Gesunde Mitarbeiter sind entscheidend für den Praxiserfolg. Hohe Krankenstände gilt es zu vermeiden, berufsbedingten Krankheiten sollte früh entgegengewirkt werden. Konzentrations- und Motivationsprobleme aufgrund ungünstiger Bedingungen am Arbeitsplatz sind nur zwei typische Beispiele, die sich für eine Praxis als Leistungsschwankungen, Fehlerquoten und letztendlich Fehlzeiten auch wirtschaftlich bemerkbar machen können. Diese Folgen gilt es mit betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) zu verhindern. Das Ziel: eine gesundheitsgerechte Arbeitsumgebung schaffen. Es geht aber über die reine Verhinderung von Arbeitsunfällen oder berufsbedingten Erkrankungen hinaus. Bereits das Wohlbefinden der Mitarbeiter ist Teil des BGM.
Beim BGM unterscheidet man zwischen der Verhaltens- und Verhältnisprävention. Verhaltensprävention zielt in erster Linie darauf ab, das Gesundheitsverhalten aller Mitarbeiter positiv zu beeinflussen und Anreize zur persönlichen Gesundheitsförderung zu geben. Verhältnispräventive Handlungsanweisungen dienen dazu, das Arbeitsumfeld möglichst gesundheitsfördernd zu gestalten. Die Erfahrungen aus dem BGM haben gezeigt, dass eine Kombination aus beiden Ansätzen am effektivsten ist und die meisten Erfolge erzielt.
Stühle, Bildschirme und mehr
Zunächst sollten bei der Verhältnisprävention die Arbeitsplätze der Mitarbeiter betrachtet werden. Die möglichen Maßnahmen sind vielfältig und reichen von kostenintensiven Umbauten bis hin zu kleineren, aber dennoch wirkungsvollen Möglichkeiten: Sind Arbeitsplätze ergonomisch ausgestattet? Geeignete Bürostühle können Rückenschmerzen vorbeugen. Die Bildschirme sollten auf die jeweiligen Mitarbeiter ausgerichtet sein, damit der Nacken eine optimale Haltung einnimmt. Auch die Lichtverhältnisse können beeinflusst werden: Anstelle von Neonröhren kann mit wenig Geld ein wärmeres, angenehmeres Licht erzeugt werden. Pflanzen und frische Blumen sehen gut aus und sorgen für ein angenehmes Raumklima.
An der Anmeldung der Praxis, gibt es eine Reihe von Wegen, die Umgebung positiv zu beeinflussen. So kann der Geräuschpegel durch wartende Patienten und klingelnde Telefone hoch sein. Manchmal reicht es, die Lautstärke des Telefons herunter zu regeln und die Tür zum Wartezimmer zu schließen. Das ist übrigens aus datenschutzrechtlicher Sicht ohnehin eine gute Idee. Für das Telefon an der Anmeldung kann ein Headset benutzt werden, welches die Umgebungsgeräusche abschirmt, damit sich Mitarbeiter auf den Patienten konzentrieren können.
Feste Pausenzeiten, die in einem ruhigen und im besten Fall gemütlichen Pausenraum verbracht werden, helfen dabei, die Pausen sinnvoll zu nutzen.
Ernährung und Bewegung
Doch eine gute Verhältnisprävention kann nur erfolgreich sein, wenn die Verhaltensprävention auch berücksichtigt wird und umgekehrt. Bei Mitarbeitern, die sich ungesund ernähren, schlecht bewegen und ihre Tätigkeiten nicht ergonomisch ausführen (etwa “krummer Rücken”) hilft der beste ergonomische Stuhl nur wenig. So sollte statt Süßigkeiten lieber Obst und Gemüse bereitstehen. Oft geht in der Hektik des Tages das regelmäßige Trinken unter, dafür kann ein Team feste Pausen definieren. Auch bewegte Auszeiten sind ratsam. Übungen dafür gibt es viele, nach Bedarf helfen sie beim Entspannen, Dehnen oder Muntermachen.
Nachgesundheitsfördernden Maßnahmen sollten Praxisinhaber und Mitarbeiter gemeinsam suchen. Ein gemeinsamer Yogakurs etwa kann auch das Teamgefühl stärken. Doch die besten gesundheitsfördernden Maßnahmen können nur zum gewünschten Ziel führen, wenn die Mitarbeiter gesundheitsbewusstes Verhalten verinnerlicht haben. Die Mitarbeiter sollten animiert werden, sich über den Arbeitsalltag in der Arztpraxis hinaus gesundheitsförderlich zu verhalten. Denn nur so ist die Nachhaltigkeit garantiert.
Es gibt viele Wege, sich und seine Mitarbeiter gesund zu halten. Wichtig ist dabei auch der Umgang miteinander. Eine Kommunikation auf Augenhöhe und ein Mitspracherecht fördern eine positive Arbeitsatmosphäre und schaffen so den Raum für kreative Ideen. Wenn Mitarbeiter und Praxisinhaber gemeinsam arbeiten, finden sich Möglichkeiten für eine bessere Arbeitsorganisation und optimierte Prozesse, die Platz für ausreichend Pausen lassen und somit den Stress senken. Die Motivation der Mitarbeiter kann dadurch gesteigert werden, was wiederrum dem gesamten Praxisbetrieb nützt.
Führungsstil des Chefs
Der Führungsstil des Praxisinhabers hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Den Grundstein für eine gesunde Arztpraxis legen Chefs, indem sie ihren Mitarbeitern mit Wertschätzung und Offenheit gegenübertreten, sie unterstützen und auf Augenhöhe kommunizieren. Ein solcher Führungsstil wirkt sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit, auf die physische und psychische Gesundheit und somit auf den Krankenstand aus.
Ein BGM in der Praxis ist vor allem erfolgreich, wenn der Inhaber selbst als Vorbild dient. Das fällt allerdings bei dem oft chronischem Zeitmangel, langen Arbeitszeiten, wenigen Pausen und anderen Stressfaktoren leider oft nicht leicht. Das beeinflusst nicht nur die eigene Work-Life-Balance, sondern verhindert dadurch oft, den Mitarbeitern gesundheitsförderliches Verhalten näher zu bringen.
Teilaspekt Gesundheitsförderung
BGM kann nicht mit betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) gleichgesetzt werden. BGF umfasst eher einzelne Maßnahmen zur Steigerung der Gesundheit, während das BGM alle auf die Gesundheit der Mitarbeiter bezogenen Bereiche in einer gemeinsamen Struktur miteinander verknüpft. Dazu zählen, neben den BGF-Maßnahmen, der Umgang mit Fehlzeiten und die Wiedereingliederung von Mitarbeitern sowie der gesetzlich vorgeschriebene Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Der Arbeitsschutz enthält vieles, was Ärzte in der Praxis berücksichtigen müssen: Vorsorgeuntersuchungen, Verhalten im Brandfall und die Einweisung in die Arbeit mit medizinischen Geräten. Ein besonderer Fokus sollte in der Praxis auf Hygiene liegen. Eine Gefährdungsbeurteilung, die der Arbeitsschutz verpflichtend vorsieht, zeigt, wo noch Verbesserungen nötig sind.
Steuerliche Vorteile
Die Vorteile eines BGM hat auch der Gesetzgeber erkannt, so dass jedes Unternehmen für gesundheitsbezogene Maßnahmen Steuervorteile nutzen kann. 500 Euro im Jahr kann ein Unternehmen pro Mitarbeiter für bestimmte Maßnahmen der Gesundheitsförderung investieren, ohne dafür Lohnsteuern zu zahlen. Dies können Maßnahmen zur Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung oder Suchtprävention sein. Um die Steuervorteile zu nutzen, müssen die Maßnahmen bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese sind zu finden in Paragraf 20 und 20a SGB V.
Das Europäische Praxisassessment (EPA)
EPA ist ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem, das auf Qualitätsindikatoren basiert und die Perspektive von Patienten, Ärzten und Mitarbeitern der Praxen einbezieht. Über die Benchmarking-Software VISOTOOL® können Arztpraxen sich anonym miteinander vergleichen. Ca. 2.000 Hausarztpraxen haben an EPA teilgenommen.