Beim Verschreiben von Medikamenten sehen sich Ärzte einem Spannungsfeld aus gesetzlichen Vorgaben ausgesetzt. Zehn praktische Tippshelfen Ihnen, wirtschaftlich zu verordnen.
Bei der Verordnung befinden sich Ärzte in einem rechtlichen Spannungsfeld: Auf der einen Seite steht die bestmögliche Behandlung nach den aktuellen medizinischen Erkenntnissen. Auf der anderen Seite sehen sie sich mit wirtschaftlichen Zwängen konfrontiert.
Ein Grund dafür ist, dass die Ausgaben für gesundheitsspezifische Waren und Dienstleistungen jedes Jahr steigen. Im Jahr 2017 überschritten sie erstmals eine Milliarde Euro pro Tag. Damit lag ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt bei 11,5 Prozent. [1]
Diverse Institutionen des Gesundheitswesens haben daher das Ziel, durch ihre Vorgaben die Kosten nicht ausufern zu lassen. Für Ärzte schreibt das Sozialgesetzbuch V (SGB V) eine wirtschaftliche Verordnungsweise vor, damit die Arzneimittelausgaben so wenig wie möglich wachsen. Doch was genau heißt “wirtschaftlich verordnen”?
WANZ als Maßstab
Ärzte schulden ihren Patienten eine Behandlung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (vgl. Paragrafen 630a ff. Bürgerliches Gesetzbuch). Gemäß Paragraf 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) müssen aber die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
ausreichend,
zweckmäßig und
wirtschaftlich
sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (ebenso bekannt als die WANZ-Kriterien).
Unwirtschaftliche Leistungen dürfen die Leistungserbringer, also die Ärzte, nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Ob das Wirtschaftlichkeitsgebot eingehalten wird, kann anhand der gesetzlich vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsprüfung (Paragrafen 106 und 106b SGB V) kontrolliert werden.
Grundsätze zur Verordnung und Verordnungssteuerung
GKV-Versicherte haben grundsätzlich Anspruch auf die Versorgung mit Arznei-mitteln. Voraussetzung ist jedoch, dass das Arzneimittel in Deutschland zugelassen ist und die Indikation zutrifft. [2]
Zudem haben Ärzte dabei Ausnahmen und Einschränkungen zu beachten, die direkt oder indirekt eine wirtschaftliche Verordnung beeinflussen. Beispielhaft seien folgende genannt:
nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
Ausschluss durch Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL)
Lifestyle- und Bagatellarzneimittel
Um die Arzneimittelausgaben der GKV zu senken, können nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nur in Ausnahmefällen verordnet werden. Als Ausnahmen gelten Verordnungen für Kinder bis 12 Jahre sowie für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahre oder für Indikationen, die in der sogenannten OTC-Liste (Anlage I der AM-RL) aufgeführt sind, beispielsweise Eisen-II-Präparate bei gesicherter Eisenmangelanämie.
Cave: Mitunter sind nicht verschreibungspflichtige und verschreibungspflichtige Präparate gleichzeitig verfügbar. Hier sollten Ärzte darauf achten, dass sie verschreibungspflichtige Medikamente nicht bevorzugen dürfen, damit Patienten die Kosten erspart bleiben.
Software warnt vor Ausschlüssen
Zudem kann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen. Ein Grund dafür kann zum Beispiel die Unwirtschaftlichkeit bei ungünstigem Kosten-Nutzen-Verhältnis sein. Eine entsprechende Übersicht finden Ärzte in Anlage III der AM-RL.
Cave: Verordnungen aus diesem Bereich prüfen die Krankenkassen und stellen daraufhin nicht selten (Regress-)Anträge wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen (zum Beispiel Rheumasalben). Hier geht es zwar meist um relativ kleine Beträge, trotzdem sind Regresse dieser Art ärgerlich und kosten in der Regel Zeit, weil man sich mit dem Bescheid beschäftigen und dazu ggf. Stellung beziehen muss.
Praxistipp: Die Arztsoftware oder Arzneimitteldatenbank gibt hierzu Hinweise (s. Abb. 1), die Ärzte berücksichtigen sollten.
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