Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Schwerkranken eine Tür zur Suizidhilfe geöffnet. Der Zugang zu Arzneien für eine schmerzlose Selbsttötung darf ihnen „in extremen Ausnahmefällen nicht verwehrt werden“. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verlange entsprechende Ausnahmen. Dies „umfasst auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll“, so die Richter.
Künftig muss das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bei Anträgen auf Zugang zu tödlichen Arzneimitteln prüfen, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn Patienten „wegen ihrer unerträglichen Lebenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen“, und wenn eine palliativmedizinische Versorgung keine Perspektive zur Beendigung des empfundenen Leids gibt. In solchen Fällen „darf der Zugang zu einem (…) Betäubungsmittel, das eine würdige und schmerzlose Selbsttötung erlaubt, nicht verwehrt sein“. Dies habe das BfArM seinerzeit nicht geprüft. Seine Entscheidung sei daher rechtswidrig. Ob die Frau in dem zugrundeliegenden Klagefall einen Anspruch auf tödliche Medikamente gehabt hätte, lasse sich nachträglich nicht mehr prüfen.
Das Urteil stößt auf ein kontroverses Echo. Bundesgesundheitsminister Gröhe will eine staatliche Suzidhilfe weitgehend unterbinden und die Urteilsbegründung genau prüfen. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben wertet es als „Schritt in die richtige Richtung“. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz meint, es bleibe offen, „was eine unerträgliche Leidenssituation ist“. Auch die Bundesärztekammer rügt, es dürfe nicht eine Behörde über ethische Fragen entscheiden.
Quelle: Ärzte Zeitung, 2.3.17