Berlin. Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Land unter anderem mit Fieberambulanzen für den befürchteten Anstieg der Corona-Infektionszahlen in der kühleren Jahreszeit wappnen will, stößt in der Ärzteschaft auf Kritik. “Die Versorgung sollte, solange dies möglich ist, in den Hausarztpraxen stattfinden – schließlich liegt dort auch die meiste Erfahrung hinsichtlich der Behandlung von Infektpatienten”, sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, der “Rheinischen Post” (22. September).
Zum Hintergrund: Für Patienten mit klassischen Atemwegssymptomen, die auf eine Corona- oder Grippeinfektion hindeuten, solle es zentrale Anlaufstellen geben, hatte Spahn der „Rheinischen Post“ am Vortag gesagt. Er setze darauf, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) solche „Fieberambulanzen“ vor Ort anbieten würden. „Konzeptionell gibt es die schon – sie sollten im Herbst idealerweise flächendeckend zugänglich sein.“
Fieberambulanzen sollen höchstens ergänzen
Sowohl für den Deutschen Hausärzteverband als auch für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) können solche Fieberambulanzen aber nur eine ergänzende, stark an die regionalen Infektionszahlen geknüpfte Maßnahme sein. Prinzipiell seien die Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte „gut vorbereitet für die kommenden Wochen und das vermehrte Auftreten von Erkältungskrankheiten, grippalen Infekten und potenziellen COVID-19-Fällen“, stellte die KBV am Montag (21. September) als Reaktion auf Spahns Ankündigungen klar. „Wir können mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Maßnahmen flächendeckend das Infektionsgeschehen meistern.“ Dazu zählten beispielsweise
- Fiebersprechstunden, die bereits in vielen Praxen zum Einsatz gekommen sind und die Hausärzte, Kinderärzte sowie Fachärzte jederzeit wieder einrichten können, oder
- Sondermaßnahmen wie Karenztage oder die telefonische AU.
Sollten nichtsdestotrotz Fieberambulanzen entstehen müssen, sei der enge Austausch mit den Praxen vor Ort unerlässlich, da diese am besten wüssten, wie die Versorgungssituation gerade aussehe, erinnert Hausärzte-Chef Weigeldt. “So lange sollte, gerade in Regionen, in denen die Covid-19-Fälle gering sind, nicht unnötig die Versorgung aus den Praxen ausgelagert werden.” Auch ein Bruch in der Betreuung der Patienten stelle schließlich ein Risiko für die Versorgung dar.
Weigeldt erneuerte zudem die Forderung, zum Schutz der Risikopatienten die telefonische Feststellung einer Krankschreibung dauerhaft zu ermöglichen. “So könnten sich Infektpatienten, die keiner Behandlung in der Praxis bedürfen, etwa, weil sie einen leichten grippalen Infekt haben, zu Hause auskurieren und die Hausärztinnen und Hausärzte müssten sich nicht wegen des möglichen Ansteckungsrisikos für ihre anderen Patienten sorgen.”
Teststrategie für Herbst und Winter soll Mitte Oktober stehen
Um Gefahren für Risikogruppen zu minimieren, soll es Spahn zufolge weitere Maßnahmen geben. “Wichtig ist, dass wir die besonders betroffenen Risikogruppen weiter besonders schützen und die Konzepte dafür im Alltag wieder schärfen”, sagte der CDU-Politiker. “Deshalb werden präventive Reihentests in den sensiblen Bereichen wie zum Beispiel Pflegeheime ein fester Bestandteil der Teststrategie für Herbst und Winter. Dort müssen wir den Eintrag des Virus verhindern. Es gilt weiter höchste Wachsamkeit.”
Spahn erwartet, dass in Abstimmung mit den Ländern bis Mitte Oktober feststehen dürfte, wie die allgemeine Teststrategie für den Herbst und Winter weiterentwickelt wird. Antigen-Schnelltests seien ebenso vorgesehen wie neue Vorgaben des Bundesinnenministeriums zur Quarantäne-Zeit für Rückkehrer aus Risikogebieten. Spahn erklärte weiter, dass die Testkapazitäten enorm hochgefahren worden seien. “Allein in den letzten vier Wochen wurde etwa ein Drittel aller Tests seit Beginn der Pandemie gemacht.”