© macrovector - stock.adobe.comAngaben Kompressionsstrumpf
“Rundstrick”
In der Regel verordnen wir Rundstrick-Strümpfe. Das bedeutet, dass der Strumpf in einem Stück, wie ein Schlauch, gefertigt wird. Der unterschiedliche Umfang an verschiedenen Stellen kommt durch variierende Maschengrößen und verschiedene Fadenspannungen zustande.
Flachstrick-Strümpfe hingegen werden in flachen Lagen gestrickt, die anschließend zusammengenäht werden. Für unterschiedliche Bereiche können verschiedene Maschenanzahlen benutzt werden. Dadurch kann der ausgeübte Druck individueller angepasst werden. Außerdem kann bei extrem dünnen oder dicken Beinen bzw. schwankendem Umfang eine bessere Anpassung erfolgen.
Häufiger erforderlich ist dies bei Patientinnen und Patienten mit Lip- und Lymphödem. Diese Strümpfe sind aber wesentlich teurer! Keinesfalls sollte man sie daher bei anatomisch unauffälligen Menschen mit “banaler” Varikosis verordnen, weil ein geschäftstüchtiges Sanitätshaus das verlangt.
“Falls erforderlich, nach Maß”
Im Sanitätshaus werden die Beine des Patienten ausgemessen. Danach kann der fachkundige Mitarbeiter entscheiden, ob die Konfektionsstrümpfe “von der Stange” passen, oder ob dieser Patient so ungewöhnliche Beine hat, dass extra für ihn Strümpfe nach Maß angefertigt werden müssen.
Auch dies ist natürlich teurer. Wenn wir die o.g. Formulierung auf das Rezept schreiben, ist das Sanitätshaus einerseits gefordert, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu handeln, andererseits muss das Rezept – falls doch einmal eine Maßanfertigung erforderlich ist – nicht noch einmal geändert werden.
“Spitze und Haftrand nach Patientenbedarf”
In den seltensten Fällen handelt es sich bei der Frage, ob die Spitze des Strumpfes offen oder geschlossen sein soll und ob ein Haftrand am Strumpf sein soll oder doch lieber Strumpfhalter getragen werden, um eine medizinische Entscheidung. Daher dürfen unsere Patientinnen dies selbst entscheiden, in der Beratung mit dem hoffentlich fachkundigen Personal des Sanitätshauses.
Kompressionsklassen
Die Kompressionsklasse gibt an, wie viel Druck auf das Bein ausgeübt wird.
Die meisten Patienten werden mit Kompressionsstrümpfen Klasse 2 versorgt, Klasse 3 wird nur selten toleriert. Klasse 1 ist mittlerweile auch verordnungsfähig. Natürlich ist dies weniger effektiv, aber wir meinen: Klasse 1 am Bein wirkt besser als Klasse 2 im Schrank! Außerdem kann es bei Patienten mit leichter pAVK eine Option sein.
“Erforderlich bei . . .”
Da es sich um ein Hilfsmittel handelt, muss zum einen das Kreuzchen auf dem Rezept bei der “7” gemacht werden, zum anderen muss eine Diagnose auf dem Rezept stehen. Wir haben in unserer Rezeptvorlage vier Diagnosen zur Auswahl angelegt. Warum genau diese vier? Das liegt daran, dass wir genau bei diesen vier Diagnosen die Ziffer 02313 abrechnen können.
Die Kompressionstherapie – GOP 02313
Aus unseren Seminaren wissen wir: Diese Ziffer wird viel zu oft erbracht und vergessen abzurechnen!
Der genaue Text des Leistungsinhalts lautet: “Kompressionstherapie bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen und/oder beim Lymphödem”, vergütet mit 50 Punkten, d.h. aktuell 5,56 Euro pro Bein und Sitzung.
Es wird nicht unterschieden, um welche Kompressionstherapie es sich handelt. Das bedeutet für uns, dass diese Ziffer nicht nur angesetzt werden darf, wenn wir oder unsere MFA mit Kompressionsbandagen ein ödematöses Bein “wickeln”, sondern auch, wenn wir ein Rezept für Kompressionsstrümpfe ausstellen oder z.B. den korrekten Sitz oder die Compliance des Patienten überprüfen.
So einfach soll das gehen? Naja, nicht ganz. Wir schauen noch einmal in den offiziellen Text. Dort findet sich der obligate Leistungsinhalt:
- Kompressionstherapie
- Dokumentation des Beinumfangs an mindestens drei Messpunkten zu Beginn der Behandlung, danach alle vier Wochen.
Die Kompressionstherapie wird durch den Strumpf erbracht. Wir müssen nun noch die Beine ausmessen, damit wir den Leistungsinhalt der Ziffer erfüllen. Welche Messpunkte genau dies sind, wird nicht näher ausgeführt. Es empfiehlt sich aber, praxisintern einen Standard zu etablieren. Ein möglicher Textbaustein für die Dokumentation wäre zum Beispiel:
“Umfang der Beine bei Kompressionstherapie: Links oberhalb des Knies ~cm, unterhalb des Knies ~cm, oberhalb des Knöchels ~cm; rechts oberhalb des Knies ~cm, unterhalb des Knies ~cm, oberhalb des Knöchels ~cm”
Ein Arzt-Patienten-Kontakt ist nicht obligat erforderlich. So kann z.B. jedes Mal, wenn ein Rezept für einen Kompressionsstrumpf von der MFA vorbereitet wird (Folge- oder Wechsel-Versorgung, üblicherweise zweimal im Jahr ein neues Paar Strümpfe), die MFA den Patienten kurz in ein Sprechzimmer bitten und die Maße erheben und dokumentieren.
Wenn die Maße dokumentiert sind, kann anschließend in den nächsten vier Wochen die Ziffer, so sie erbracht wird, abgerechnet werden. Falls die Ziffer nach mehr als vier Wochen erneut angesetzt werden soll, sind neue Messungen erforderlich.
Begrenzt ist die Ziffer in der Menge: “Die Gebührenordnungsposition 02313 unterliegt einer Höchstpunktzahl im Behandlungsfall von 3.750 Punkten. Der Höchstwert ist auch auf den Arztfall anzuwenden.” Das wären 75 x pro Patient im Quartal. Wir raten explizit nicht dazu, dies auszureizen!
Sie kommen hier sehr schnell in eine Prüfung, da Sie den Fachgruppendurchschnitt überschreiten. Wenn Sie aber z. B. jeweils bei Neuverordnung von Strümpfen an das Ausmessen und Ansetzen der Ziffer denken, würden wir dies für angemessen halten. Übrigens wird im Falle einer Prüfung zum einen das Vorhandensein der korrekten Diagnosen, zum anderen das Vorliegen von plausiblen Messwerten überprüft.
Es mag aber durchaus sein, dass auch die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt wird, falls jemand auf die Idee kommt, nun allen Patienten mit entsprechender Diagnose die Ziffer 75 x im Quartal anzusetzen – zu recht, wie wir finden. Bei aller Abrechnungskunst dürfen wir schließlich auch nicht vergessen: Jeder Euro im Gesundheitswesen kann nur einmal ausgegeben werden.
Hinter den “Rauchenden Köpfen” stecken vier Praxiserfahrene, die sich unermüdlich dafür einsetzen, die Bürokratie im Praxisalltag zu minimieren: Dr. Sabine Frohnes, Dr. Christoph Claus, Timo Schumacher und Moritz Eckert. Aus ihrer Feder stammen etwa die bekannten EBM- und GOÄ-Spicker. Tipps zu Abrechnung und Regressschutz publizieren sie in jeder Ausgabe von “Der Hausarzt”.