Berlin. Von vornherein war klar, dass es schwer werden würde, im Bundestag eine Mehrheit bei der allgemeinen Impfpflicht zu erzielen. Einerseits fürchteten viele, im Herbst wieder unvorbereitet auf eine neue Welle und eine möglicherweise neue Coronavirus-Variante zu treffen. Andererseits zweifelten viele an der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Eingriffs – auch angesichts des leichten Verlaufs einer Omikron-Infektion.
Vier Anträge lagen am Donnerstag (7.4.) vor, über die abgestimmt werden sollte. Dabei handelte es sich um einen Kompromiss-Gesetzentwurf um eine allgemeine Impfpflicht ab 60 Jahren in Verbindung mit einer Beratung für über 18-Jährige und – falls das nicht genügt – eventuell eine zusätzliche Impfpflicht auch für ab 18-Jährige. Bei diesem Entwurf hatten sich die Gruppen um die Impfpflicht ab 18 und eine Impfpflicht ab 50 Jahren zusammengeschlossen und ihre Vorstellungen in einen Topf geworfen.
Als zweites hatte die CDU/CSU einen Vorschlag vorgelegt, nach der zunächst ein Impfregister erstellt werden soll. Wenn bekannt ist, wer noch nicht geimpft ist, soll ein Art Stufenplan zu Impfungen im Herbst folgen.
Abstimmung über die Reihenfolge der Anträge
Eine Gruppe um den Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP) lehnte in ihrem Antrag eine verpflichtende Impfpflicht ab, riet aber zu mehr Beratung. Die AfD hatte den Antrag vorgelegt, nicht nur keine allgemeine Impfpflicht einzuführen, sondern auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht wieder abzuschaffen.
Wie schwierig die Entscheidung war und wie hitzig mitunter die Diskussionen, zeigte sich unter anderem daran, dass man sich zunächst noch nicht einmal auf eine Reihenfolge der Abstimmung über die verschiedenen Anträge einigen konnte: Sollte zuerst über den am weitesten bis hin zu dem am wenigsten eingreifenden Antrag abgestimmt werden – oder umkehrt?
Schlappe auch für Antrag der CDU/CSU
Mit einer knappen Mehrheit wurde zunächst über die weitestgehende Variante abgestimmt – und zwar über die Impfpflicht ab 60 Jahren. Von den 683 abgegebenen Stimmen votierten 296 mit Ja und 378 mit Nein bei neun Enthaltungen.
Im Grunde genommen wurde damit einer baldigen Umsetzung einer Impfpflicht, um im Herbst vor einer weiteren Coronawelle gewappnet zu sein, bereits die rote Karte gegeben.
Obwohl CDU/CSU sich dank der Reihenfolge der Abstimmung eine Mehrheit erhofft hatte, mussten die Abgeordneten und Friedrich Merz (CDU), der zuvor empfohlen hatte, für keinen anderen Antrag zu stimmen, eine Schlappe einstecken: Von den 678 abgegebenen Stimmen sagten 172 Ja, 497 lehnten den Antrag der CDU/CSU ab. Auch die beiden anderen Anträge konnten keine Mehrheit erzielen.