Seit etwa einem halben Jahr bekommt Herr A. schlechter Luft beim Spazierengehen (s. Kasuistik). Nach ausführlicher Untersuchung diagnostiziert sein Hausarzt eine COPD.
Kasuistik
Anamnese: Herr A., 64 Jahre, stellt sich bei seinem Hausarzt vor, weil ihm aufgefallen ist, dass er seit etwa einem halben Jahr schlechter Luft bekommt, wenn er spazieren geht, vor allem beim Bergangehen. Bekannt sind ein behandelter Hypertonus, eine Fettleber sowie multiple Bandscheibenvorfälle lumbal.
Aktuelle Medikation: AT1-Blocker, Diuretikum und bei Bedarf Ibuprofen. Herr A. war im Straßenbau beschäftigt und Mitglied einer Reparaturkolonne auf Autobahnen. Er ist seit sechs Jahren Frührentner wegen der Wirbelsäulenbeschwerden. Alkoholkonsum: 1 Flasche Bier/Tag; Nikotin aktuell 20 Zigaretten/Tag, insgesamt 45 py.
Befund: 64-jähriger Patient, normalgewichtig (BMI 24,8 kg/qm) und in leicht reduziertem AZ. Haut und sichtbare Schleimhäute ausreichend durchblutet, keine Ruhedyspnoe. Herz klinisch unauffällig, über der Lunge vereinzelt Giemen und Brummen, vesikuläres Atemgeräusch. HF 84/min; RR 145/80 mmHg.
Abdomen ob. Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt. EKG unauffällig, in der Ergometrie kein Hinweis auf eine KHK. Spirometrie: Reduzierte Einsekundenkapazität (65 Prozent des Sollwerts, CAT-Score B). Nur unwesentlicher Anstieg nach Bronchospasmolyse (+6 Prozent). Im Labor kein Anämiehinweis; proBNP im Normbereich.
Diagnose und Therapie: Der Hausarzt stellt eine COPD Stadium Gold 2 CAT B, ICD: J44.92G fest und verordnet eine inhalative Kombinationstherapie (Anticholinergikum und Betamimetikum). Zugleich bespricht er mit Herrn A. die dringend erforderliche Nikotinkarenz. In mehreren Gesprächen in den nächsten Wochen wird dieses Problem immer wieder thematisiert.
Als dann unter der Therapie die Beschwerden zurückgehen, fasst Herr A. nach acht Wochen den Entschluss, das Rauchen auf Dauer aufzuhören. Bei einer Kontrolle nach einem halben Jahr ist Herr A. immer noch nikotinfrei.
EBM
Da es sich um einen Zweitkontakt im Quartal handelt, sind die üblichen Quartalspauschalen bereits abgerechnet. Hinzu kommt lediglich die Chronikerpauschale II, die GOP 03221 (4,26 Euro). Zur differentialdiagnostischen Abklärung der Atemnot rechnet der Hausarzt bei den nächsten Konsultationen eine Ergometrie (GOP 03321) ab, zusätzlich eine spirografische Untersuchung nach GOP 03330. Der Spasmolysetest ist nicht gesondert abrechenbar, da man die GOP 03330 lediglich einmal bei einer Sitzung ansetzen darf.
Die Laboruntersuchungen rechnet die Laborgemeinschaft (LG) ab mit Ausnahme des proBNP (GOP 32097/19,40 Euro), das nicht aus der LG bezogen werden darf. Hier ist eine Abrechnung bei Erbringung in der Praxis und entsprechender Qualitätssicherung möglich. Für die Gespräche berechnet der Hausarzt sämtlich die GOP 03230.
GOÄ
Gemäß GOÄ kann der Hausarzt die Nrn. 1, 8, 651 und 250 sowie die anfallenden Laboruntersuchungen (Kapitel M) in Rechnung stellen. Die proBNP-Bestimmung in der Praxis kann er mit der Nr. 4062 analog abrechnen, nach Angabe der BÄK mit vollem Satz (480 Punkte/ 27,98 Euro). Bei der nächsten Konsultation setzt der Hausarzt dann die Nr. 652 für die Ergometrie, Nrn. 605 und 605a für die Spirometrie sowie die Nr. 609 für den Bronchospasmolysetest an.
Da es sich um eine Erstdiagnose handelt, kommt es zur intensiven Erörterung, abgerechnet mit der Nr. 34. Für weitere eingehende Beratungen stellt der Arzt jeweils die Nr. 3 in Rechnung, jedoch nur neben körperlichen Untersuchungsleistungen, ansonsten mit der Nr. 1 bei erhöhtem Faktor (3,5-fach).
HZV
Für die Betrachtung der HZV-Verträge gehen wir in die KV-Region Nordrhein. Bei den Verträgen mit TK, EK und IKKclassic ist die Ergometrie in der Pauschale enthalten; der BKK-Vertrag honoriert sie als Einzelleistung mit 26 Euro; bei AOK, Knappschaft und LKK ist sie im Ziffernkranz nicht enthalten und wäre damit über die KV abrechenbar.
Die GOP 03330 ist in allen Verträgen in der entsprechenden Pauschale enthalten; die Bestimmung des proBNP (GOP 32097) muss man für alle Kassen mit der KV abrechnen, zusätzlich zur Kennziffer 88192.
Schwerpunkt: Spirometrie in der GOÄ
Während die Abrechnung der Spirometrie im EBM für Hausärzte lediglich mit der pro Sitzung einmaligen Abrechnung der GOP 03330 (6,39 Euro) möglich ist, bietet die GOÄ diffizilere Optionen.
Die einfache Ruhespirografie wird mit der Nr. 605 (14,11 Euro) für die Spirografie und der Nr. 605a (8,16 Euro) für die Darstellung der Flussvolumenkurve abgerechnet, indiziert bei jeglicher Form von geklagter Dyspnoe und damit ein tägliches Problem. Sozusagen die kleine Schwester ist die Nr. 608 (4,43 Euro), die ruhespirografische Teiluntersuchung. Diese kommt etwa bei einer Peakflowmetermessung in der Praxis infrage.
An jede auffällige, vor allem obstruktive Ruhespirografie sollte sich zur Diagnostik ein Bronchospasmolysetest anschließen, abrechenbar mit der Nr. 609 (10,61 Euro). Die Nr. 609 ist neben den Nrn. 605 und 605a abrechenbar, die Kosten für das Medikament sind im Honorar enthalten.
Einige Spirometer können zusätzlich den Atemwegswiderstand messen. In Ruhe ergänzt sich die Abrechnung mit der Nr. 603 (5,25 Euro), beim Broncholysetest mit der Nr. 604 (9,33 Euro). Eine oft sinnvolle Ergänzung zur spirografischen Untersuchung ist die Bestimmung der Sauerstoffsättigung, gemessen mit einem Pulsoximeter. Die GOÄ hält dafür die Nr. 602 (8,86 Euro) vor.
Literatur
- https://hausarzt.link/f8zTh (EBM);
- https://hausarzt.link/eNZRR (GOÄ);
- https://hausarzt.link/01BC2 (HZV)