Ziele klar formulieren
Zur Mitarbeiterführung gehören insbesondere drei Bereiche: das Team und dessen Kooperation, der Führungsstil des Chefs sowie die Führungsstrategie bzw. Zielsetzung. Dabei kommt der Zielsetzung besondere Bedeutung zu, denn sie bildet die übergeordnete Maxime für das gesamte Team.
„Das gemeinsame Ziel ist der entscheidende Faktor, der aus einer Gruppe ein Team bildet, bzw. aus ‚Aufgabenerfüllern‘ Mitarbeiter macht, die mit Spaß für ihre Praxis und für ihre Zielsetzung arbeiten“, erklärte Dr. Martin Wilke, Haar. Voraussetzung dafür ist natürlich die Kenntnis der Ziele – die möglichst klar und eindeutig zu formulieren sind. Dass die Ausformulierung dieser Ziele im Detail einen großen Unterschied macht, zeigte Wilke an zwei Beispielen. Eine Praxis setzt sich folgende Ziele: Wir konzentrieren uns auf den medizinischen Fortschritt und machen diesen für jedermann verfügbar. Unsere Mitarbeiter sind hervorragend ausgebildet. Unsere Praxis ist auf dem neuesten Stand.
Eine völlig andere Intention vermitteln diese Ziele: Wir machen Medizin für Menschen und konzentrieren uns auf die Wünsche unserer Patienten. Unsere Mitarbeiter sind freundlich und zugewandt. Unsere Praxis ist ein Ort zum Wohlfühlen. „Je nach Zielsetzung werden Sie andere Mitarbeiter und langfristig auch andere Patienten haben. Somit können Sie erheblichen Einfluss auf Ihr Arbeitsumfeld nehmen“, erklärte Wilke.
Konflikte ansprechen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zusammensetzung des Teams. Jedes neu zusammengestellte Team, aber auch jedes bereits bestehende Team, das einen neuen Mitarbeiter bekommt, durchläuft verschiedene Phasen. Gemäß den „Teamphasen nach Tuckman“ sind dies: Forming, Storming, Norming und Performing. (Abb. 1) Beim „Forming“, sucht jedes Mitglied seine Rolle und Position im Team. Diese Phase ist geprägt von Unsicherheit und besonderer Höflichkeit. Daher ist es vorteilhaft, wenn der Chef Ziele und Vorgaben der gemeinsamen Zusammenarbeit deutlich macht.
Einige Zeit später wird die Rollenverteilung neu ausgehandelt – das Team tritt in die Storming-Phase ein. Sie ist gekennzeichnet durch Positionskämpfe und Konflikte. Hier ist es für den Chef wichtig, gelassen zu bleiben, gleichzeitig jedoch die Streitigkeiten zu erkennen und anzusprechen. „Seitens des Teams wird erwartet, dass der Chef das Gespräch sucht“, erklärte Wilke. In der Norming-Phase beruhigt sich die Gruppe, da nun „ausgehandelt“ ist, wer welche Rolle übernimmt. Es entsteht ein „Wir-Gefühl“. In der Performing-Phase handelt und arbeitet das Team einvernehmlich und orientiert sich am gemeinsamen Ziel. Dennoch können auch in einem gut eingespielten Team mal Konflikte auftreten. Damit diese Streitigkeiten nicht eskalieren, ist es hilfreich, öfter Einzelgespräche zu führen. Denn wer frühzeitig über sich anbahnende Konflikte Bescheid weiß, kann diese entweder zeitnah entschärfen oder sich auf ein Gespräch mit dem Team vorbereiten. Wichtig ist, den Konflikt nicht nur anzusprechen sondern auch zu einem Ergebnis zu führen. Wie die Lösung herbeigeführt wird, hängt vom Führungsstil des Arztes ab.
Führungsstil anpassen
Damit der Praxisbetrieb möglichst reibungslos läuft, ist es wichtig, dass Mitarbeiter und Chef vertrauensvoll miteinander arbeiten. Das schließt auch Gespräche über eventuelle Probleme eines Angestellten mit ein. Demgegenüber steht die Autorität, die einerseits auf natürliche Weise gegeben ist, andererseits jedoch mehr oder weniger stark ausgelebt werden kann. So reicht der persönliche Führungsstil von direktiv (ich sage was und wie es gemacht wird) bis zu erfragend (wie sollten wir es ihrer Meinung nach zukünftig machen?).
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, je nach Situation unterschiedliche Führungsstile zu wählen. Diese Vorgehensweise bezeichnet man als ‚situatives Führen‘. Demnach richtet man seinen Führungsstil danach, wie kompetent (im Sinne von Erfahren) der Mitarbeiter ist. Ein unerfahrener Mitarbeiter sollte vor allem unterwiesen werden, während man bei zunehmend erfahrenen Mitarbeitern eher erfragend vorgeht.
Wilke verdeutlichte dies an einem Beispiel. „Wendet sich ein erfahrener Angestellter mit einer Frage an Sie, geben Sie ihm keine direkte Antwort, sondern fragen ihn nach seinem Lösungsvorschlag.“ Das hat den Vorteil, dass der Mitarbeiter selbst über die Problemlösung nachdenkt und zukünftig eher eigenverantwortlich handeln wird, anstatt ihre Zeit in Anspruch zu nehmen. Allerdings riet Wilke, auch zuverlässige Mitarbeiter immer wieder konkret für ihre gute Arbeit zu loben. Aber kein allgemeines: „das haben Sie gut gemacht“, sondern: „was mich bei Ihnen beeindruckt ist, dass Sie Aufgabe XY immer fehlerfrei erledigen und ich mich darauf verlassen kann.“
Vertrauen aufbauen
„Eine stark autoritäre Haltung ist eigentlich nicht nötig, denn aufgrund der Funktion als Arbeitgeber ist ohnehin ein Hierarchievorsprung vorhanden“, erklärte Wilke. Wichtiger ist vielmehr, ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Vertrauen entsteht, wenn drei Teilbereiche gegeben sind: Kompetenz, Benevolenz und Integrität. Als Arzt ist ihre Kompetenz unbestritten. „Kein Angestellter wird denken, eigentlich sollte ich hier der Arzt sein“, erklärte Wilke. Benevolenz bedeutet, dass der Angestellte von den guten Absichten des Chefs überzeugt ist und Integrität entsteht, wenn er sich auf dessen Wort oder Zusage verlassen kann. „Gelingt es, auf Grundlage dieser Aspekte ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Mitarbeitern aufzubauen, stellt sich die Autorität von alleine ein“, resümierte Wilke.
5. Forum: „Die Hausarztpraxis im Fokus“ in München, Veranstalter: MSD SHARP & DOHME GMBH