Praxistauglich ist das elektronische Rezept (E-Rezept) grundsätzlich, aber es ist noch viel zu tun – und vor allem müssten mehr Akteure aus dem Gesundheitswesen auf den E-Rezept-Zug aufspringen, soll es volle Wirkung entfalten. Das ist die Quintessenz einer Online-Veranstaltung der Gematik am Mittwoch (19.10.), bei der es um erste Erfahrungen mit dem Roll-out in der Testregion Westfalen-Lippe ging.
Gut 2.000 Arztpraxen nutzen deutschlandweit laut Gematik das E-Rezepts mittlerweile das E-Rezept. Bei den Apotheken sind es mehr als doppelt so viele, Tendenz täglich steigend – allerdings besteht hier auch schon seit September eine Pflicht zur Nutzung.
Weitere KV-Regionen noch nicht bekannt
Mehr als 500.000 Rezepte seien bereits ausgestellt, 450.000 eingelöst worden. Etwa 1.700 Apotheken hätten zudem eine KIM-Email-Adresse für die Versorgung von Seniorenheimen und Pflegeeinrichtungen. Die „Kommunikation im Gesundheitswesen“ (KIM) soll einen schnellen und sicheren Datenaustausch zwischen allen Akteuren ermöglichen; die Kommunikation soll über eigene E-Mail-Adressen im Netz der Telematikinfrastruktur (TI) erfolgen.
Nach der Rollout-Region Westfalen-Lippe sollen im Januar sechs weitere KV-Regionen angedockt werden, sofern die Testphase in Westfalen-Lippe als erfolgreich bewertet wird. Welche Regionen dies sein sollen, wurde am Mittwoch nicht genannt.
Praxisteams, Pflegepersonal und Patienten begeistert
Einer der Hausärzte, die beim Roll-out in Westfalen-Lippe dabei sind, ist Dr. Peter Münster aus Münster. Er berichtete von durchweg positiven Erfahrungen. Zwar sei das E-Rezept in der Anfangsphase mit Mehrarbeit verbunden.
Mittlerweile aber meldeten sowohl das Praxispersonal als auch Senioren- und Pflegeheime und Patienten rück, dass sie mit dem Handling rund ums E-Rezept sehr zufrieden seien. „Gerade jüngere Patienten, die zu unseren Öffnungszeiten vielleicht nicht vorbeikommen können, schätzen das E-Rezept“, beobachtet Peter Münster. Das Fachpersonal in den Heimen sei begeistert, dass die Medikation schneller verfügbar sei.
„Cluster bilden“ hilfreich für den Start
Interessierten Ärztinnen und Ärzten empfiehlt er, sich zunächst im direkten Umfeld umzuhören, wer mit dem E-Rezept arbeite. Nur wenn sich ein Cluster aus Apotheken, Pflegeeinrichtungen und Hausarztpraxis bilde, könne das E-Rezept sinnvoll genutzt werden. Peter Münster berichtete, er habe seit E-Rezept-Start am 1. Juli eine etwa vierstellige Zahl an E-Rezepten ausgestellt und kaum Fehlermeldungen.
Dass es noch Probleme in der Umsetzung gibt, berichtete die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe. Jakob Scholz, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter IT & E-Health, nannte unter anderem fehlende Übereinstimmungen von Signatur und Verordner, von Ausstell- und Signaturdatum sowie lange Signatur- und Versandzeiten aus dem Praxisverwaltungssystem. Auch sei der Arbeitsaufwand vergleichsweise hoch, wenn ein E-Rezept nicht anwendbar sei.
E-Rezept: Die nächsten Schritte
Probleme, die es zeitnah in den Griff zu bekommen gilt. Der Fahrplan zur Einführung weiterer Funktionen des E-Rezepts steht. Noch in diesem Jahr soll das Thema Zytostatika-Verordnungen in Angriff genommen werden, fürs kommende Jahr stehen unter anderem Mehrfachverordnungen und die Einlösung von Rezepten mit der Gesundheitskarte an.
Gegen Ende des Jahres sollen per Direktzuweisung parenterale Zubereitungen verordnet werden können. In 2024 sollen unter anderem Betäubungsmittelrezepte und eine elektronische Empfehlung apothekenpflichtiger Arzneimittel möglich sein. Perspektivisch ist die digitale Verordnung von Soziotherapie, außerklinischer Intensivpflege sowie von Medizinprodukten angedacht.