Die 78-jährige Frau W. klagt über länger anhaltende kolikartige Bauchschmerzen. Nach ausführlicher Anamnese und Sonografie stellt ihr Hausarzt eine Nierenkolik aufgrund eines Harnsteins fest.
Kausistik
Anamnese: Die 78-jährige Frau W. wird von ihrer Tochter in die Praxis des Hausarztes gebracht, da sie seit 15 Stunden über zunehmende, teils kolikartige Bauchschmerzen klagt. Die Schmerzen seien nicht immer da, sondern kämen schubweise immer wieder.
Verdauung und Miktion seien unauffällig, weder der Stuhl noch der Urin seien auffällig gewesen. Frau W. berichtet über eine leichte Übelkeit. Bekannt sind eine KHK, eine Hypertonie, eine COPD, ein degeneratives WS-Leiden und eine leichtgradige Demenz. Medikation: ASS, AT1-Blocker, Diuretikum und ein inhalierbarer Muscarin-Rezeptor-Antagonist.
Befund: 78-jährige Patientin in leicht reduziertem AZ, aber gutem EZ, Haut gut durchblutet, kein Ikterus, keine Zyanose. Herz klinisch ob, HF 84/min, RR 150/80 mmHg. Über der Lunge vereinzelt Giemen. Abdomen weich, deutlicher Druckschmerz im re. Mittel- und Unterbauch lateral, Darmgeräusche normal. Re. Nierenlager leicht klopfempfindlich.
Im Urin nachweisbare Mikrohämaturie, Oxalatkristalle, keine Infektzeichen. Labor: BKS 17/30 mm n.W., Leukozyten 11.000/µl, Hb 12,3 g/dl. Transaminasen und gamma-GT ob, Kreatinin 1,28 mg/dl. Sono: Leber, GB, Pankreas ob, re. Niere: Stauung des Nierenbeckens, linke Niere ob.
Diagnose und Therapie: Aufgrund der Vorgeschichte und der erhobenen Befunde dürfte es sich bei Frau W. um eine Nierenkolik rechts bei Harnsteinleiden handeln. Der Sonobefund und das Schmerzmaximum im re. Mittel-/Unterbauch sprechen für ein praevesikales Konkrement rechts.
Als Erstmaßnahme injiziert ihr Hausarzt Novaminsulfon und Butylscopolamin i.v., worunter die Schmerzen innerhalb von 20 Minuten deutlich nachlassen. Er bespricht die Situation mit der Patientin und der Tochter und überweist an einen Urologen. Der Stein wird dann mittels einer Schlinge geholt und Frau W. war danach anhaltend beschwerdefrei.
EBM
Zur Abrechnung kommt altersabhängig die Versichertenpauschale 03000. Die Kassenärztliche Vereinigung setzt automatisch die Pauschalen 03040, 03060, 03061 und 32001 zu. Bei der Vorgeschichte Abrechnung der Chronikerpauschale I (03220) und der geriatrischen Betreuung gemäß GOP 03362 (Abrechnung 03360 im Vorquartal).
Die Sonografie berechnet der Hausarzt mit der 33042, den Urin mit den GOP 32030 und 32031. Für das Gespräch die 03230. Die Laboranalysen rechnet die Laborgemeinschaft ab.
GOÄ
Für Beratung und Untersuchung gibt es in der GOÄ die Nrn. 1 und 7; die Nr. 1 kann man aufgrund des längeren Gesprächs am Ende der Konsultation mit dem Faktor 3,5 steigern. Die Sonografie rechnet der Hausarzt mit den Nrn. 410 und dreimal 420 ab, die Urinuntersuchung mit den Nrn. 3511 und 3531, die Blutabnahme mit der Nr. 250.
Die Laborwerte werden als Einzelleistung mit den entsprechenden Gebührenziffern abgerechnet. Für die Injektion, die eine erneute Venenpunktion erforderlich macht, wird die Nr. 253 angesetzt. Die verbrauchten Medikamente kann man als Sachkosten in Rechnung stellen.
HZV
Für die Hausarztverträge betrachten wir Thüringen. Hier gibt es Verträge mit den BKKen, der TK und der IKKclassic. In allen Verträgen kommen die entsprechenden Betreuungs- und Chronikerpauschalen zum Tragen.
Ebenso honorieren alle Verträge die Sonografie als Einzelleistung mit 21 Euro. Die geriatrische Betreuung ist bei der TK in der Pauschale enthalten, in den beiden anderen Verträgen als Einzelleistung abrechenbar.
Schwerpunkt: Sonografie in der GOÄ
Hausärztlich relevante Sonografieleistungen in der GOÄ sind vor allem die Nrn. 410 und 420 als organunspezifische Leistungen sowie die Nr. 417 (Sonografie der Schilddrüse). Dabei sind die Nrn. 410 (200 Punkte) und 420 (80 Punkte) für alle Einzelorgane zuständig, die nicht in anderen Sonografie-Ziffern einzeln benannt sind.
Dabei rechnet man die Nr. 420 immer dann ab, wenn man neben einem Einzelorgan gemäß Nr. 410 bis 418 weitere Organe untersucht. Die Nr. 420 darf dabei bis zu dreimal pro Sitzung anfallen. Wegen der Unspezifität der Leistungslegende muss die Rechnung sowohl bei der Nr. 410 als auch bei der Nr. 420 die untersuchten Organe enthalten.
Was aber zählt als Organ? Nach den Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt VI Nr. 6 gelten neben den anatomisch definierten Organen auch der Darm, Gelenke als Funktionseinheiten und Lymphknoten, Muskelgruppen und/oder Gefäße einer Körperregion als jeweils ein Organ.
In letzterem Fall gilt die Leistung auch als erbracht, wenn man nur Muskelgruppen oder nur Lymphknoten oder nur Gefäße untersucht.
Eindeutig ist, dass paarige Organe wie die Nieren als zwei Organe gelten, die beiden Schilddrüsenlappen jedoch nur ein Organ darstellen. Sollte ein Organ nicht vorhanden sein (Operation oder fehlende Anlage), so gilt das Organ dennoch als untersucht, wenn man die entsprechende Region aus medizinischer Indikation untersuchen musste.