. “Viele junge Fachärztinnen lassen sich davon abschrecken, in der Niederlassung ein Kind zu bekommen.”

Doch die Hausärztin rät dazu, “es darauf ankommen zu lassen”. “Es findet sich immer eine Lösung”, ist sie überzeugt. Hilfreich ist, belastbare Netzwerke aufzubauen, rät sie. “Wer mir sehr hilft, sind meine MFA, die sich auch um mein Kind kümmern, wenn es mit in der Praxis ist”, sagt sie.

Netzwerk aufbauen

Die Eingewöhnung in die Kita war für den Sohn durch die Pandemie nicht ganz einfach, deshalb hat sie ihn in dieser Zeit öfter mit in die Praxis genommen. “Die Patienten haben begeistert reagiert”, berichtet die Allgemeinmedizinerin. “Selbstständig zu sein, ist ein großer Vorteil. Da kann niemand sagen: Das darfst Du nicht.”

Auch Dr. Jana Husemann aus Hamburg ist der Auffassung, dass es Vorteile hat, gerade als Mutter die eigene Chefin zu sein. Die Hausärztin hat ihr zweites Kind vor Kurzem zur Welt gebracht und wird im April Vollzeit in ihre Gemeinschaftspraxis in St. Pauli zurückkehren.

“Einen geeigneten Zeitpunkt für eine Schwangerschaft gibt es nicht”, sagt sie. Eines sei allerdings immer wichtig: Die Väter nicht aus der Verantwortung zu lassen. “Wir brauchen die Männer, die in Elternzeit gehen”, sagt sie. Bei Jana Husemann hat das geklappt. “Wir haben beim ersten Kind beide sieben Monate Erziehungsurlaub genommen”, berichtet sie.

Bei der Bewältigung der nötigen Formalitäten mag für Ärztinnen in einem Anstellungsverhältnis einiges einfacher sein, aber die Entscheidungsfreiheit als Selbstständige hat große Vorteile, ist sie überzeugt. Gleichwohl war sie beim ersten Kind unangenehm überrascht, wie schwer es war, Informationen und Tipps zu bekommen, wie Elternschaft und Hausarztpraxis vereinbar sind und was zu beachten ist. “Ich hatte das Gefühl, dass ich bei der KV Hamburg und bei meinem Steuerberater die erste war, die danach gefragt hat”, berichtet sie.

Arbeitszeiten selbst anpassen

Die Hausärztin ist in einer Gemeinschaftspraxis mit zwei weiteren Kollegen, einem angestellten Arzt und mittlerweile zwei Ärzten in Weiterbildung tätig. Als sie mit ihrer ersten Tochter schwanger war, entschied sie sich dafür, eine Vertretung zu beschäftigen – was durchaus Untiefen haben kann.

Denn erhält sie oder er ein Honorar, besteht die Gefahr, dass die Rentenversicherung wegen Scheinselbstständigkeit später Arbeitgeberbeiträge einfordert. Dieses Risiko ist Jana Husemann eingegangen. Dabei war es nicht leicht, überhaupt eine Vertretung zu finden. “Das hat mich gestresst”, sagt sie.

Bei ihrer zweiten Tochter geht sie einen anderen Weg. Der angestellte Arzt hat seine Arbeitszeit aufgestockt, ein zweiter Arzt in Weiterbildung arbeitet in der Praxis. Auch sie selbst ist weiterhin tätig und übernimmt etwa administrative Tätigkeiten, die sie von zu Hause aus erledigen kann. Ihr Partner wird wieder Elternzeit nehmen.

Als Jana Husemann nach der Geburt der ersten Tochter wieder in die Praxis ging, hat sie noch gestillt – was dank abgepumpter Milch unproblematisch war. Mit einem Jahr ging das Kind in die Krippe. Ihre Sprechstundenzeiten konnte die Ärztin daran anpassen. Früher waren sie nachmittags, jetzt liegen sie zwischen 8 Uhr und 15 Uhr. ” Dadurch kann ich meine Tochter von der Kita abholen”, berichtet die Hausärztin. “Die Arbeitszeiten selbst anpassen zu können, ist ein großer Vorteil.”

Jana Husemann ist Vorsitzende des Hamburger Hausärzteverbandes. Ihr berufspolitisches Engagement hat sie zur Geburt ihres zweiten Kindes nur für zwei Wochen ausgesetzt. Trotzdem: Die berufspolitischen Strukturen sind nach ihren Erfahrungen zu wenig auf die Bedürfnisse von Eltern abgestimmt. “Sitzungszeiten sind nicht familienfreundlich, wenn es bis spät in die Nacht geht”, sagt sie.

Online-Sitzungen, wie sie durch die Pandemie üblich wurden, sind dagegen eine gute Entwicklung. Die Allgemeinmedizinerin hat ihre Töchter auch schon zu berufspolitischen Veranstaltungen mitgenommen. Dass eine Kinderbetreuung bei berufspolitischen Veranstaltungen selbstverständlich wird, ist wichtig, ist Jana Husemann überzeugt.

Der Abstimmungsbedarf ist groß

Welchen Unterschied es macht, als angehende, als angestellte oder als freiberufliche Medizinerin Nachwuchs zu bekommen, weiß die Hausärztin Dr. Elke Neuwohner aus Ebsdorfergrund-Dreihausen genau. Sie ist in einer Gemeinschaftspraxis mit einem Kollegen und einer Kollegin zwischen Marburg und Gießen tätig und hat sechs Kinder zwischen vier und 24 Jahren.

Ihr erstes Kind bekam sie als Studentin im 3. Semester. “Ich fand es gut”, sagt sie. Ihre Familie, Freunde und Bekannte auch – was Vieles erleichterte. Auch ihr Mann studierte Medizin. “Im PJ war es schwierig”, berichtet sie. Das haben ihr Mann und sie versetzt gemacht. Beim vierten Kind war sie bereits in der Weiterbildung. Sie blieb im Mutterschutz zu Hause, ihr Mann arbeitete in Teilzeit.

Zwei Kinder hat sie geboren, seit sie Hausärztin ist. Bei beiden hat sie ein bis zwei Wochen bis vor dem Entbindungstermin gearbeitet. “Ich hätte es aber auch schön gefunden, sechs Wochen bezahlt daheim zu bleiben”, sagt sie. “Mein Mann hat mir die Kinder zum Stillen in die Praxis gebracht”, sagt sie.

Wenn die Kinderbetreuung ausfällt, kann sie die Kinder auch mal mitnehmen. ” Allerdings ist der Abstimmungs- und Redebedarf mit allen Beteiligten groß. Beim ersten Kind hat sie ein Quartal ausgesetzt, die Kollegin und der Kollege übernahmen ihre Patienten. Das hat sich langfristig ausgeglichen. Die beiden hatten aus anderen Gründen längere Auszeiten. Beim zweiten Kind sprang Elke Neuwohners Mann ein, der Internist ist, und vertrat sie.

Im Vergleich zu ihrer Zeit als angestellte Medizinerin schätzt sie ihre Freiheit als Hausärztin. “Kinder zu haben, ist in der Praxis entspannter”, sagt sie. Die Digitalisierung kann gerade bei der Vereinbarung von Familie und Beruf vieles vereinfachen, etwa Videosprechstunden oder vom Homeoffice auf die Daten in der Praxis zugreifen zu können, ist sie überzeugt.

Bewusste Entscheidung für die Allgemeinmedizin

“Ich habe mich bewusst für die Allgemeinmedizin entschieden, weil ich wusste, das kriege ich gut mit Kindern hin”, sagt sie. Das hat sich bestätigt. Ihre Sprechstundenzeiten gehen vormittags von 9 bis 13 Uhr und beginnen nachmittags um 16 Uhr. “Ich kann morgens mit meinen Kindern frühstücken”, das war während meiner Zeit in der Klinik nicht möglich. Das hat mich gestört”, sagt sie. “Ich verlasse ungern morgens vor meinen Kindern das Haus.”

Und sie kann jederzeit sofort reagieren, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Doch bei allen Vorteilen, es gibt auch einen Wermutstropfen: die fehlende ökonomische Absicherung für die Zeit rund um die Geburt und die Monate danach. “Selbstständig zu sein ist schön”, betont die Ärztin. “Aber in Zeiten, wo man nicht so stark ist, gibt es zu wenig Unterstützung.”

So hat Elke Neuwohner bei der KV angerufen und um Unterstützung gebeten – ohne Erfolg. Auch sie fände mehr Hilfe bei der Suche nach einer Vertretung für die Praxis gut. “Ich hätte mir gewünscht, dass es dafür einen Pool gibt”, sagt sie. Auch vorgesehene finanzielle Leistungen haben für Hausärztinnen Tücken.”

Das Elterngeld ist nicht gut auf die Selbstständigkeit ausgerichtet”, weiß sie. Das führt zu absurden Dingen. Die laufenden Unkosten in der Praxis etwa werden als wirtschaftliche Tätigkeit gewertet und das Elterngeld gekürzt. Das gilt auch für eingehende Beträge aus Rechnungen für viel früher erbrachte Leistungen. Elke Neuwohner: “Es wäre gut, wenn es Ärztinnen gerade in dieser Phase leichter gemacht würde.”

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