Die Kontakte zwischen Pharmafirmen im Westen und medizinischen Forschungseinrichtungen in der DDR sind auch in den Jahren des Kalten Krieges nie abgebrochen. Das machte der Medizinhistoriker Volker Hess Mitte März im Gesundheitsausschuss des Bundestages deutlich, wo er die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Klinische Arzneimittelforschung in der DDR, 1961 – 1989“ vorstellte.
Westliche Pharmafirmen haben auch in den Jahrzehnten nach dem Mauerbau regelmäßig Arzneimittelstudien in der DDR in Auftrag gegeben. In dem Forschungsbericht ist von Hinweisen auf bis zu 900 klinische Studien seit 1961 die Rede, 321 waren es in den 80er Jahren. Es wurden Aufträge von 75 Firmen aus 16 westlichen Ländern nachgewiesen. Anders als in der Öffentlichkeit zunächst vermutet, hat es dabei wohl keine systematischen Rechtsverstöße oder Verstöße gegen ethische Standards gegeben. Allerdings ist unklar, ob die Probanden umfassend oder nur formal über die jeweilige Studie aufgeklärt worden sind. Die Wissenschaftler werteten Unterlagen von Pharmafirmen, Behörden in der DDR, darunter das Ministerium für Staatssicherheit, das immer einbezogen war, Unikliniken, Bezirkskrankenhäuser und ehemalige Probanden. Westfirmen vergaben die Aufträge an die DDR, weil die Studien dort schnell und effizient unter staatlicher Kontrolle zu verwertbaren Ergebnissen führten. Die Studienstandards seien „zeitgemäß“ gewesen, sagte Hess. Es habe „keine DDR-spezifischen Auffälligkeiten“ gegeben.
Das Interesse der DDR bestand darin, dringend benötigte Devisen zu erwirtschaften. Anfang der 1980er Jahre wurden die Krankenhäuser in der DDR explizit dazu aufgefordert, „immaterielle Leistungen“ zu erbringen, die an westliche Firmen verkauft werden konnten.
Quelle: Heute im Bundestag