Berlin. Voraussetzung, dass eine verordnete DiGA von der Kasse erstattet wird, ist, dass das Tool in das DiGA-Verzeichnis des BfArM aufgenommen wird. Im Fokus des Bewertungsverfahrens stehe der Patient, erklärte Dr. Wiebke Löbker Leiterin Stabsstelle BfArM-Innovationsbüro bei einem Rechtssymposium des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) am Freitag (17.6.). Es handele sich um CE-gekennzeichnete Produkte, die der Patient für sich nutze.
Hersteller, die gerne hätten, dass ihre DiGA im Verzeichnis gelistet wird, müssen beim BfArM einen Antrag stellen. Das BfArM prüft dann die eingereichten Unterlagen und berät den Hersteller.
Anforderungen an die DiGA
Das Produkt, so Löbker weiter, müsse bestimmte Anforderungen erfüllen, die in der „Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung – DiGAV) festgezurrt sind. Anforderungen an eine DiGA, die in der DiGAV aufgeführt werden, sind zum Beispiel:
- Sicherheit und Funktionstauglichkeit (Paragraf 3)
- Datenschutz und Datensicherheit (Paragraf 4)
- Qualität – hier insbesondere Interoperabilität, auch mit der elektronischen Patientenakte (Paragrafen 5, 6 und 6a). Auch müsse die DiGA frei von Werbung sein.
- Positive Versorgungseffekte (Paragrafen 8 bis 15). Positive Effekte könnten zum Beispiel die Reduzierung von Schmerzen oder eine Erhöhung der Lebensqualität sein, so Löbker. Der Hersteller muss den positiven Effekt mittels Studien nachweisen.
Der Hersteller könne grundsätzlich entscheiden, ob er eine vorläufige Aufnahme wähle oder den Weg der Erprobungsphase. Im ersten Fall benötige das BfArM etwa drei Monate Zeit, die Erprobungsphase umfasse 12 Monate.
Von 135 Anträgen 75 zurückgezogen
Dass das BfArM gut zu tun hat, belegen Zahlen. Stand Mai 2022 hat das BfArM 135 Anträge erhalten. 31 DiGA sind im Verzeichnis gelistet. Bei zwölf Anträgen hat das BfArM abgelehnt. 75 Anträge wurden von den Herstellern, nachdem sie Kenntnis von den Anforderungen erhalten hatten, zurückgezogen. 15 Anträge befinden sich derzeit in der Prüfung.
Zwölf DiGA seien mittlerweile dauerhaft im DiGA-Verzeichnis gelistet, drei davon seien vorläufig aufgenommen worden. Zwei DiGA seien mittlerweile aus dem Verzeichnis gestrichen worden. Die Prozesse seien transparent und im Verzeichnis nachlesbar, erklärte Löbker. Es gebe einerseits Informationen speziell für Fachkreise und andererseits Informationen für Patienten. In 80 Prozent der Fälle seien randomisierte kontrollierte Studien hinterlegt.
DiGA, so Löbker, hätten tatsächlich das Potenzial, die Versorgung zu verbessern. An dem in Deutschland entwickelten BfArM-Verfahren hätten Frankreich und Österreich bereits großes Interesse bekundet.
Kritischer Blick von G-BA-Chef Hecken
Der Euphorie verpasste G-BA-Chef Prof. Josef Hecken einen ordentlichen Dämpfer. Am besten gefalle ihm die Zahl 75 bzw. die zurückgezogenen Anträge. Zwar habe das BfArM das Beste aus den minimalen gesetzlichen Regelungen herausgeholt. „So lange ich G-BA-Vorsitzender bin, wird es aber kein Fast Track Verfahren geben“, erklärte Hecken.
Allein aus einer CE-Zertifizierung könne man bei einem Hochrisiko-Medizinprodukt nicht ableiten, dass dieses Produkt – sei es digital oder analog – am Ende wirksamer sei als ein anderes, so Hecken weiter. Am Ende des Tages müsse außerdem auch das Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsgebot erfüllt sein.
Bei Produkten der Risikoklassen 1 oder 2 seien Vergleichsstudien vielleicht noch vertretbar. Bei höheren Risikoklassen, so Hecken, sollte das BfArM vielleicht doch andere Bewertungsstandards anwenden.