Berlin. Der Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen „markiert den Start Richtung barrierefreies Gesundheitswesen“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Vorlage des 77 Seiten umfassenden Plans am Montag (2.12.).
Neben der Barrierefreiheit in der Langzeitpflege oder der Inklusiven Gesundheitsförderung und Inklusion sollen auch Arztpraxen barrierefreier werden, Maßnahmen dazu sollten aus dem Strukturfonds der Kassenärztlichen Vereinigungen gefördert werden.
Zum Hintergrund: Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung diesen Strukturfonds zu bilden. Geregelt ist das im Paragrafen 105 SGB V. Mindestens 0,1 Prozent und höchstens 0,2 Prozent der vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung müssen in den Strukturfonds fließen – in gleicher Höhe müssen die Krankenkassen Gelder für den Fonds zur Verfügung stellen.
Strukturfonds schon arg strapaziert
Im Paragrafen ist auch geregelt, wofür die Mittel verwendet werden sollen. Unter anderem werden Zuschüsse zu Investitionskosten bei Neuniederlassungen, bei Praxisübernahmen oder bei der Gründung von Zweigpraxen genannt.
Ebenso sind Zuschläge zur Vergütung und zur Ausbildung, die Förderung der Vergabe von Stipendien oder von Eigeneinrichtungen oder die Förderung der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich. Auch die Terminservicestellen werden über den Strukturfonds finanziert. Ebenso kann die KV telemedizinische Versorgungsformen und telemedizinische Kooperationen von Ärzten über den Fonds fördern.
Aufgrund des Strukturfonds stünde bundesweit ein Finanzvolumen zwischen rund 29 und 58 Millionen Euro für Fördermaßnahmen zur Verfügung, heißt es im Aktionsplan. Obwohl die Norm die Förderung der Barrierefreiheit nicht ausdrücklich ausschließe, seien beispielsweise im Jahr 2022 keine Mittel des Strukturfonds zur Förderung der Barrierefreiheit in Arztpraxen geflossen.
Mittel für barrierefreie Maßnahmen vorsehen
Dass in dem Paragrafen Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit nicht genannt sind, möchte Lauterbach ändern. Das BMG werde sich für eine gesetzliche Regelung einsetzen, dass „Maßnahmen zur Förderung der Herstellung der Barrierefreiheit“ explizit im Paragrafen ergänzt werden. Dazu soll ein „gesetzlich zu bestimmender Anteil der Strukturfondsmittel zweckgebunden vorgegeben“ werden, ist im Aktionsplan nachzulesen.
Ob Lauterbach das noch umsetzen kann, dürfte fraglich sein. Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen äußerte die Hoffnung, dass die nächste Bundesregierung den Aktionsplan für ein „Inklusives Gesundheitswesen übernimmt und fortführt“.
“Eine grundsätzliche Pflicht zur Barrierefreiheit für alle Praxen wäre nur handhabbar, wenn sie auch gegenfinanziert würde”, hatte Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes bereits im Mai erklärt. Dafür müssten große Fördertöpfe aufgelegt werden. Das Geld aus dem Strukturfonds zu nehmen (wie es Bundesgesundheitsminister Lauterbach vorsieht), das von Ärzten und Krankenkassen für Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung abgezweigt wird, , lehnt der Verband klar ab. Beier: „Natürlich ist das Ziel richtig. Aber dann muss dafür auch Geld zur Verfügung gestellt werden. Einfach den Strukturfonds anzuzapfen ist inakzeptabel. Das Geld wird an anderer Stelle zwingend gebraucht.“
Den Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen finden sie unter: www.hausarzt.link/YRwVF