Dass das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) den Anspruch von Versicherten auf Schutzimpfungen erweitert hat, mag für Patienten eine frohe Botschaft gewesen sein – für Hausärzte sorgt die Neuregelung jedoch zunächst für einen bürokratischen Mehraufwand. Denn auch mehr als ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes ist die Umsetzung per Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und der Bezug der Impfstoffe über den Sprechstundenbedarf im Großteil der KV-Regionen noch immer nicht realisiert.
Das zeigt eine Umfrage von “Der Hausarzt” unter den 17 KVen.
Demnach haben allein Baden-Württemberg und Bayern ihre regionalen Impfvereinbarungen bereits entsprechend angepasst; in Thüringen stand die finale Unterzeichnung bei Redaktionsschluss zwar noch bevor, jedoch wurden die Ärzte im Land laut KV bereits informiert. Fünf weitere Regionen sahen den Verhandlungsabschluss zuletzt in so greifbarer Nähe, dass Hausärzten für Quartal 1/2020 die gewohnte KV-Abrechnung möglich sei.
In allen anderen Regionen muss die neue Kassenleistung zunächst als Privatliquidation abgerechnet werden.
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Arbeitgeber oder Krankenkasse?
Zum Hintergrund: Seit Inkrafttreten des TSVG am 11. Mai 2019 übernehmen die gesetzlichen Kassen mitunter auch die Kosten für berufliche Impfungen, für die bislang allein der Arbeitgeber in der Pflicht stand. Für Versicherte gebe es seither “zwei parallele Leistungsansprüche”, erklärt Ann Marini, Sprecherin des GKV-Spitzenverbands. Der Regelfall führt aus Kassensicht immer noch über den Arbeitgeber und folglich dessen Betriebsarzt; sollte der Arbeitgeber seiner Pflicht zum Arbeitsschutz jedoch nicht nachkommen, gelte der neue Anspruch. Aufgrund der abgerechneten Ziffer erkenne die Kasse, dass es sich um eine berufliche Impfung handelt – und könne sich die Kosten beim Arbeitgeber zurückholen. Dies gilt ebenso für Impfungen aufgrund beruflicher Auslandsaufenthalte sowie für solche, die durch Praktikum, Ausbildung oder Studium bedingt sind.
Regional wird noch verhandelt
Die Grundidee: Arbeitnehmer sollen nicht darunter leiden, wenn Arbeitgeber ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. So sollte der Versicherte auch nicht beim Arzt in finanzielle Vorleistung gehen müssen. “Es bleibt beim Sachleistungsprinzip der GKV”, betont Marini. Eine Impfung nach GOÄ plus Kostenerstattung sei nicht “Mittel der Wahl”.
Fakt ist jedoch, dass Ärzten in vielen KV-Regionen bislang keine andere Wahl bleibt. Denn: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Schutzimpfungs-Richtlinie zwar bereits im Oktober angepasst, mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 28. Dezember ist diese – samt Anlage 2, die Muster-Ziffernkränze für die neuen Leistungen listet – in Kraft getreten. Für berufliche Impfungen sieht diese die Buchstaben V, W, X und Y als Zusatz zu den Dokumentationsziffern vor. Doch ob diese 1:1 übernommen werden, liegt ebenso wie die Vergütung im Ermessen der regionalen Verhandlungen zwischen Kassen und KVen – und diese laufen in weiten Teilen Deutschlands noch, wie die Recherche von “Der Hausarzt” zeigt. Darüber hinaus habe es wohl “vereinzelt Probleme” mit der Übernahme der Ziffern in die Arztsoftware gegeben, heißt es auf Kassenseite.