„Damit Digitalisierung zu Verbesserungen führen kann, müssen Ärzte und Patienten Vertrauen in die digitalen Prozesse entwickeln“, äußerte sich der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, zu Beginn der Veranstaltung „BÄK im Dialog: Die Vertrauensfrage in der digitalen Medizin“. Bei der Tagung am 17. Oktober haben Experten gemeinsam mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) über die Vertrauensfrage in der digitalen Medizin diskutiert. Der digitale Wandel bringe in der Medizin enorme Veränderungen mit sich. Die Menschen müssten darauf vertrauen können, dass sich die digitale Entwicklung im Gesundheitswesen am Wohle des Patienten und nicht an Marktinteressen orientiere, sagte Reinhardt.
Maßnahmen zur Vertrauensbildung
Dieses Vertrauen entsteht laut Spahn unter anderem durch Verbesserungen im Alltag. Bisher fehle ein Mehrwert für Ärzte und Patienten – darauf sei auch der Widerstand gegen die Anbindung der Arztpraxen an die Telematikinfrastruktur (TI) zurückzuführen. Daher sollten erste Anwendungen schnell in die Praxis umgesetzt werden, auch wenn diese zunächst noch nicht perfekt seien. Als Beispiel nannte Spahn die elektronische Patientenakte. Auch digitale Kompetenz spiele eine große Rolle: Digitalisierung solle Bestandteil der Ausbildung in den einzelnen Berufsgruppen sein.
Wesentliche Aspekte für Vertrauen seien außerdem Datenschutz- und Datensicherheit. Spahn sprach sich dafür aus, innerhalb der Datenschutz-Grundverordnung einen „Code of Conduct“ für das Gesundheitswesen festzulegen: Ein einheitlicher Rahmen für Gesundheitsdaten auf europäischer Ebene solle Unsicherheiten beim Umgang mit den Daten verhindern. In Hinblick auf die Datensicherheit sei das Recht eindeutig, es liege es in der Verantwortung des einzelnen Krankenhauses, Arztes oder Apothekers, die Schutzstandards einzuhalten. Hier sei entsprechende Unterstützung wichtig, damit auch der einzelne Praxisbetreiber wisse, wie er seinen Server schützen könne.
Apps: Hilfsmittel statt Substitution
Die Experten diskutierten unter anderem die Rolle von Gesundheits-Apps, die in Deutschland nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz künftig verschreibungs- und erstattungsfähig sein sollen. Geplant ist es, mit Verordnungen zu beginnen, die nur mit geringem Risiko einhergehen, etwa Apps, mit deren Hilfe der Patient zuhause Parameter dokumentieren kann. Der Nutzen werde sich dann im realen Betrieb zeigen.
Bei der Implementierung neuer Methoden wie Gesundheits-Apps müssten Ärzte zunächst mit Mehraufwand rechnen, sagte Erik Bodendieck, Vorsitzender des Ausschusses „Digitalisierung der Gesundheitsversorgung“ der BÄK. Zum Beispiel muss der Arzt den Patienten schulen, wie er eine App richtig anwendet. Allerdings sei es von großer Bedeutung, dass die Ärzt sich einbringen, betonte Spahn: Ansonsten würden Patienten Gesundheits-Apps trotzdem nutzen, allerdings völlig unreguliert. „Wenn eine App als Behandlungsmethode eingesetzt wird, braucht es eine Person, die die Anwendung führt und auch in der Lage ist, Risiken zu erkennen“, so Bodendieck. Die App sei somit kein Ersatz für den Arzt, sondern ein Hilfsmittel, das in der Lage sei, die Patientenversorgung zu verbessern.
Damit Ärzte und Patienten beurteilen können, welche Apps vertrauenswürdig sind, ist laut Dr. Martin Christian Hirsch, Mitgründer und Chief Scientific Officer von Ada Health, eine rasche Einigung auf entsprechende Normen wichtig.
Menschlichkeit als Kernelement
„Die digitale Medizin soll eine bessere Medizin sein“. Dies formulierte PD Dr. Peter Bobbert, Vorsitzender des Ausschusses „Digitalisierung der Gesundheitsversorgung“ der BÄK, als gemeinsames Ziel. Zwar wissen wir noch nicht, wie die Medizin von morgen aussehen wird – im Mittelpunkt solle jedoch weiterhin die Menschlichkeit stehen, basierend auf Verantwortung und Vertrauen.