TIJetzt doch: eRezept startet im September

Die Einführung des elektronischen Rezepts erhitzt seit Wochen die ärztlichen Gemüter. Nun haben die Gematik-Gesellschafter den Start im September beschlossen. Jedoch hat die Ärzteseite wichtige Zugeständnisse errungen.

Apotheken müssen das eRezept ab 1. September bundesweit anbieten.

Berlin. Die Einführung des elektronischen Rezepts (eRezept) beginnt ab 1. September in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe scheibchenweise. Darauf haben sich die Gesellschafter der Gematik in ihrer Sitzung am Dienstag geeinigt, wie am Mittwoch (1.6.) bekannt wurde.

Durch die Proteste in den letzten Wochen konnten sich die ärztlichen Vertreter allerdings mit zentralen Forderungen durchsetzen.

Teilnahme für Pilot-Praxen freiwillig

Während es dabei bleibt, dass die Apotheken bundesweit ab September eRezepte einlösen können müssen, wurde die Pflicht für Praxen aufgeweicht. In Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe sollen zunächst nur Pilot-Praxen und -Kliniken freiwillig teilnehmen.

Aktuell würden in Schleswig-Holstein bereits 300 bis 500 eRezepte verarbeitet, so die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Ab September erfolgt dann der Start „in Abhängigkeit von der tatsächlichen technischen und organisatorischen Verfügbarkeit im Rahmen eines sukzessiven schnellen Hochlaufs in den Praxen und Apotheken“, betont die KV.

Der Deutsche Hausärzteverband begrüßte den Wegfall der Verpflichtung als „richtigen und notwendigen Schritt“. Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt stellte in Frage, ob es überhaupt eine Pflicht brauche: „Wenn die Anwendung funktioniert und einen Mehrwert bietet, wird sich das eRezept von allein durchsetzen. Ein Zwang zur Nutzung würde den Eindruck erwecken, dass die Verantwortlichen selbst von dem Mehrwert der Anwendung nicht restlos überzeugt sind.“

Support bei der Software

Die KVen in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe wollen die Praxen bei der Einführung des eRezepts unterstützen. Sie kündigten einen „besonderen Support für die Anwender der einzelnen PVS-Systeme“ an. Gleichzeitig erwarten sie aber von Gematik und Softwareanbietern, dass diese die Rollout-Phasen direkt mit den KVen abstimmen.

„Es darf auf keinen Fall so sein, dass ein Arzt abhängig vom einzelnen Patienten immer wieder ein anderes Produkt für das Ausstellen einer digitalen Verordnung anwenden muss“, betont auch Dr. Thomas Kriedel von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Laut KBV soll die Gematik eine Hotline aufbauen.

So geht es weiter

Verläuft die Einführung in den beiden Regionen erfolgreich, sollen schrittweise auch die Kassenärztinnen und -ärzte in anderen Gebieten hinzukommen. Dem soll aber immer zuerst ein Beschluss der Gematik-Gesellschafter vorangehen, teilt die Gematik mit. Am Dienstag wurde folgender Fahrplan in Aussicht gestellt:

  • Nach erfolgreicher Testphase, sollen drei Monate später – also zum 1. Dezember – alle Praxen in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe das eRezept nutzen müssen. In sechs weiteren KVen soll dann die schrittweise Umsetzung – zunächst wieder freiwillig – beginnen.
  • In 2023 sollen dann die restlichen acht KV-Regionen folgen.

„Grundsätzlich werden die jeweiligen Rollout-Phasen erst dann umgesetzt, wenn alle abgestimmten Qualitätskriterien erreicht und dies von den Gesellschaftern auch so festgestellt wird“, betont KBV-Vorstandsmitglied Kriedel. Dies gelte für jeden einzelnen Schritt. Das heiße auch, dass alle Beteiligten wie die Apotheken in der Lage sein müssen, mit eRezepten zu arbeiten.

Gematik soll Anreize setzen

Zudem soll die Gematik vorschlagen, welche Anreize für Praxen kurzfristig geboten werden können, damit diese an der Testphase teilnehmen.

Die Gematik selbst weist zum wiederholten Mal darauf hin, dass auch die Praxen und Kliniken in anderen Regionen vor dem verpflichtenden bundesweiten Start in 2023 natürlich bereits das eRezept einsetzen können. Die Krankenkassen seien dazu bereits „heute schon“ in der Lage.

 

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