PraxismanagementGut organisiert

Die Corona-Pandemie hat die Belastung der Hausärztinnen und Hausärzte enorm gesteigert und einmal mehr gezeigt: Ohne gute Organisation, Pünktlichkeit und Kooperation aller Beteiligten geht in der Praxis nichts. Aber wann machen Neuerungen im Praxisalltag Sinn?

Praxismanagement: Neben der Pandemie bestimmen personelle Fragen und hohes Patientenaufkommen die Organisation.

Über die beste Praxisorganisation ist schon viel philosophiert worden. Eine Organisation ist nur dann gut, wenn sie auf die individuellen Bedürfnisse von Hausärztin/Hausarzt und Praxisteam zugeschnitten ist.

Das fängt bei praktischen Fragen der Sprechstundenzeiten an und geht über die Organisation von Impf-Terminen bis hin zur Integration von technischen und digitalen Lösungen.

Zusätzliche Impfangebote erfordern gute Organisation

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen lässt sich nur mit guter Organisation on top in den hausärztlichen Praxisalltag integrieren. Eine online-Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung unter fast 3.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im Dezember ergab, dass mehr als 90 Prozent der Haus- und Facharztpraxen neben der regulären Sprechstunde zusätzliche Impfangebote organisiert hatten (wir berichteten).

Wie die Patientenversorgung und Impf-Termine in den Praxisalltag eingetaktet werden, ist eine Frage der individuellen Organisation. Die Umsetzung bei Deutschlands Hausärzten ist vielfältig:

  • Blocktermine am Mittwoch-Nachmittag,
  • Blocktermine am Samstag / Impfwochenenden,
  • Blocktermine nach Ende der regulären Sprechstunde,
  • Umwidmung einer regulären Nachmittags-Sprechstunde zum Impf-Slot,
  • Ausschließliche online-Registrierung,
  • Impfen während der regulären Sprechstunde ohne vorherige Anmeldung,/li>
  • Bewerbung und kurzfristige Vergabe freier Impftermine über die sozialen Medien,
  • Infekt-Sprechstunden für Testungen und Akut-Patienten.

Neben der Corona-Pandemie bestimmen aber auch personelle Fragen und hohes Patientenaufkommen in Folge des Fachärztemangels die Organisation. Er biete nur zwei Nachmittagssprechstunden an, sagt zum Beispiel Hausarzt Stefan Lodders aus Halle in Sachsen-Anhalt, weil er mehr Nachmittage personell nicht abdecken könne.

Die Integration neuer Angebote und Tools, die insbesondere im Zuge der Digitalisierung möglich sind, muss nicht nur deshalb wohl überlegt sein.

“Nichts ist schlimmer, als Patienten mühsam an eine Neuerung zu gewöhnen und sie dann rückgängig zu machen, weil sie nicht funktioniert”, sagt ein Hausarzt aus dem Landkreis Aschaffenburg.

Jeder zehnte Hausarzt nutzt die Videosprechstunde

Das mag ein Grund dafür sein, dass die Videosprechstunde nur langsam Einzug in den hausärztlichen Praxisalltag in Deutschland hält. Noch ist die Ärzteschaft zurückhaltend, auch wenn die Corona-Pandemie der Videosprechstunde einen Schub verliehen hat.

Mit insgesamt knapp 2,6 Millionen Videosprechstunden seien diese im ersten Halbjahr 2021 häufiger angeboten worden als im selben Zeitraum 2019 oder 2020 (+2.256.591 gegenüber 2019 und +785.289 gegenüber 2020), berichtete etwa das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung im vergangenen Juni.

Die Gesamtzahl der Haus- und Fachärzte, die Videosprechstunden anbieten, bewegt sich jedoch nur im unteren fünfstelligen Bereich. Die Videosprechstunde ersetze nicht den persönlichen Kontakt, scheint die überwiegende Haltung.

Gute Erfahrung mit Videosprechstunde

Etwa jeder zehnte Hausarzt nutzte laut Informationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in 2021 die Videosprechstunde. Dr. Sabine Frohnes aus Kassel gehört dazu. Die Hausärztin hat gute Erfahrungen damit gemacht, infektiöse Patienten am Bildschirm zu sehen, denn “Patienten mit Magen-Darm-Erkrankungen sind doch sehr froh, wenn sie nicht in die Praxis kommen müssen”. Diese kurzen Konsultationen ließen sich gut zwischen feste Termine einschieben.

Eine Hausärztin aus Baden-Württemberg berichtet, sie nutze die Videosprechstunde vor allem für Covid-19-Patienten, die symptomlos seien oder unter leichten Symptomen litten. Er habe nicht die Klientel für Videosprechstunden, sagt hingegen ein Hausarzt aus dem Landkreis Würzburg. “Unsere Patienten haben einen höheren Altersdurchschnitt und verfügen zu Hause entweder nicht über die nötige Hardware oder können diese nicht allein bedienen.”

Gut angenommen werde hingegen die tägliche Telefonsprechstunde, die er im Wechsel mit seiner Kollegin für kurze Konsultationen wie der Besprechung von Laborwerten anbietet. Auch das Rezept-Telefon habe sich bewährt, um den Druck von den Medizinischen Fachangestellten zu nehmen.

Die offene Sprechstunde hat die Praxis aus dem Landkreis Würzburg mit Beginn der Pandemie aufgegeben und wird sie wohl auch nicht wieder einführen. Mehrere Kollegen aus dem Umkreis haben zuletzt ihre Praxis aus Altersgründen ohne Nachfolger aufgegeben.

Die große Zahl der Patienten sei ohne feste Strukturen nicht mehr zu leisten, sagt der Hausarzt. Dr. Sabine Frohnes sagt ganz offen: “Die beste Organisation gibt es nicht. Praxisstrukturen unterliegen immer einem gewissen Wandel und müssen sich an aktuelle Gegebenheiten anpassen.”

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