Berlin. Das Bundesgesundheitsministerium hat am Entwurf für das Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) – auch bekannt als E-Health-Gesetz II – kräftig den Rotstift angesetzt: So sind die umfassenden Regelungen zur elektronischen Patientenakte (ePA) völlig gestrichen worden. Das geht aus der konsolidierten Fassung des Referentenentwurfs hervor, die der Redaktion von „Der Hausarzt“ vorliegt.
Darin ist nicht mehr die Rede davon, dass bis zum 31. März 2021 die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen seien, den Impfpass, den Mutterpass, die U-Untersuchungen für Kinder und Zahn-Bonus-Hefte Bestandteil der Patientenakte werden zu lassen. Stattdessen wird nun in der überarbeiteten Fassung ein weiteres Gesetz angekündigt: „In einem zeitnah folgenden Gesetz gilt es zudem, auch die Leistungserbringer in der Rehablitation an die Telematik-Infrastruktur anzuschließen sowie weitere Anwendungen in die elektronische Patientenakte zu integrieren und die Versicherten bei der Nutzung der zum 1. Januar 2021 einzuführenden elektronischen Patientenakte zu unterstützen.“
Der Kabinettsbeschluss über die gekürzte Fassung des Gesetzes ist laut Informationen von „Der Hausarzt“ im Juli geplant, ein erster Entwurf für das angekündigte „weitere Gesetz“ soll nach der Sommerpause vorgelegt werden.
Justizministerium bemängelt Datenschutz
Hintergrund für die umfassende Streichung soll Kritik am Datenschutz vornehmlich durch das Bundesjustizministerium gewesen sein, heißt es in Berlin. Um diesen Bedenken entgegenzukommen, soll das Gesundheitsministerium entsprechend gekürzt haben.
Bereits im Mai war beim Hauptstadtkongress der Datenschutz für ePA-Nutzer in die Schlagzeilen geraten: So wurde damals bekannt, dass für Patienten zunächst nicht genau einzustellen sein würde, welcher Arzt welche Daten sehen darf. Beispielsweise hätte dann ein Physiotherapeut, der eigentlich nur die Daten des Orthopäden braucht, in der Akte auch sehen können, dass eine Patientin einen Schwangerschaftsabbruch hatte. Kritik am Datenschutz der Akte wies Spahn auch vor dem Hintergrund dieser technischen Einschränkung jedoch zurück. „Der Datenschutz ist nicht löchrig. Der Patient entscheidet selbst, welcher Arzt Einblick in seine Akte hat“, sagte er.
Spahn selbst hatte bisher stets erklärt, es genüge, wenn der Patient entscheiden könne, ob er eine ePA nutzen möchte – oder nicht. Dies scheint dem Justizministerium jedoch nicht zu genügen.
Erstmals Gegenwind in Ressortabstimmung
Für Gesundheits-Ressortchef Jens Spahn ist die Überarbeitung die erste richtige “Schlappe” als Bundesgesundheitsminister: Bislang war er mit seinen Vorhaben zumindest in den Ressortabstimmungen kaum auf nennenswerten Widerstand gestoßen.
Auch aus den Reihen der Opposition wurde kräftige Kritik laut. Die Fraktion der Linken warf Spahn am Freitag (5. Juli) „Gleichgültigkeit gegenüber dem Datenschutz“ vor. „Ohne im Vorfeld festgelegte und verbindliche Schutzmechanismen für sensible Gesundheitsdaten darf es nicht zu einer Einführung der elektronischen Patientenakte kommen“, wird der Linkenpolitiker Achim Kessler in Medienberichten zitiert.
Bislang existieren in Deutschland nur Insellösungen für elektronische Patientenakten.