„Wie geht es Ihnen, Louis?“ – „Gut… Ich fühle mich gut.“ – „Wissen Sie, was wir gemacht haben?“ – „Sie haben mir ein neues Herz versprochen… Ich vermute, Sie haben es mir gegeben.“ – „Ja, das haben wir.“ Dieses Gespräch fand am 4. Dezember 1967 zwischen Dr. Christiaan Barnard und seinem Patienten Louis Washkansky im Groote Schuur Hospital in Kapstadt statt. Am Tag zuvor, am 3. Dezember 1967, hatte Barnard dem todkranken 54-Jährigen das Herz einer jungen Frau eingesetzt. Washkansky war der erste Patient, der eine kurative Herztransplantation überlebte. Er starb 18 Tage später an einer Pneumonie. Vor 50 Jahren waren drei wichtige Voraussetzungen erfüllt, um das Wagnis eingehen zu können, ein Herz von Mensch zu Mensch zu transplantieren: Die Herz-Lungen-Maschine konnte für die Dauer der Operation die Herzfunktion übernehmen. Anastomosen von Blutgefäßen wurden vereinfacht, was die Operationszeit deutlich verkürzte. Und es war möglich, ein Spenderherz ausreichend zu konservieren.
Ärzte in den medizinischen Zentren der Welt bereiteten sich darauf vor, ein Herz zu transplantieren. Auch der 45-jährige Südafrikaner Barnard, der seine kardiochirurgische Ausbildung in den USA erhalten hatte, stand in den Startlöchern. Einer seiner Patienten war Washkansky. Der Gemüsehändler, der 1923 aus Litauen nach Südafrika eingewandert war, war seit sieben Jahren schwer herzkrank und hatte bereits mehrere Herzinfarkte erlitten. Seit Oktober 1967 lag er im Groote Schuur Hospital. Seine Lage war hoffnungslos, seine Lebenserwartung wurde nur noch in Tagen bemessen. Barnard sah in ihm einen idealen Kandidaten für eine Herztransplantation. Washkansky war einverstanden.
Am 3. Dezember kam die Chance: Nicht weit entfernt vom Hospital erlitt die 25-jährige Denise Darvall einen tödlichen Autounfall. Ihr Vater stimmte der Herzentnahme zu. Sofort begann Barnard mit der Operation. Fünf Stunden dauerte sie, 31 Ärzte waren dabei, darunter Barnards Bruder Marius. Um 5.52 Uhr fing das transplantierte Herz an zu schlagen.
Washkansky behielt zunächst seinen Optimismus und seinen Humor. Er scherzte mit den Krankenschwestern, er sei nun wohl der neue Frankenstein. Um eine Abstoßung des Spenderorgans zu verhindern, wurde er immunsuppressiv behandelt. Doch damit ging es ihm zunehmend schlechter, er bekam eine Lungenentzündung, an der er am 21. Dezember starb. Schon am 2. Januar 1968 unternahm Barnard eine weitere Transplantation: Sein Patient Philip Blaiberg lebte 18 Monate mit dem neuen Herzen.
Das Medieninteresse nach der ersten gelungenen Herztransplantation war enorm und kontrovers. Barnard wurde ein Medienstar und führte ein Luxusleben. Nicht nur dafür wurde er vielfach kritisiert. Auch dafür, dass die Leistung seines Teammitglieds Hamilton Naki nicht anerkannt wurde. Der farbige Südafrikaner hatte wesentlich zur Entwicklung der Operationstechnik der Herztransplantation beigetragen. Wegen der Apart-heid wurden seine Leistungen jedoch totgeschwiegen.
Trotz aller Kritik an seiner Person, mit der ersten Herztransplantation hatte Barnard die Medizin verändert. Dazu gehörte auch, dass sich die Presse zum ersten Mal mit den Patienten beschäftigte. Entgegen der Gepflogenheiten wurden Washkansky und Blaiberg in den Medien stets mit vollem Namen genannt oder auch mit Spitznamen wie Washy. Der Medienforscher Eckart Roloff sprach 1972 von der „publizistischen Entdeckung des Patienten“ – auch das eine Folge der ersten Herztransplantation vor 50 Jahren.
Christiaan Barnard
Der südafrikanische Chirurg Christiaan Barnard (1922 bis 2001) war ein Pionier auf dem Gebiet der Herztransplantation. Doch er hatte einen „heimlichen Weg“ zum Erfolg eingeschlagen, wie ihm vorgeworfen wurde. Denn die Fachwelt hatte damals damit gerechnet, dass Norman Shumway von der Stanford University in Palo Alto die erste Herztransplantation unternehmen würde. Barnard hatte 1966 für einige Monate bei Shumway hospitiert und sich dabei das nötige Wissen für eine Herztransplantation angeeignet – allerdings ohne irgendjemandem zu sagen, dass er selbst Transplantationen plante.
Nach seinem großen Erfolg avancierte Barnard zum Medienstar. In seiner Autobiografie kritisierte er sich später selbst für sein Luxusleben. Er blieb seinem Beruf jedoch treu, operierte weiter und verschaffte dem Groote Schuur Hospital in Kapstadt Weltruf.
Seinen Lebensabend verbrachte Barnard in Südafrika und vor allem in Österreich. Hier gründete er die „Christiaan Barnard Foundation“ zur Unterstützung benachteiligter Kinder auf der ganzen Welt. 2001 starb Barnard während eines Urlaubs in Zypern. Zwei Tage vor seinem Tod wurde ihm die österreichische Staatsbürgerschaft zuerkannt.
Herztransplantationen
sind heutzutage fast Routine. In 40 Jahren, nämlich von 1967, dem Jahr der ersten erfolgreichen Herztransplantation, bis Ende Juni 2007, wurden weltweit insgesamt 80.106 Herztransplantationen vorgenommen. In Deutschland wurden allein im vergangenen Jahr 297 Herztransplantationen in 22 Kliniken gemacht.
Nach Barnards Erfolg 1967 waren die Kardiochirurgen zunächst optimistisch. Im Jahr 1968 wurden weltweit schon 102 Herztransplantationen gemacht. Die meisten Patienten starben aber nach wenigen Tagen. In Deutschland unternahm Rudolf Zenker in München am 13. Februar 1969 die erste Herztransplantation. Der 36-jährige Patient starb 27 Stunden nach der Transplantation. Wegen der schlechten Erfolge ging die Anzahl der Herztransplantationen auf nur 10 im Jahre 1971 zurück. Der Durchbruch kam mit der Entdeckung von Ciclosporin. Das Immunsuppressivum wird seit Anfang der 1980er Jahre eingesetzt und hat dazu beigetragen, die Erfolgsraten bei Transplantationen deutlich zu erhöhen.
Heute haben die Patienten gute Chancen auf ein recht langes Leben mit ihrem neuen Herzen. 60 Prozent der Patienten des Klinikums der Universität München zum Beispiel sind zehn Jahre nach der Transplantation noch am Leben. Der am längsten überlebende Patient dieses Zentrums hat sein neues Herz seit mehr als 25 Jahren. Aber es gibt auch Menschen, die schon seit über 30 Jahren mit einem zweiten Herzen leben.