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Finanzieller SchutzschirmSo kommen die Corona-Hilfen in die Praxis

Für erlittene Einbußen in den ersten beiden Quartalen des Jahres erhalten Hausarztpraxen Ausgleichszahlungen aus dem Schutzschirm. Viele Landeshausärzteverbände haben den Prozess eng begleitet – und daraus Praxis-Tipps entwickelt, worauf es bei Antrag und Co zu achten gilt.

Hausärztinnen und Hausärzte müssen vom finanziellen Schutzschirm im Zuge der Corona-Pandemie wohl seltener Gebrauch machen als andere Fachärzte, und wenn sie es müssen, so ist dafür in weiten Teilen der Republik kein Antrag nötig. Dafür haben sich viele Landeshausärzteverbände in Gesprächen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) starkgemacht, wie eine bundesweite Umfrage von “Der Hausarzt” zeigt. Schon früh habe man sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene entsprechende Gespräche geführt, “um möglichst optimale Strukturen für die Hausärzte rauszuholen”, betont Armin Beck, Vorsitzender der hessischen Hausärzte. Ein weiteres zentrales Ergebnis der Umfrage: Die Hausärzteverbände waren oft wichtiges Sprachrohr. “Wir haben in unserem Rundschreiben sogar früher informiert als die KV selbst”, sagt etwa Dr. Wolfgang Kreischer, Landesverbandsvorsitzender in Berlin.

Zur Erinnerung: Mit dem Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz hatte die Bundesregierung Ende März auch den sogenannten “Schutzschirm” für Vertragsarztpraxen beschlossen, die infolge der Corona-Krise Umsatzrückgänge im GKV-Bereich zu verzeichnen haben. Konkret ist dies in zwei Paragrafen umgesetzt. Praxen, deren Ausfälle aus Rückgängen im PKV-Bereich resultieren, konnten zudem Kurzarbeit beantragen.

Eine Ausgleichszahlung aus dem Schutzschirm setzt voraus, dass die Minderung mehr als zehn Prozent des Gesamthonorars des Vorjahresquartals ausmacht – im Durchschnitt rund 5.600 Euro im Quartal, heißt es im Gesetzestext. In welcher Höhe der Ausgleich zu erfolgen hat, sagt das Gesetz zwar nicht; flächendeckend hat sich jedoch etabliert, dass im Bereich der extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV) auf wenigstens 90 Prozent des Vorjahrs ausgeglichen wird, wie die Recherche zeigt. Im Bereich der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) sind die regionalen Spielräume größer.

Ein Kernproblem hatte der Deutsche Hausärzteverband früh thematisiert: Die Anhaltspunkte konzentrieren sich lediglich auf verringerte Fallzahlen, nicht jedoch auf einen gesunkenen Fallwert. Diese Unterscheidung ist gerade in Hausarztpraxen, wo sich die Beratung auch zu Hochzeiten der Pandemie lediglich verlagert hatte, aber äußerst relevant. Dr. Ulf Zitterbart, Vorsitzender des thüringischen Hausärzteverbands, sieht für das erste Quartal sogar “eher Fallzahlsteigerungen” aus seiner Region.

Kernfrage 1: Welche Förderung?

Kreischer weist darüber hinaus auf den “Hauptverhandlungspunkt” in Berlin hin: die Kompatibilität mit anderen Förderungen. In Berlin etwa werde mitunter kein Ausgleich gezahlt, wenn sich die Arztpraxis schon an anderer Stelle um eine Unterstützung beworben habe. Eine Falschaussage in diesem Zuge sei strafbar, erinnert Kreischer. Praxen, die ihren Hauptumsatz im KV-Bereich generieren (“+/- 90 Prozent”), sollten daher keine andere Förderung, sondern allein den Schutzschirm in Anspruch nehmen, rät er. Auch in Nordrhein, Hessen, Westfalen-Lippe und Rheinland-Pfalz muss eine Erklärung über den Erhalt anderweitiger Entschädigungen abgegeben werden.

Praxis-Tipp: Hausärztinnen und Hausärzte sollten genau prüfen, wie sich der Praxisumsatz zusammensetzt. Je nach Anteil der Privatleistungen empfehlen sich unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten.

Merke:Eine Zahlung von Kurzarbeitergeld und Ausgleichszahlungen aus dem Schutzschirm schließen sich dabei explizit nicht aus.

Kernfrage 2: Antrag nötig?

Während das Kurzarbeitergeld für den PKV- Bereich aktiv beantragt werden muss, wird der Schutzschirm fast flächendeckend automatisch “gespannt”. Die einzigen Ausnahmen sind Brandenburg und Thüringen. Die Antragsfrist entspricht hier der Widerspruchsfrist des Honorarbescheids. In Sachsen können zudem Praxen, deren MGV-Umsatz im Vorjahresquartal nicht repräsentativ war, eine abweichende Ausgleichshöhe beantragen, erklärt Dr. Uwe Stolz, Vorstandsmitglied in Sachsen. Hierfür hatte sich der Deutsche Hausärzteverband vor allem mit Blick auf neugegründete Praxen starkgemacht.

Dass die Ausgleichszahlungen automatisch geprüft werden, sei für Hausarztpraxen “wichtig”, sagt Dr. Markus Beier, Verbandschef in Bayern, wo im ersten Quartal noch ein Antrag gestellt werden musste – dann aber auf die automatische Umsatzprüfung umgestellt wurde. “Denn die Haupteinbußen wurden sicherlich in April und Mai verzeichnet.”

Praxis-Tipp: Die Antrags- bzw. Widerspruchfristen sind teils knapp gesetzt, sodass der Honorarbescheid sofort nach Eingang geprüft und ggf. Kontakt mit der KV aufgenommen werden sollte.

Kernfrage 3: Hausärzte betroffen?

Erste Abrechnungszahlen sowie Rückmeldungen aus den Praxen zeigen, dass Hausärzte insgesamt weniger stark von den Einbußen betroffen waren als andere Facharztgruppen.

Zwar seien “gefühlt viele” betroffen, so der bayerische Vorsitzende Beier, oft jedoch nur in sehr geringem Ausmaß. Nichtsdestotrotz: Einzelne Praxen, die sich hilfesuchend an den Bayerischen Hausärzteverband gewendet haben, hätten von rund 20 Prozent Einbußen berichtet. Erste Zahlen aus Rheinland-Pfalz weisen in dieselbe Richtung: Zwar habe es Einzelfälle sicherlich deutlich stärker getroffen, gibt Vorsitzende Dr. Barbara Römer zu bedenken. Als Facharztgruppe jedoch hätten Hausärzte im Mittel – zumindest im ersten Quartal bezogen auf die MGV – “deutlich über der 90-Prozent-Marke” gelegen.

So steht es im Gesetz

Das Sozialgesetzbuch sieht genau genommen zwei Schutzschirme vor:

  • Paragraf 87a Absatz 3b SGB V bezieht sich auf die extrabudgetären Einnahmen (EGV): Den KVen ist demnach erlaubt („KannRegelung“), den extrabudgetären Vergütungsanteil dann aufzufüllen, wenn pandemiebedingt die Fallzahlen einer Praxis so weit eingebrochen sind, dass daraus mehr als zehn Prozent Einbuße des Gesamthonorars aus vertragsärztlicher Tätigkeit gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres resultieren. Die Kassen müssen die Ausgleichszahlungen erstatten.
  • Paragraf 87b Absatz 2a SGB V zwingt die KVen, bei einem existenzbedrohenden Fallzahlrückgang, unter anderem infolge einer Pandemie, im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) „zeitnah geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorzusehen“.

Quelle: Kanzlei Fuchs & Martin, Würzburg; Infos zur Überbrückung: www.hausarzt.link/uYqNh

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