© Der Hausarzt Studienergebnisse
Das Institut sieht demnach die Verbesserung des Gesundheitszustands und der Lebensqualität als belegt an: Es werde ein Gewichtsverlust von mindestens fünf Prozent verglichen mit der Kontrollgruppe erreicht.
Über zwölf Monate wurde die Zanadio-Nutzung mit “Leben wie bisher” (samt Diätversuchen, eigene Informationsbeschaffung etc.) untersucht. Es nahmen 149 18- bis 65-Jährige an der randomisiert kontrollierten Studie teil (BMI 30-40 kg/m2), davon 136 Frauen und 13 Männer. Sie wurden zufällig auf die Gruppen verteilt.
Primärer Endpunkt war die Gewichtsabnahme von mindestens fünf Prozent nach neun Monaten, sekundärer die Verbesserung von Wohlbefinden (WHO-5 Wellbeing Index) und Lebensqualität (WHOQoL-BREF). Nach drei, sechs, neun und zwölf Monaten fanden Telefon-Befragungen statt, bei denen auch Hilfsmittel der Kontrollgruppe erfragt wurden.
Bis 19. März war Zanadio Frauen vorbehalten, da zu wenige Männer an der Studie teilgenommen hatten. Seitdem hat das BfArM die Einschränkung aufgehoben: Inzwischen zeigten Daten aus dem Versorgungsalltag von 1.674 Frauen und 245 Männern vergleichbare Effekte für alle Geschlechter.
Der Hersteller gibt an, dass der Gewichtsverlust von rund acht Prozent bestätigt werden konnte. Weitere Informationen würden bald publiziert, hieß es auf Nachfrage von “Der Hausarzt”.
Wichtiges zur Verordnung
dauerhaft im DiGA-Verzeichnis
Indikation E66.00, E66.01
Kontraindikation u.a.: E03, E23, E24, E66.06-08; BMI > 40 kg/m2
499,80 Euro / 90 Tage;
PZN 16898701
Mögliche Alternative: Oviva direkt (426,96 Euro / 90 Tage)
Gebrauchsanleitung Zanadio: www.hausarzt.link/PpRcM
Kontraindikationen
Entsprechend der Studiendaten wird die DiGA für Personen mit einem BMI von 30-40 kg/m2 empfohlen (Adipositas Grad I und II oder Edmonton Obesity Staging System Stadium (EOSS) 0-2).
Cave: Ab Adipositas Grad III soll die DiGA nicht eingesetzt werden. Ebenso dürfen Begleiterkrankungen nicht weit fortgeschritten sein (ab EOSS 3) und keine sekundären Adipositasformen vorliegen (u.a. Cushing-, Prader-Willi-Syndrom, Hypogonadismus).
Ausgeschlossen ist der Einsatz bei einer Schwangerschaft, nach einer bariatrischen Op, Unterfunktion der Hypophyse sowie körperlichen Einschränkungen, die eine mäßige Aktivität nicht erlauben. Eine manifestierte Hypothyreose muss zuerst medikamentös behandelt werden.
Einschätzung aus der Praxis
von Johanna Dielmann-von Berg
Hausärztinnen und Hausärzte wägen genau ab, für wen eine DiGA infrage kommt oder nicht. Das berichten sie in Gesprächen mit “DerHausarzt”. Das habe zwei Gründe: Bislang hätten sie DiGA nur vereinzelt verordnet und müssten noch Erfahrungen sammeln. Zudem sei es ihnen für einen ungezielten Einsatz oft zu teuer. Für wen ziehen sie also Zanadio in Erwägung?
Zum Beispiel kommen aus ihrer Sicht Personen infrage, bei denen ein weiterer Risikofaktor, etwa Bluthochdruck, besteht. Der Gewichtsverlust würde dann mehrere Erkrankungen positiv beeinflussen. Ebenso spielen Behandlungsgeschichte (wie viele Abnehmversuche?, welche Hilfsmittel wurden erfolglos probiert?) und Motivation eine Rolle. Wichtig sei zu fragen, ob Patienten überhaupt eine App nutzen wollten, rät ein Hausarzt, manche wollten ihre Daten etwa nicht erfassen. Zudem wird eine Verschreibung erwogen, wenn sie den Eindruck haben, dass eine professionelle Begleitung helfen würde, aber Spezialisten zu weit weg sind. Erste Patientinnen und Patienten berichteten, dass die App ihnen mehr Struktur gebe, etwa ein Gefühl für Portionen, und so die Umstellung von Gewohnheiten erleichtere.
Abzuwägen sei, ob man Zanadio oder “Oviva direkt für Adipositas” wähle, macht ein Hausarzt aufmerksam. Was ist bei der Oviva-App anders? Neben den Zanadio-Kontraindikationen listet das BfArM weitere: Diabetes Typ 1, aktive Essstörung, schwere psychische Erkrankung, instabiler Drogen-/Alkoholmissbrauch, Niereninsuffizienz und Stillzeit. Noch bis 2. Juli ist sie vorzeitig im Verzeichnis gelistet, die Studienergebnisse stehen aus. Versorgungsdaten aus Großbritannien lassen einen Gewichtsverlust von im Schnitt 3,8 Prozent nach der Mindestanwendungsdauer von 12 Wochen erwarten.
Die Funktionalität und der Lernansatz ähneln sich. Protokolliert werden können aber auch etwa Blutzucker, gastrointestinale Symptome, Stuhlgang, Blutdruck oder Getränke. Das könnte daran liegen, dass das Unternehmen Oviva auf Ernährungsberatung spezialisiert ist, bei der die Adipositas-App begleitend genutzt werden kann. Nötig sind dafür neuere Smartphones (mindestens iOS 15.0; Android 8.0.0).
Verlaufskontrolle alle 6 Monate
Das BfArM rät zu einer Mindestdauer von sechs Monaten, wobei zwölf Monate “dringend empfohlen” werden. Eine Höchstdauer gibt es derzeit nicht. Der Hersteller rät ergänzend, die App sollte mindestens einmal pro Woche genutzt werden.
Das DiGA-Verzeichnis sieht eine ärztliche Kontrolle alle sechs Monate vor. Dafür können Praxen die 01473 EBM (7,35 Euro) einmal im Behandlungsfall abrechnen, bei Redaktionsschluss nur für Frauen – der EBM soll zeitnah angepasst werden, sagt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Sie darf nicht in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen angesetzt werden und ist höchstens zweimal im Krankheitsfall erlaubt.
Rezept oder Selbstzahler?
Zanadio kann entweder ärztlich auf Muster 16 verordnet werden oder von Versicherten selbst bei der Kasse beantragt werden.
Tipp : Wurde bereits eine Adipositas Grad I oder II diagnostiziert, können Versicherte mit dem Arztbrief den Antrag bei der Kasse selbst stellen und die Praxis spart so Zeit bei der Verordnung. Hilfreich für Versicherte ist dabei www.zanadio.de/krankenkassen . Die Webseite gibt eine Übersicht, wie die Beantragung je Kasse läuft.
Für gesetzlich Versicherte, die die Voraussetzungen der Indikation erfüllen, bezahlt die Kasse die DiGA. Zusätzlich können ein Bewegungs- (29,99 Euro) und Ernährungscoaching (39,99 Euro) auf eigene Kosten gebucht werden.
Privatversicherte sollten die Kostenübernahme zunächst bei ihrer Kasse anfragen. Sie können dann eine Rechnung über Zanadio erhalten, die sie bei der Kasse zur Erstattung einreichen.