Impfungen gehören zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen, allerdings ist die Impfrate deutschlandweit noch verbesserungswürdig. Hier sind besonders Hausärzte gefragt. Sie kennen ihre Patienten in der Regel gut und haben den Überblick über Risikofaktoren oder bestehende Erkrankungen. Mithilfe von Recall-Systemen können Patienten strukturiert an die nächste Impfung erinnert werden. Die meisten Patienten nehmen diese Aufforderungen aufgeschlossen und positiv wahr, dies zeigen die Ergebnisse aus zahlreichen Patientenbefragungen. Patienten fühlen sich durch derartige Hinweise gut betreut und die Bindung an die Praxis wird damit bestärkt, da die Praxis von sich aus um das Wohlergehen des Patienten bemüht ist. Viele Patienten haben nichts gegen Impfungen, sie vergessen sie einfach nur. Impfungen lohnen sich zudem auch aus wirtschaftlicher Sicht für die Praxen, da sie außerhalb des Budgets abgerechnet werden oder Patienten sie selbst bezahlen.
Patienten gezielt ansprechen
Für das Impfen muss geworben werden. Am Empfang kann die Medizinische Fachangestellte (MFA) Patienten direkt fragen, wie es um deren Impfstatus steht. Kommt ein Patient zum ersten Mal in die Praxis, sollte darum gebeten werden, den Impfausweis mitzubringen. Weiterhin sollten alle Patienten, deren Impfstatus nicht bekannt ist, regelmäßig an den Impfausweis erinnert werden, etwa bei der Terminabsprache. So können Impflücken erkannt und Risikopatienten, wie etwa ältere Patienten oder Schwangere, direkt auf notwendige Impfungen hingewiesen werden. Dafür sollte die Praxis ein festgelegtes Verfahren haben, welches sicherstellt, dass ihren Patienten proaktiv die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen angeboten werden.
Eine weitere Werbemöglichkeit sind Plakate, Aufsteller und Informationsbroschüren im Wartezimmer, beispielsweise zu Beginn der Grippesaison oder in Risikogebieten von FSME. Unabhängige Informationsmaterialien können meist kostenfrei im Internet bestellt werden und auf dem aktuellsten Stand sein.Jede Impfung sollte doppelt dokumentiert werden, im Impfausweis des Patienten und in der Patientenakte. Welche Informationen vermerkt werden sollten, finden Sie rechts. Zusätzlich sollte die Aufklärung und Zustimmung der Patienten in der Patientenakte notiert werden.
Recall
Um ein Recall-System für Impfungen einzuführen, muss zunächst der Impfstatus der Patienten standardisiert erfragt und dokumentiert werden. So können anstehende Erinnerungen für Auffrisch-Impfungen im Computer erstellt und die Patienten rechtzeitig zur Impfung aufgefordert werden. Viele Praxisverwaltungsprogramme bieten Funktionen wie etwa Serienbrieferstellung an, die die Prozesse vereinfachen. Auch Erinnerungen über Telefon, E-Mail oder sogar SMS sind denkbar. Doch nicht nur die gezielte Erinnerung an Auffrisch-Impfungen, auch bestimmte Aktionen, etwa zur Grippezeit mit einem Rundbrief an alle Risikopatienten, sind Teil eines aktiven Impfmanagements. Wichtig: Patienten müssen schriftlich in die Erinnerung durch die Praxis einwilligen.
MFA als Impfmanagerin
Eine Schlüsselrolle im Impfmanagement spielt die MFA. Auch wenn das gesamte Praxisteam über das Thema informiert sein sollte, sollte eine Mitarbeiterin hauptverantwortlich für das Impfmanagement zuständig sein. Dazu gehört u.a., dass sie sich um den Lagerbestand und die fachgerechte Aufbewahrung der Wirkstoffe kümmert und den gesamten Impfprozess koordiniert.
Damit Medikamente ihre volle Wirkung entfalten können und nicht verderben, ist es wichtig, dass sie richtig gelagert werden. Sehr empfindliche Medikamente wie Impfstoffe oder Insulin sollten daher im Kühlschrank zwischen 2 und 8°C gelagert werden. Zur Kontrolle sollte der Kühlschrank mit einem Minimum-Maximum-Thermometer ausgestattet sein. Dies zeigt die Temperaturverhältnisse über einen bestimmten Zeitraum an. Damit lässt sich ein Temperaturanstieg infolge eines Defektes oder eines Stromausfalls erkennen. Das Thermometer sollte regelmäßig, im Idealfall täglich, abgelesen und die Werte notiert werden. Das kann in die Morgenroutine bei Praxisöffnung integriert werden, sodass das Temperaturablesen ebenso wie den PC zu starten wie selbstverständlich dazugehört.
Die MFA sollte den Bedarf an Impfstoffen ermitteln und systematisch erfassen. Dies stimmt sie mit dem Arzt ab. Auch hat sie dafür Sorge zu tragen, dass stets ausreichend Impfstoffe vorrätig sind und sie Impfstoffe rechtzeitig nachbestellt. Die Haltbarkeitsdaten der vorrätigen Impfstoffe müssen systematisch erfasst werden. Damit der Bedarf an Impfstoffen an die Praxisbedürfnisse angepasst ist, muss der Impfstatus der Patienten bekannt sein. Auch sollten bei der Bestellung anstehende Recall-Aktionen berücksichtigt werden, die die Nachfrage steigen lassen. Patienten zeigen wenig Verständnis, wenn sie wegen fehlender Impfstoffe wieder weggeschickt werden.
Sofern die MFA entsprechend geschult ist, kann sie die Impfung nach Vorgabe des Arztes selbst durchführen. In der Weiterbildung zur Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH©) etwa ist das Impfmanagement ein fester Bestandteil. Die Schulungsinhalte sind vielfältig und decken alles Wissenswerte auch zum Thema Impfen ab. Dabei werden u.a. Schutzimpfungen und Indikationsimpfungen mit Kontraindikationen behandelt sowie das Impfen in der Schwangerschaft und der Umgang mit Impfstoffen. Befragungen zeigen, dass die VERAHs im Arbeitsalltag mehrmals in der Woche mit Aufgaben rund um das Impfen betraut sind, sowohl bei Hausbesuchen als auch in der Praxis selbst.
Ob VERAH oder nicht, der Praxisinhaber muss sicherstellen, dass das Wissen der zuständigen Mitarbeiterin auf dem aktuellsten Stand ist, indem er sie beispielsweise selbst regelmäßig in der Praxis schult. Auch sollten die Impfempfehlungen der STIKO regelmäßig aktualisiert und von allen Mitarbeitern schnell eingesehen werden können. Die MFA kann zudem die Patienten bereits über den Nutzen und mögliche Risiken der verschiedenen Impfungen informieren. Die eigentliche Aufklärung, zu der das Patientenrechtegesetz jeden Arzt verpflichtet, muss aber der Arzt selbst übernehmen. Er muss auch die Indikation stellen und Kontraindikationen ausschließen.
Zahlen und Fakten
Das Europäische Praxisassessment (EPA) ist ein umfassendes Qualitätsmanagementsys-tem, das auf Qualitätsindikatoren basiert und die Perspektive von Patienten, Ärzten und Mitarbeitern der Praxen einbezieht. Über die Benchmarking-Software VISOTOOL® haben Arztpraxen die Möglichkeit, sich anonym miteinander zu vergleichen. Insgesamt haben ca. 2.000 Hausarztpraxen an EPA teilgenommen. Der Qualitätsstand der Praxis im Impfmanagement wird durch diverse Indikatoren erhoben.
- 77 % der EPA-Hausarztpraxen bieten allen in Frage kommenden Risikopatienten eine Influenzaimpfung an.
- 68 % der EPA-Hausarztpraxen bieten ihren Patienten einen Recall für Impfungen an.
- 82 % der EPA-Hausarztpraxen klären ihre Patienten gemäß aktueller Empfehlungen vor Impfungen auf.
Dokumentation Impfausweis und Patientenakte
- Datum der Impfung
- Bezeichnung des Impfstoffes mit Chargennummer
- Zu verhütende Krankheit
- Name, Adresse des Arztes (Stempel)
- Unterschrift des Arztes
- Zusätzlich in der Patientenakte: Aufklärung und Einwilligung